09.11.2011: Heute ist in der Schorndorfer Manufaktur die Eröffnungveranstaltung für die Ausstellung „Neofaschismus in Deutschland“. Veranstalter ist die VVN-BdA im Rems-Murr-Kreis (Baden-Württemberg), Mitveranstalter sind u.a. die DGB-Region Nordwürttemberg und die IGM-Verwaltungsstelle Waiblingen. Wir sprachen mit Thomas Willms, Bundesgeschäftsführer der VVN-BdA
Frage: Was ist das Ziel dieser Ausstellung
Thomas Willms: Ziel der Ausstellung ist es, einen Überblick zu geben über das Phänomen Neofaschismus in Deutschland. Überblick heißt, sie beschäftigt sich mit der Ideologie, mit der Art und Weise, wie diese Szene organisiert ist und drittens, wie das gesellschaftliche Umfeld dieser Szene ist. Und das ist auch der Unterschied unserer Ausstellung zu anderen Projekten, die zwar auch die ersten beiden Teile behandeln aber den dritten nicht. Und schließlich behandelt der vierte Teil die Frage, was man dagegen machen kann.
Frage: An wen richtet sich die Ausstellung
Thomas Willms: Zielgruppe ist der normale Bürger, es ist keine Ausstellung für ein Fachpublikum, wie das leider oft so ist, sonder wir gehen ganz bewusst von Leuten aus, die erstmal nicht viel wissen darüber und die sich auch nicht besonders dafür interessieren. Sie muss also allgemeinverständlich sein. Die Ausstellung, die wir jetzt zeigen, ist zwar auf den ersten Blick neu, basiert aber auf ganz langer Vorarbeit. Es ist bereits die fünfte Version dieser Ausstellung, die das erste mal 1985 gezeigt worden ist. Diese neue Version haben wir erstmals im Mai 2010 gezeigt. Man muss eine solche Ausstellung immer wieder aktualisieren, modernisieren und sich auch an die Sehgewohnheiten der Besucher anpassen. Wir arbeiten mittlerweile schon an der sechsten Fassung, aber es wird wohl noch ein Jahr dauern, bis wir damit fertig sind.
Frage: Wie oft ist die Ausstellung schon gezeigt worden
Thomas Willms: Wir haben für diese Ausstellung eine eigene Homepage eingerichtet, dort kann man die Liste der Termine finden und wo sie schon überall gezeigt worden ist.. Schorndorf ist jetzt die 102 Präsentation. Die Örtlichkeiten der Ausstellung sind Bürgerhäuser, Rathäuser, Kirchengemeinden, Jugendzentren, Universitäten, Schulen, also alles Mögliche, und das ist auch das Besondere. Unsere Ausstellung ist auch vom technischen Aufwand so konzipiert, dass man sie überall zeigen kann. Das Problem von üblichen Wanderausstellungen ist ja meistens, dass sie in Wirklichkeit nicht wandern. Die werden mit sehr viel Geld gemacht, dann werden sie ein oder zwei Mal gezeigt, und dann ist Schluss. Unsere Ausstellung ist da grundsätzlich anders. Sie ist sehr einfach zu handhaben und sie ist für Laien konzipiert. Auch jemand, der von Ausstellungstechnik keine Ahnung hat, kann sie trotzdem ganz einfach zeigen. Und das macht den Erfolg dieser Ausstellung aus. Wer sich darüber informieren will, muss nur auf unsere Homepage gehen.
Frage: Ist diese Ausstellung ein Teil der Kampagne NoNPD?
Thomas Willms: Nein, das kann man so nicht sagen, dass sind zwei Projekte, die man unabhängig voneinander sehen muss. Die Neofaschismus-Ausstellung ist erstens viel älter, und sie beschäftigt sich mit dem Gesamtphänomen Neofaschismus, mit ihrer Musik, mit dem Internetauftritten, mit allem möglichen. Die Kampagne NoNPD ist eine Zuspitzung der Auseinandersetzung mit der NPD. Wir sagen, die NPD ist der organisatorische Kern des Neofaschismus in Deutschland, und deshalb muss sie verboten werden und ihre Organisationen entsprechend den Bestimmungen des Grundgesetzes aufgelöst werden.
Frage: Bei den Wahlen in Berlin hat sich nun gezeigt, dass die NPD ihr erhofftes Wählerpotenzial nicht hat ausschöpfen können. Deuten sich da vielleicht an, dass auch wir in Deutschland es mehr mit der Tendenz zu rechtspopulistischen Parteien zu tun haben
Thomas Willms: Das bleibt abzuwarten und ist noch offen. Man kann die Berliner Wahl unterschiedlich interpretieren. Es war zwar ein Stimmenrückgang für die NPD, aber entscheidend ist meines Erachtens, dass es der NPD gelungen ist, die Konkurrenz im rechten Lager zu distanzieren. Es ist die NPD, die in Bezirksversammlungen eingezogen ist und eben nicht die Partei „Die Freiheit“ oder „pro Deutschland“. Und das ist doch ein Unterschied zu anderen Ländern in Europa.
Frage: Siehst Du in der augenblicklichen Situation der Finanzkrise ein Gefahr, dass rechte Lösungen wieder stärker angedacht werden und Kräfte dafür mobilisiert werden können?
Thomas Willms: Das neofaschistische Lager ist in der Lage, sich anzupassen. Ihre Ideologie und ihre Ziele bleiben dieselben, aber sie sind fähig, zu gucken, was um sie herum passiert, sie adaptieren Sachen, die im kulturellen Bereich passieren, sie imitieren z.B. die autonome Szene, indem sie sich gleich anziehen usw. Und es ist durchaus vorstellbar, dass sie auch kapitalistischkritische Wellen imitieren. Sie sind ja grundsätzlich eine Pseudo-antikapitalistische Strömung, wie wir es auch in unsere Ausstellung aufzeigen. Sie haben versucht, in die occupy-Bewegung einzudringen, die aber hat sich bis jetzt erfolgreich gewehrt.
Frage: Auf dem ver.di Bundeskongress sind sehr gute Beschlüsse gefasst worden, den Kampf gegen rechts zu unterstützen. Siehst Du das auch als einen Erfolg Eurer Arbeit
Thomas Willms: Bei unserer Ausstellung steht vorne ver.di drauf, wir haben diese Ausstellung zusammen mit ver.di-Nord gemacht. Ver.di unterstützt uns da sehr. Die Ausstellung wird auch viel im gewerkschaftlichen Bereich gezeigt. Ich bin sehr froh über die große Breite der Örtlichkeiten, wo diese Ausstellung gezeigt wird, und über die Zahl der Besucher, die sich damit beschäftigen. Wir haben uns mit diesen 5 Versionen, die wir bei jetzt haben, immer weiter steigern können. Wir haben uns selber verbessert in der Ausgestaltung des Gesamtpakets für diese Ausstellung, die Flyer gibt es jetzt in acht Sprachen, wir haben eine gute Homepage, haben einen guten Katalog. Mit den Arbeitsblättern, die wir für die Ausstellung herausgegeben haben, haben wir gute Unterrichtsmaterialien erstellt.
Das Gespräch führte Michael Maercks
Weitere Informationen: http://neofa-ausstellung.vvn-bda.de/
In der Anlage: Programm der Ausstellung in Schorndorf