Internationales

04.06.2024: Die Niederlage des ANC ist noch größer als erwartet. Das erste Mal seit dem Ende der Apartheid vor 30 Jahren verlor die Partei ihre absolute Mehrheit. ++ ANC muss Koalitionspartner suchen: mit der neoliberalen DA gegen soziale Gerechtigkeit und BRICS. Oder mit Zuma, der Rücktritt von Ramaphosa fordert

 

 

 

Von 70%, die er 2004 erreicht hatte, war der ANC ohne Mandela im Jahr 2019 auf 57,5 % geschrumpft, wobei die absolute Mehrheit noch relativ solide war. Jetzt ist er auf 40,2 Prozent abgerutscht und kommt nur noch auf 159 Sitze im 400-köpfigen Parlament - 71 Sitze weniger als vorher. Der ANC habe bei dieser historischen Wahl regelrecht Prügel bezogen, kommentierte Generalsekretär Fikile Mbalula.

RSA Wahlergebnisse 1994 2024

Die Wahlniederlage des ANC sei eine Kombination aus Arroganz und Verleugnung des eigenen Versagens, sagen politische Analysten. In der Bilanz, die die Wähler Ramaphosa dreißig Jahre nach den ersten freien Wahlen und den damit verbundenen Versprechungen vorgelegt haben, stehen die 55% der Südafrikaner, die nach wie vor unter der Armutsgrenze leben, die grassierende Korruption, die Arbeits- und Perspektivlosigkeit und die systematischen Stromausfälle, die die Bevölkerung von Afrikas führender Volkswirtschaft in letzter Zeit plagen.

RSA ANC Fahne


Hinzu kommt, dass Ramaphosa es versäumt hat, aus einem seiner Wahlkampfversuche Kapital zu schlagen, allen voran aus der Ankündigung eines öffentlichen Gesundheitsdienstes, der die enormen Ungleichheiten im Lande beseitigen könnte. Dies sei ein klarer Beweis dafür, wie sehr der ANC - wie auch die anderen Befreiungsbewegungen im südlichen Afrika - versagt hat. Dass die ANC-Regierung als Stimme des "Globalen Südens" agiert, sich für Frieden einsetzt, wie auch das moralische und politische Engagement, das die ANC-Regierung in der Palästinenserfrage eingegangen ist, indem sie Israel vor dem Internationalen Gerichtshof des Völkermords angeklagt hat, kommen zwar bei den südafrikanischen Wählerinnen und Wählern gut an, wurde aber an der Wahlurne trotzdem nicht belohnt.

"Die Ergebnisse liegen nun vor und wir haben nicht gewonnen. Die Mitglieder des ANC hatten die Erwartung, dass wir die absolute Mehrheit behalten würden, aber das ist nicht der Fall. Auch wenn uns 6 Millionen Menschen gewählt haben, ändert das nichts daran, dass wir nicht die absolute Mehrheit haben. Die Tatsache, dass wir viele Stimmen verloren haben, bedeutet, dass wir einen Moment der Besinnung brauchen. Die Stimmung im ANC ist derzeit getrübt durch das, was uns widerfahren ist“, erklärte ANC-Generalsekretär Fikile Mbalula. Er fuhr fort: "Die Millionen Südafrikaner, die den ANC gewählt haben, haben die Auswirkungen unserer Arbeit erlebt: Wir haben die Stromabschaltungen beendet, unser Infrastrukturprogramm wiederbelebt, den Armen und Arbeitslosen sozialen Schutz geboten, jungen Menschen Arbeitsmöglichkeiten und Berufserfahrung geboten und die für Korruption Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen."

 

RSA Wahlergebnis2024Johannesburg, 2. Juni 2024: Offizielle Bekanntgabe des Wahlergebnisses

 

Trotz der Wahlniederlage bleibt der ANC die stärkste Partei und eine Regierung ohne ihn als Seniorpartner ist so gut wie ausgeschlossen. In fünf Provinzen hat er die absolute Mehrheit verteidigt: Limpopo mit 73,3 Prozent, Eastern Cape mit 62,16 Prozent, North West mit 57,73 Prozent, Free State mit 51,87 Prozent und Mpumalanga mit 51,15 Prozent.

Der drastische Rückgang der Unterstützung durch die Wähler bedeutet jedoch auch, dass der ANC nun einen oder sogar mehrere Koalitionspartner suchen muss. Seine 30-jährige absolute Vorherrschaft ist vorbei, vielleicht für immer. Doch damit beginnt nicht die Ära der Demokratischen Allianz, der Partei, die den Empfindungen der weißen Minderheit am nächsten steht, trotz des leichten Stimmenzuwachses. Was jetzt beginnt, ist eine völlig neue Phase in der demokratischen Geschichte des Landes. Die Wahl des Präsidenten obliegt der neuen Nationalversammlung, und sie wird die interne Auseinandersetzung im ANC berücksichtigen müssen, in der Präsident Cyril Ramaphosa als Hauptverantwortlicher für die Niederlage ausgemacht wird.

In einer Erklärung des ANC-Generalsekretärs Fikile Mbalula heißt es: "Der ANC ist verpflichtet, eine Regierung zu bilden, die den Willen des Volkes widerspiegelt, die stabil ist und die in der Lage ist, effektiv zu regieren. Der ANC ist entschlossen, einen Weg grundlegender sozialer und wirtschaftlicher Veränderungen einzuschlagen, für die er ein eindeutiges Mandat erhalten hat."

Präsident Cyril Ramaphosa hat die politischen Parteien aufgefordert, ihre Differenzen zu überwinden und "gemeinsame Grundlagen" zu finden, um die erste nationale Koalitionsregierung in Südafrikas Demokratie zu bilden.

RSA Cyril RamaphosaCyril Ramaphosa

 

 

Wer bildet die nächste Regierung?

Die drei größten Oppositionsparteien scheinen die naheliegendsten Koalitionspartner für den ANC zu sein. Der Preis für eine Einigung mit einer dieser Parteien wären wahrscheinlich erhebliche politische Zugeständnisse seitens des ANC sowie das Angebot einiger hochrangiger Regierungsposten.

 

RSA Parlament2024

 

Demokratische Allianz: BRICS eine "unheilige Allianz"

Investoren und die Wirtschaft würden ein Abkommen mit der der führenden Oppositionspartei Demokratische Allianz DA vorziehen. Die DA zeigt sich offen für Koalitionsgespräche, jedoch könnten die Verhandlungen aufgrund grundlegend unterschiedlicher Ansätze – etwa in der Außenpolitik, bei der Haltung gegenüber den Gewerkschaften, bei Verstaatlichungen und im Gesundheitssystem – äußerst schwierig werden.

RSA DA Wahl2024

Die Demokratische Allianz (DA) profitierte kaum vom Niedergang des ANC. Sie erreichte 21,8%, mit einem Prozentpunkt Wachstum, dümpelt aber fast 20 Prozentpunkte hinter dem ANC. Lediglich im Westkap, mit Kapstadt als Zentrum, das bereits seit Jahren von der DA regiert wird, hat sie mit über 50% erneut die Oberhand behalten. Die DA wird als Partei der Weißen wahrgenommen. Die Demokratische Allianz bezieht sich auf die Progressive Partei, die in Opposition zur Apartheid stand. Die meisten ihrer Wähler entstammen der weißen und teils auch der indischen Minderheit. Sie ist Mitglied der Liberalen Internationale, setzt auf Marktgläubigkeit, Privatisierung, Deregulierung und stemmt sich gegen Umverteilung. Die Demokratische Allianz will die Bedingungen für die Zahlung von sozialen Leistungen verschärfen und fordert die Abschaffung des Mindestlohns, der derzeit bei circa 1,40 Euro pro Stunde liegt.

Die DA ist dezidiert pro-westlich, pro-ukrainisch und israelfreundlich. Die außenpolitische Sprecherin der Partei nannte BRICS im August vergangenen Jahres eine "unheilige Allianz"; der Parteichef John Steenhuisen weigert sich, das Vorgehen Israels in Gaza einen Genozid zu nennen. Bekanntlich klagt Südafrika vor dem Internationalen Gerichtshof gegen Israel wegen Verstoßes gegen die Genozid-Konvention.

"Wenn der ANC eine Koalition mit der DA eingeht, bedeutet das für die Schwarzen 100 Schritte zurück."
Kommentar auf der Facebook-Seite des ANC

ANC und Abspaltungen haben klare Mehrheit

Der ANC wurde deutlich abgestraft, während MK und EFF, beide Abspaltungen des ANC, zum Teil deutliche Stimmengewinne verzeichnen konnten. Zusammengerechnet erhielten ANC, MK und EFF immer noch beinahe 65% der Stimmen, was zeigt, dass viele Wähler weiterhin Parteien mit Wurzeln im ANC unterstützen.

"Wir haben Mitgefühl mit dem ANC. Ja, wir haben nicht für ihn gestimmt, aber wir hätten wirklich nicht gedacht, dass er so weit absinken würde. Wir lieben ihn, wir wollen nur, dass er sich wirklich selbst korrigiert."
Kommentar auf der Facebook-Seite des ANC.

Die MK-Partei und die EFF-Partei teilen viele gemeinsame Ansichten mit dem ANC, insbesondere in der Außenpolitik, bei Arbeitsrechten und bei der Förderung des Black Economic Empowerment. Sowohl MK als auch die EFF haben sich vorgenommen, Südafrikas wichtige Gold- und Platinminen sowie die Zentralbank zu verstaatlichen.

uMkhonto we Sizwe (MK)

 Die neu gegründete MK-Partei des ehemaligen Präsidenten Jacob Zuma erzielte beeindruckende 14,6%, und etablierte sich sofort als drittstärkste politische Kraft im Land trotz geringer Wahlkampfpräsenz und dem Ruf ihres Gründers als "Bad Boy".


RSA MK Partei

Ausgerechnet Ex-Präsident Jacob Zuma hat dem ANC die Stimmen für die Mehrheit abgejagt. In dessen Amtszeit von 2009 bis 2018 war die Korruption eskaliert. 2018 wurde er nach schweren Vorwürfen der Korruption und des Machtmissbrauchs zum Rücktritt gezwungen und 2021 wegen "Missachtung des Gerichts" zu 15 Monaten Haft verurteilt.

Der ANC hatte zwar den harten Bruch mit ihm vermieden, ihn und seine korrupten Netzwerke aber in den vergangenen Jahren immerhin politisch an den Rand gedrängt.

Anfang des Jahres führte er diese nun in die neugegründete uMkhonto we Sizwe (MK), die jedoch auf eine Vergangenheit verweist, die es in sich hat: Von der uMkhonto we Sizwe ("Speer der Nation"), dem 1961 unter anderem von Mandela nach dem Massaker von Sharpeville gegründeten militärischen Flügel des ANC, der bewaffnet gegen die Apartheid kämpfte, hat sie sowohl ihren Namen als auch das kraftvolle Symbol des stilisierten Zulu-Kriegers mit Schild und Speer in der Hand übernommen. Damit beansprucht Zuma eine revolutionäre Jungfräulichkeit, die der ANC nicht mehr vorweisen kann.

RSA Jacob ZumaJacob Zuma


Während des Wahlkampfs schrieb er die soziale Krise Südafrikas dem "weißen Monopolkapital" zu und bezeichnete seinen Nachfolger Ramaphosa als "Vertreter des Kapitals". Er kritisierte auch den ANC für dessen Versäumnisse, ohne zuzugeben, dass er 10 Jahre lang Präsident der Partei und ebenso lange stellvertretender Präsident war. Zuma machte kühne Versprechen, Arbeitslosigkeit und Armut zu beenden. Er forderte, weiße Landbesitzer zu enteignen und wichtige Industriebranchen zu verstaatlichen.

Zuma brachte eine starke ethnische Dimension mit in den Wahlkampf und mobilisierte den Frust mit dem ANC vor allem in seiner Heimat und unter Zulus – mit Erfolg. Dass er selbst aufgrund einer gegen ihn verhängten Haftstrafe bis September 2027 gar nicht ins Parlament einziehen darf – offenbar egal.

Die MK ist die einzige Partei, die damit droht, die Wahl landesweit nicht anzuerkennen, wenn die Wahlkommission ihren Beschwerden nicht gebührend Rechnung trägt. Die Partei sei trotzdem offen für Gespräche mit dem ANC, sagt MK-Sprecher Nhlamulo Ndhlela. Allerdings unter einer Bedingung: dem Rücktritt des amtierenden Präsidenten Cyril Ramaphosas. Das lehnte ANC-Generalsekretär Mbalula ab.

Die MK hat keine Differenzen mit der augenblicklichen südafrikanischen Außenpolitik; der Beitritt Südafrikas zu BRICS erfolgte während der Präsidentschaft von Jacob Zuma.

Economic Freedom Fighters

Die linksradikale, antikapitalistische Economic Freedom Fighters Partei des ehemaligen ANC-Jugendliga-Präsidenten Julius Malema erreichte immerhin fast 10% und wurde so viertstärkste Kraft. Der Parteigründer und Vorsitzende Julius Malema war bis 2012 Vorsitzender der einflussreichen ANC Youth League, der Jugendorganisation des regierenden African National Congress (ANC). Als Vorsitzender trägt er den Titel "Oberbefehlshaber“.


RSA EFF Versammlung
Außenpolitisch ist die EFF das genaue Gegenteil der DA. Ihr Vorsitzender, Julius Malema, fordert sogar die Lieferung von Waffen an die Hamas.
Die EFF passt besser zum ANC, aber die Beziehungen zwischen Malema und einigen ANC-Fraktionen sind angespannt. Malema hat bereits erklärt, er sei bereit, in eine Regierungskoalition einzutreten, da der ANC nun nicht mehr die Arroganz der Zahlen auf seiner Seite habe und gezwungen sei, zu verhandeln.

RSA EFF Julius Malema Julius Malema bei der Pressekonferenz


Am Samstag erklärte Malema auf einer Pressekonferenz, dass seine Partei die Absetzung Ramaphosas nicht als Vorbedingung für die Teilnahme an einer Koalition mit dem ANC fordern werde. Die EFF werde sich "nicht in die internen Kämpfe um die ANC-Führung einmischen“ und werde nicht zum Rücktritt Ramaphosas als Präsident der Partei oder des Landes auffordern. Die EFF sei bereit, entweder mit dem ANC oder mit MK in den Provinzen oder auf nationaler Ebene zusammenzuarbeiten, sagte er.

Es besteht ein gewisser Zeitdruck, damit die Koalitionsgespräche vorankommen und die Ungewissheit so gering wie möglich gehalten wird, da das neue Parlament innerhalb von 14 Tagen nach Bekanntgabe der Wahlergebnisse zum ersten Mal tagen und einen Präsidenten wählen muss. Der Präsident wird mit Mehrheit vom Parlament gewählt.

Farkha Festival Komitee ruft zu Spenden für die Solidaritätsarbeit in Gaza auf

CfD communist solidarity dt
zum Text hier
++++++++++++++++++++++++++++++++

UNRWA Gazakrieg Essenausgabe

UNRWA Nothilfeaufruf für Gaza
Vereint in Menschlichkeit, vereint in Aktion

Mehr als 2 Millionen Menschen, darunter 1,7 Millionen Palästina-Flüchtlinge, zahlen den verheerenden Preis für die Eskalation im Gazastreifen.
Zivilisten sterben, während die Welt zusieht. Die Luftangriffe gehen weiter. Familien werden massenweise vertrieben. Lebensrettende Hilfsgüter gehen zur Neige. Der Zugang für humanitäre Hilfe wird nach wie vor verweigert.
Unter diesen Umständen sind Hunderttausende von Vertriebenen in UNRWA-Schulen untergebracht. Tausende unserer humanitären Helfer sind vor Ort, um Hilfe zu leisten, aber Nahrungsmittel, Wasser und andere lebenswichtige Güter werden bald aufgebraucht sein.
Das UNRWA fordert den sofortigen Zugang zu humanitärer Hilfe und die Bereitstellung von Nahrungsmitteln und anderen Hilfsgütern für bedürftige Palästina-Flüchtlinge.
Dies ist ein Moment, der zum Handeln auffordert. Lassen Sie uns gemeinsam für die Menschlichkeit eintreten und denjenigen, die es am meisten brauchen, die dringend benötigte Hilfe bringen.

Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge

Spenden: https://donate.unrwa.org/gaza/~my-donation


 

EL Star 150

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.