14.01.2013: Vor neun Monaten gründete sich die Koalition der demokratischen und progressiven Parteien und Organisationen Afghanistans. Am 5. Januar 2013 tagte der Oberste Rat und beriet, wie die weitere Zusammenarbeit gestaltet werden soll. Das Hauptziel ist die Organisierung einer landesweiten einheitlichen Partei. Zunächst ging es um die Klärung von Missverständnissen und um die Annäherung der jeweiligen politischen Positionen und um die Erarbeitung gemeinsamer politischer und ideologischer Positionen. Den turnusmäßigen Vorsitz hat zurzeit Abdullah Nayebi, Vorsitzender der Bewegung der Zukunft Afghanistans.
In seinem Referat betonte er, dass alle sieben Parteien und Organisationen den Willen haben, den Gründungskongress einer landesweiten demokratischen Partei jetzt vorzubereiten. In Kürze wird dazu ein Seminar zum Thema „Die Partei und die Besonderheiten einer modernen demokratischen Partei“ veranstaltet.
Der Anspruch an diese neue Partei ist festgelegt. Sie soll mit dem Leben der Bevölkerung verbunden sein. Sie will die Interessen und Bedürfnisse der Menschen in den Mittelpunkt stellen und die innerparteilichen Strukturen demokratisch, offen und transparent gestalten. Die Partei soll weltanschaulich ausgerichtet sein, so Genosse Nayebi. Dabei gilt es auch, negative Erfahrungen wie ideologischen Dogmatismus und Bekenntnispolitik zu überwinden. Diese neue Partei benötigt eine ideologische Grundlage und die wissenschaftliche Weltanschauung als Theorie. „Erst wenn die Gesellschaft Klassengegensätze aufgelöst hat, wird die Notwendigkeit des Klassenkampfes erlöschen“ – so Nayebi. Die neue Partei will sich auf die Arbeiterklasse und alle werktätigen Schichten orientieren, um die Herrschaft der Reaktion und die Ausbeutung letztendlich zu überwinden. Die Herrschaft der Nato heute bedeutet Armut, Hunger, Analphabetismus, Krankheit und Dutzende weitere Katastrophen für die Bevölkerung.
Zurzeit werden die Mitglieder der Koalition befragt und um eine Meinung zur zukünftigen Partei gebeten. Das ist auch Ausdruck einer demokratischen Form des innerparteilichen Lebens. Diese Vorgehensweise beruht auch auf die kritische Auseinandersetzung mit der Vergangenheit der linken Kräfte im Land.
Zur aktuellen Entwicklung in Afghanistan wird eingeschätzt, dass kurzfristig nach dem möglichen Abzug großer Teile der Nato die Instabilität im Lande zunehmen kann und andere Länder wie Pakistan, Russland, China, Iran und arabische Länder die Situation für sich ausnutzen könnten. Besondere Probleme sind darüber hinaus das Wirken der „mittelalterlichen“ Reaktion, der Drogenmafia und der Kräfte des Jihad.
In Vorbereitung auf die Präsidentenwahlen 2014 zeigen sich diese Auseinandersetzungen bereits jetzt. Die Situation kann deutlich instabiler werden, das macht auch die Demension und die historische Verantwortung der demokratischen Bewegung aus, so Nayebi. Die neu aufzubauende Partei muss mehrheitsfähig werden, um diese umfassenden Herausforderungen und Aufgaben zu lösen. Die Partei muss ideologisch, politisch und organisatorisch unabhängig sein, sie darf sich in keiner Weise korrumpieren lassen, z. B. durch die alte Reaktion.
Nayebi kündigte in naher Zukunft eine Beratung von Kadern und Aktivisten der Koalition an. Dort soll eine Plattform der Koalition als Grundlage eines neuen Programms beraten und die Weichen für den Gründungskongress gestellt werden. Die Koalition will dazu in Vorbereitung auch weitere Kräfte gewinnen und einbeziehen, so die „Partei des nationalen Fortschritts der Heimat“, die eingeladen wurde, den weiteren Prozess mit zu gestalten.
Nayebi kündigte an, dass er für die Koalition am 36. Parteitag der KP Frankreichs teilnehmen und dort auch eine Rede halten wird.
Linke Kräfte, auch die Friedensbewegung, könnten hoffentlich bald auch einen neuen Partner im Kampf zur Beendigung des Krieges in Afghanistan haben.
Text: Heinz Stehr
Quelle: Bewegung der Zunkft Afghanistan