16.09.2021: In München fordern die Beschäftigten und Klima-Aktivist:innen gemeinsam den Erhalt eines Bosch-Werks. Mia Giese ist 17 Jahre alt und seit zwei Jahren in der Klimabewegung aktiv. Dort setzt sie sich für die Zusammenarbeit in Arbeitskämpfen und dem Kampf um Klimagerechtigkeit ein. Gemeinsam mit den Beschäftigten kämpft sie momentan in der Kampagne "Klimaschutz und Klassenkampf" für den Erhalt des Bosch-Werks Berg am Laim (München) und für eine Umstellung der Produktion auf klimafreundliche Produkte. Mit ihr sprach Philip Blees für die Zeitung ″OXI - Wirtschaft anders denken″.
Was passiert gerade beim Bosch-Werk in München?
Mia Giese: Die Werksleitung von Bosch hat intern durchgegeben, dass das Werk verlagert werden soll. Ziemlich wahrscheinlich. Ihr Vorwand ist die Umstellung auf E-Mobilität. Deswegen könne man das Werk nicht weiter betreiben und müsse die Arbeiter:innen entlassen. Die wirkliche Ursache ist ziemlich klar, nämlich dass Bosch mit dem Werk für Bosch zwar keine Verluste macht, aber nicht die erhofften Gewinne.
Wohin möchte Bosch verlagern?
Giese: Die Produktion würde nach Brasilien oder Nürnberg und Tschechien verlagert werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass das Werk ins Ausland geht, ist sehr groß.
Was wird im Werk produziert?
Giese: Einspritzventile und Kraftstoffpumpen für Diesel-Motoren. Bosch ist der größte Automobil-Zulieferer der Welt.
Und die Beschäftigten machen nun gemeinsame Sache mit der Klimabewegung.
Giese: Genau, Klimaaktivist:innen und Arbeiter:innen aus dem Bosch-Werk haben sich vernetzt und kämpfen mit der Kampagne "Klimaschutz und Klassenkampf" gemeinsam dafür, dass das Werk erhalten bleibt. Und dass die Produktion auf klimafreundliche und gesellschaftlich nützliche Produkte umgestellt wird. Wir brauchen unfassbar viele Geräte, z.B. medizinische, die dort hergestellt werden könnten, werden sie aber nicht, weil es sich für Bosch nicht lohnt.
Sie haben zwei Petitionen gestartet.
Giese: Genau, eine Petition von der Klimabewegung und eine, die nun schon von fast zwei Drittel der Beschäftigten unterzeichnet wurde. Beide fordern das Gleiche: Dass das Werk erhalten bleibt und die Produktion klimafreundlich umgestellt wird.
Darum geht es Lest unsere Petitionen und Erklärungen und unterstützt unseren Kampf! Petition der Bosch-Belegschaft hier |
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Quelle: https://klimaschutzundklassenkampf.org/ |
Auf Ihrer Website sprechen Sie von der "doppelten Lüge von den Entlassungen für den Klimaschutz". Was meinen Sie damit?
Giese: Es wird suggeriert, dass die Klimabewegung verantwortlich für die Entlassungen ist. Und andersherum, dass die Arbeiter:innen die Klimabewegung nötig machen. Das ist eine Lüge, die von großen Konzernen und deren Kapitalist:innen in die Öffentlichkeit getragen wird. Diese Lüge schwächt die Arbeiter:innen und die Klimabewegung, obwohl sich diese Bewegungen zusammenschließen müssten. Nur die Arbeiter:innen haben die Kraft und die technischen Möglichkeiten, um wirklich Klimaschutz herbeizuführen. Arbeiter:innen und Klimabewegung werden jedoch gegeneinander ausgespielt.
Ihre Aktion zeigt eine mögliche Zusammenarbeit zwischen gewerkschaftlichen Kampf und Klimabewegung. Was ist die Perspektive?
Giese: Unserer Meinung nach muss die Klimabewegung mit Arbeiter:innen zusammenarbeiten. Wir sind eine Klasse, die lohnabhängig ist. Nur gemeinsam haben wir die Kraft Klimagerechtigkeit herbeizuführen.
Funktioniert das immer reibungsfrei? Welche Konflikte gibt es?
Giese: Klar, wir sind ein Beispiel, bei dem es enorm gut läuft. Das ist nicht immer so, liegt aber nicht immer an den Bewegungen selbst. Zum Beispiel bei BMW wird es Leiharbeiter:innen verboten, mit Leuten vorm Werk zu reden. Dann kommt man mit den Beschäftigten gar nicht in Kontakt, weil von den Kapitalist:innen explizit eine Spaltung vorangetrieben wird. In diesem Sektor gab es, soweit wir wissen, in Deutschland noch nie ein Beispiel, wo Klimabewegung und Arbeiter:innen zusammen gekämpft haben. Es ist ein erster Versuch und wir hoffen, dass der klappt.
Die IG Metall hat häufig ein gespaltenes Verhältnis zur Klimabewegung. Sie redet häufig nur von "sozial-ökologischer Transformation".
Giese: Die IG Metall spiel eine große Rolle – auch in unserem Kampf. Momentan treiben jedoch der Betriebsrat und ein Kern von Beschäftigten unsere Kampagne voran. Der vorsitzende Betriebsrat und sein Stellvertreter sind sehr engagiert dabei. Wir hatten auch schon Aktiven-Treffen, an dem 20 Beschäftigte teilgenommen haben. Bei 250 Arbeiter:innen im Werk ist das in der Urlaubszeit schon echt eine hohe Zahl. Der Kampf wird im Betrieb geführt und von der Klimabewegung unterstützt. Die IG Metall möchte aber auch unserer Demo kommen. Die Gewerkschaft steht all dem solidarisch gegenüber und wir möchten in Zukunft auch sehr gerne mit ihr zusammenarbeiten.
"Wenn es hart auf hart kommt, werden wir uns an die Maschinen ketten"
Guiseppe Ciccone, Betriebsratsvorsitzender.
Wie kommt es zu der breiten Unterstützung im Betrieb?
Giese: Der erste Schritt zur Zusammenarbeit kam von der Klimabewegung. Uns eint der Kampf um den Erhalt des Werkes. Andersherum stehen die Arbeiter:innen auch hinter den klimapolitischen Forderungen. Dort meinen alle, dass es möglich ist, in dem Werk fortan klimafreundliche Produkte herzustellen. Die Notwendigkeit des Kampfes gegen die Klimakrise sehen beide Seiten. Das Werk muss beibehalten werden und die Produktion umgestellt.
Wie geht es weiter?
Giese: Wir gehen in Gespräche und hoffen auf Aufmerksamkeit durch unsere Demo (diese fand am Freitag 03. September 2021 statt, Anm. d. Red.). Danach müssen wir weitere Strategie-Treffen durchführen und uns beraten. Wenn Bosch seine Ankündigung wahr macht und das Werk schließen will, dann bekommen sie es mit der Klimabewegung zu tun. Das sind keine leeren Worte.
Demonstration am 3.September 2021 |
Kommunisten.de dankt OXI für die Genehmigung zur Veröffentlichugn des Interviews.
Erstveröffentlichung bei OXI am 4.9.2021
https://oxiblog.de/bosch-werksschliessung-klimabewegung/
weitere Infos:
https://twitter.com/klimaundklasse