07.06.2024: Massaker durch israelische Armee im Flüchtlingslager Nuseirat mit US-Waffen. Tel Aviv: das Ziel waren "20 oder 30 Milizionäre". ++ UN setzt Israel auf schwarze Liste der Kindermörder ++ Andere Länder schließen sich dem Waffenstillstandsvorschlag an, den Biden Israel zuschreibt, den Netanjahu aber bestreitet ++ Krieg bis zum totalen Sieg. Aufmarsch der jüdischen Gotteskrieger
Feuergürtel, so nennen Überlebenden der israelischen Angriffe auf die al-Sardi-Schule der UN im Flüchtlingslager Nuseirat diese Art der Bombardierung, die wie einen Strudel oder einen Tornado alles vernichtet.
"Wir waren in der Schule und plötzlich wurden wir bombardiert, Menschen wurden in Stücke gerissen“, sagte Anas al-Dahouk, Überlebender des gestrigen Angriffs der israelischen Armee auf die UNRWA-Schule in Nuserait im Zentrum des Gazastreifens gegenüber Al Jazeera. "In diesem Gebäude waren Familien und junge Menschen untergebracht, sie haben uns nicht gewarnt."
Die Al-Sardi-Schule wird von den Vereinten Nationen betrieben, ist aber seit dem 7. Oktober keine Schule mehr. Die Klassenzimmer sind voller Vertriebener, etwa 6.000 Menschen, Matratzen und zum Trocknen aufgehängter Kleidung. Das Gebäude ist wie alle Schulen der UNRWA, der UN-Agentur für palästinensische Flüchtlinge, in Palästina: weiß und blau gestrichen, die UN-Farben, drei Stockwerke und eine Balustrade über die gesamte Länge des Gebäudes.
Die Kinder in Gaza sind seit acht Monaten nicht mehr zur Schule gegangen, und wie bei jeder Offensive suchen Tausende von Familien Zuflucht in UN-Zentren, seien es Schulen, Lagerhäuser oder Kliniken. Sie glauben, dass sie dort sicherer sind: "UN" steht in großen Buchstaben auf dem Dach. Doch in Gaza gibt es keinen sicheren Ort. Die israelische Armee mordet überall. Über 180 UN-Zentren wurden von israelischem Beschuss getroffen.
In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag geschah es um 1.30 Uhr nachts, viele schliefen bereits oder waren auf der Suche nach Essen. Drei Raketen, so berichten Überlebende, zerstörten den zweiten und dritten Stock. Die Journalistin Hind Khoudary ist hineingegangen und hat es auf Video festgehalten: die nach außen gerichteten Wände sind völlig zerstört, die anderen, die noch stehen, sind geschwärzt.
Blut auf dem Boden, ein riesiges Loch in der Decke, die persönlichen Gegenstände der Evakuierten - die sich jetzt auf Matratzen und Kleidung beschränken - sind voller Staub. Ein Mann hebt Leichenteile auf, die Leichen sind schon weg, die Sanitäter haben sie in der Nacht weggebracht.
In Plastiksäcke verpackten sie sie später im Krankenhaus in Deir al Balah. Als sie sie in den Krankenwagen luden, waren sie in die Decken eingewickelt, auf denen sie kurz zuvor noch geschlafen hatten.
"Es war dunkel, es gab keinen Strom, es war sehr schwierig, die Opfer zu bergen“, sagt Ayman Rashed, ein Vertriebener aus Gaza-Stadt, gegenüber AP. Er hat fünf Leichen geborgen, darunter zwei Kinder und einen älteren Mann. Einem der Kinder wurde der Schädel eingeschlagen.
Die Zahl der Toten beträgt 40, darunter 14 Kinder und neun Frauen, und 74 Verletzte.
Tareq Abu Azzoum von Al Jazeera, der aus dem Al-Aqsa-Krankenhaus in Deir el-Balah berichtete, sagte, dass die große Mehrheit der Opfer Kinder, Frauen und ältere Menschen seien.
"Dies ist Staatsterrorismus. Israel nimmt UN-Einrichtungen ins Visier. Israel hat gegen alle internationalen Gesetze verstoßen und alle roten Linien überschritten. Seit 76 Jahren appellieren die Palästinenser an die ganze Welt, ohne eine Antwort zu erhalten. Die UN-Resolutionen werden für alle anderen Länder umgesetzt, nur nicht für Israel. Das ist Heuchelei."
Naiem Khalil, ein vertriebener Palästinenser, gegenüber Al Jazeera
Automatisch-industrielle Vernichtung: 100 zivile Todesopfer für einen Hamas-Offiziellen erlaubt
Die israelische Armee gab den Angriff zu, erklärte aber, sie habe "zwanzig oder dreißig“ Hamas- und Dschihad-Islam-Milizionäre ins Visier genommen, die an dem Angriff vom 7. Oktober beteiligt gewesen seien.
Die automatisch-industrielle Mordmaschine Israels, das KI-System Lavander, ermittelt die Ziele für die israelischen Bombenangriffe. Das System ist so programmiert, dass "für jeden von Lavender markierten einfachen Hamaskämpfer bis zu 15 oder 20 Zivilisten getötet werden dürfen". Für hochrangige Hamas-Funktionäre, die ins Visier genommen werden, genehmigt die Armee sogar die Tötung von mehr als 100 Zivilist:innen. (siehe kommunisten.de, 4.4.2024: "'Lavender': KI-gesteuerter Vernichtungskrieg in Gaza. Eine Maschine, die 100 zivile Todesopfer für jeden Hamas-Offiziellen erlaubt")
Für die israelische Mordmaschinerie ist also alles im grünen Bereich. Der Sprecher des israelischen Militärs, Peter Lerner, fügte hinzu, dass ihm keine zivilen Opfer bekannt seien, die Schule aber als militärisches Zentrum genutzt werde. Er legte keine Beweise vor. Die Hamas weist diese Behauptung zurück.
UNRWA fordert unabhängige Untersuchung
Die UNRWA fordert eine unabhängige Untersuchung und sagt, sie habe vor dem Angriff keine Warnung erhalten: "Wir übermitteln die Koordinaten unserer Einrichtungen, sie anzugreifen oder für militärische Zwecke zu nutzen kann nicht zur Norm werden“.
Ebenso hat der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hat eine Untersuchung des israelischen Angriffs auf die Schule gefordert. "Diese fürchterliche Nachricht muss unabhängig untersucht werden", erklärte Borrell auf X.
Auch das Menschenrechtsbüro der Vereinten Nationen erklärte, dass die Behauptung Israels, palästinensische Kämpfer würden die Schule nutzen, einen solchen Angriff nicht rechtfertigt. Die Anwesenheit von Kämpfern erlaube oder rechtfertige keine Verstöße gegen die Grundsätze des humanitären Völkerrechts, wonach bei Angriffen zwischen Zivilisten und Kombattanten unterschieden werden müsse und durch Verhältnismäßigkeit und Vorsichtsmaßnahmen sichergestellt werden müsse, dass Zivilisten nicht zur Zielscheibe werden, äußerte das Menschenrechtsbüro der UN. "Wir nehmen mit Besorgnis zur Kenntnis, dass dieser Angriff auf einen Angriff in der vergangenen Woche auf ein Lager für Binnenvertriebene folgt, bei dem mindestens 45 Palästinenser getötet wurden“, so das UN-Menschenrechtsbüro.
Die Raketen wurden von den USA geliefert
Aber in der Zwischenzeit ist etwas bekannt. Wie der Guardian und Al Jazeera gestern berichteten, handelt es sich bei den drei eingesetzten Raketen um US-amerikanische Raketen vom Typ Gbu 39, wie man an den fotografierten und gefilmten Fragmenten erkennen kann. Dieselben, die vor zehn Tagen bei dem Massaker in den Zelten von Tal al-Sultan in Rafah eingesetzt wurden. (siehe kommunisten.de: "Israel ignoriert IGH. Massaker in Rafah")
Die israelische Armee mordet weiter
Das Massaker in Nuseirat war nicht das Einzige: Die israelische Armee traf ein Haus in az-Zawayda, wo ein Kind getötet wurde, das Lager Shati, wo weitere Opfer zu beklagen waren, sowie Deir al Balah im Zentrum und Rafah im Süden. Die Zahl der palästinensischen Todesopfer liegt inzwischen bei 36.731, hinzu kommen mindestens 11.000 unter den Trümmern Vermisste und 83.530 Verwundete. Am Donnerstag kam an der Grenze zu Ägypten auch ein 34-jähriger israelischer Soldat ums Leben.
Die militant-terroristische Regierung Israels ignoriert alle Gesetze
Der internationale politische und rechtliche Druck des Sicherheitsrats und des Internationalen Gerichtshofs blieb erfolglos. Gestern veröffentlichte eine Gruppe von Ländern - darunter Argentinien, Brasilien, Frankreich, Deutschland, Kanada, Spanien und das Vereinigte Königreich - ein gemeinsames Kommuniqué, in dem sie ihre "volle Unterstützung“ für das am 31. Mai von US-Präsident Biden vorgelegte Waffenstillstandsabkommen bekundeten: Sie forderten die Hamas auf, es zu akzeptieren, und bezeichneten Israel als "bereit, vorwärts zu gehen“.
In Wirklichkeit sieht die Situation anders aus: Die Netanjahu-Regierung ist gespalten, und es ist immer noch nicht klar, ob Joe Bidens Vorstoß tatsächlich mit Tel Aviv abgesprochen war. Netanjahu bekräftigt, dass der Krieg erst beendet wird, wenn die Hamas vernichtet ist.
Und die Hamas, obwohl Ägypten gestern von "positiven Signalen“ der islamischen Bewegung und von einer Antwort innerhalb weniger Tage sprach, erklärte durch Sami Abu Zuhri, dass sie "Bidens Ideen“ begrüße, aber das "Fehlen einer Erwähnung des Endes der Aggression oder des Rückzugs“ beklagte: "Das israelische Dokument spricht von offenen Verhandlungen ohne Ablaufdatum und von einer Phase, in der die Besatzung die Geiseln zurücknimmt und dann den Krieg wieder aufnimmt“. Die Hamas wiederholte, dass sie kein Abkommen akzeptieren kann, solange sich Israel nicht eindeutig zu einem dauerhaften Waffenstillstand und einem vollständigen Rückzug aus dem Gazastreifen verpflichtet.
Der Vorschlag, den Biden Tel Aviv zuschreibt und der gestern exklusiv von Middle East Eye veröffentlicht wurde, sieht jedoch in der zweiten Phase den Rückzug der israelischen Armee aus dem Gazastreifen und einen dauerhaften Waffenstillstand vor. Es bleibt abzuwarten, inwieweit der von Biden öffentlich verlesene Vorschlag tatsächlich mit dem Israels übereinstimmt. Nach Angaben der Hamas würden verschiedene Vorschläge auf dem Tisch liegen, die "offen für unterschiedliche Interpretationen“ seien.
Dies wurde von Haaretz bestätigt, wonach Tel Aviv gegen den Resolutionsentwurf ist, den die Vereinigten Staaten in den kommenden Tagen dem UN-Sicherheitsrat vorlegen werden.
Krieg bis zum totalen Sieg. Aufmarsch der jüdischen Gotteskrieger
Die faschistischen Koalitionspartner Netanjahus wollen den totalen Krieg.
Am Mittwoch marschierten die jüdischen Gotteskrieger beim alljährlichen Jerusalem-Tag und dem zugehörigen Fahnenmarsch wieder einmal durch das okkupierte Ostjerusalem, um die Kontrolle Israels über die gesamte, im Krieg von 1967 "wiedervereinigte“ Stadt zu behaupten. "Jerusalem ist die Hauptstadt des gesamten jüdischen Volkes und Israels“ und es "Plan Gottes“, der von niemandem aufgehoben werden könne. Zu "Gottes Plan" gehöre auch, dass Israel sofort Judäa und Samaria (das Westjordanland, Anm. d. Red.) annektiere.
Der Jerusalem-Tag war einst ein außergewöhnliches Ereignis, bei dem der Rassismus und die jüdische Vorherrschaft, die es in der israelischen Gesellschaft schon immer gab, für alle sichtbar gemacht wurden. Doch heute, da der Rachefeldzug der Armee im Gazastreifen mit aktiver Unterstützung der meisten Israelis fortgesetzt wird, inmitten zunehmender Militär- und Siedlergewalt im Westjordanland und Kampagnen zur Verfolgung und Unterdrückung Andersdenkender in Israel, ist der Fahnenmarsch nur ein weiteres Beispiel dafür, wie Israel den Extremismus normalisiert hat.
Im Unterschied zu den Protestierenden, die gegen die Netanjahu-Regierung und für einen Deal zur Freilassung der Gefangenen demonstrieren, gab es bei dieser Demonstration keine Bilder der von der Hamas gefangen gehaltenen Israelis. Die Gesichter auf den Plakaten, die von Tausenden ultranationalistischer Aktivisten und Sympathisanten - viele von ihnen Jugendliche oder Siedler aus dem besetzten Westjordanland - hochgehalten werden, waren die Gesichter der rund 300 israelischen Soldaten, die bei den Kämpfen im Gazastreifen gefallen sind.
Unter Rufen wie "Tode den Arabern", "Macht Gaza platt" oder "Euer Dorf wird brennen" forderten die singenden und tanzenden Gotteskrieger, von denen viele mit Maschinengewehren und Pistolen bewaffnet waren, die Fortsetzung des Krieges in Gaza und eine Bodenoffensive im Libanon.
In der Altstadt, in der die Geschäfte geschlossen waren, kam es zu Angriffen der israelischen Extremisten auf die wenigen Palästinenser, die sich nach draußen wagten.
Die Polizei war mehr mit dem Schutz des rechten Aufmarsches beschäftigt als mit der Verhinderung von Aggressionen. Am Nachmittag sorgte sie dafür, dass die wenigen Palästinenser, die versuchten, sich dem Damaskustor zu nähern, sogar mit Gewalt vertrieben wurden.
Die Dutzenden von Aktivisten der Jüdisch-arabischen Vereinigung Standing Together, die sich mutig gegen den jüdischen Mob stellten, konnten wenig tun, um Einschüchterungen und Aggressionen gegen Palästinenser zu verhindern.
Sicherheitsminister Itamar Ben Gvir: Front gegen Hisbollah eröffnen
Der politische Star des Tages war Itamar Ben Gvir, der faschistische Sicherheitsminister der Netanjahu-Regierung. Seit Wochen fordert er die Streitkräfte auf, eine weitere Front gegen die Hisbollah und den Libanon zu eröffnen. "Hört nicht auf. Wir sind am Gewinnen", sagte Ben Gvir am Mittwoch an die Adresse von Premierminister Netanjahu. Der Minister gab auch bekannt, dass seine Partei Jüdische Kraft nicht mit der Regierungskoalition, der sie angehört, stimmen wird, solange Netanjahu die Vereinbarung über den möglichen Waffenstillstand mit der Hamas nicht vollständig offenlegt. "Besatzung, Besiedlung und Förderung der Migration“, das sei die Lösung für den Konflikt im Gazastreifen, so Ben Gvir.
"Der Premierminister“, prangerte er an, "versteckt den Entwurf des Abkommens mit der Hamas, das eine Klausel zur Beendigung des Krieges enthält". Um die Befürchtungen von Ben Gvir und allen Befürwortern eines totalen Krieges noch zu verstärken, trugen die Worte des Nationalen Sicherheitsberaters des Weißen Hauses, Jake Sullivan, bei, der in einem Interview mit der NBC sagte, dass die israelische Regierung mehrfach bestätigt habe, dass der Vorschlag (eines vorübergehenden Waffenstillstands und eines Austauschs von Geiseln und Gefangenen) weiterhin gültig sei. Katar, einer der Vermittler, zeigt stattdessen mit dem Finger auf Israel, das seiner Meinung nach klären muss, ob der Plan die gesamte Regierung repräsentiert.
Völkermord in live
Nach Angaben des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen (UNICEF) leiden neun von zehn Kindern im Gazastreifen inmitten des anhaltenden Völkermordkriegs in der Enklave unter extremer Nahrungsmittelarmut. "Fünf Runden von Datenerhebungen zwischen Dezember 2023 und April 2024 haben übereinstimmend ergeben, dass 9 von 10 Kindern im Gazastreifen unter schwerer Nahrungsmittelarmut leiden und mit zwei oder weniger Nahrungsmittelgruppen pro Tag überleben müssen“, sagte UNICEF am Donnerstag in einer Erklärung.
UN setzt Israel auf schwarze Liste der Kindermörder
Israel hat in Gaza in acht Monaten mehr Kinder ermordet, als in allen Krigen der letzten vier Jahre weltweit getötet wurden. Der Generalsekretär der Vereinten Nationen, António Guterres, hat den Attaché der israelischen Streitkräfte in den Vereinigten Staaten, Generalmajor Hidai Zilberman, über seine Entscheidung informiert, Israel auf die schwarze Liste der Länder und Organisationen zu setzen, die Kindern in Konfliktgebieten schaden.
Spanien: Schließen uns Südafrikas Klage gegen Israel an
Spanien schließt sich als zweites europäische Land dem von Südafrika angestrengten Völkermordverfahren vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) gegen Israel wegen des militärischen Vorgehens im Gazastreifen an. Dies kündigt Außenminister José Manuel Albares an. Zuvor hatten sich bereits Irland sowie Chile und Mexiko der Klage Südafrikas vor dem höchsten Gericht der Vereinten Nationen (UN) angeschlossen. Spanien hatte erst kürzlich Palästina als unabhängigen Staat anerkannt. Deuschland sperrt sich gegen die Anerkennung Palästinas und steht im Völkermordverfahren des Internationalen Gerichtshofes an der Seite der militant-terroristischen Netanjahu-Regierung.
Quellen: Al Jazeera, Middel East Eye, Magazn +972