02.03.2018: Gewinnsprung bei Rheinmetall ++ Tobias Pflüger: "Rheinmetall feiert, aber anderswo wird gestorben." ++ Nachrüstung der Leopard-Panzer für den Krieg gegen Afrin ++ Rheinmetall will in der Türkei für Erdogan neue Panzer bauen
Beim Rüstungskonzern Rheinmetall klingeln die Kassen. Der Konzern hat im vergangenen Jahr deutlich mehr Geld verdient. Besonders stark legte die Rüstungssparte zu: der operative Gewinn stieg um 18 Prozent. Dies gab der Rüstungskonzern gestern (1.3.) in Düsseldorf bekannt. Rheinmetall stellt Kanonen u.a. für den Kampfpanzer Leopard 2 und den Schützenpanzer Puma, Munition und Zünder her.
"Defence mit Wachstum und signifikanter Ergebnisverbesserung"Rheinmetall, Pressemitteilung, 01.03.2018 Aktienkurs Mai 2015 - Jan 2018 |
Tobias Pflüger, verteidigungspolitischer Sprecher der Linksfraktion im Bundestag, sieht einen direkten Zusammenhang zwischen den Rheinmetall-Gewinnen und der Rüstungsexportpolitik der Bundesregierung. "Die Zahlen entsprechen genau den Projekten, die jetzt genehmigt wurden", sagt er. Und weiter: "Man redet immer von einer Einschränkung der Exporte, aber das Gegenteil ist der Fall. Rheinmetall feiert, aber anderswo wird gestorben."
"Rheinmetall feiert, aber anderswo wird gestorben." |
Für den Wirtschaftsanalysten von Warburg Research, Christian Cohrs, eine Entwicklung, die so weitergehen wird. Das Rüstungsgeschäft werde auch in den kommenden Jahren der "Ertrags- und Wachstumsbringer" für Rheinmetall sein, meint Cohrs. Denn nicht nur bei der Bundeswehr brechen neue Aufrüstungszeiten an, Rheinmetall sei auch im internationalen Rüstungsgeschäft aktiv. So werde der Konzern von der steigenden Nachfrage nach Rüstungsgütern profitieren und seinen Gewinn infolge von Skaleneffekten überproportional steigern.
Rheinmetall-Boss Armin Papperger beklagt allerdings, dass im letzten Quartal 2017 weniger neue Rüstungsaufträge ins Haus kamen. Umsatz und Auftragseingang wurden durch die verzögerte Regierungsbildung und durch ausstehende Exportgenehmigungen beeinflusst, beschwert sich der Rüstungsmanager.
Es waren die Bilder von türkischen Kampfpanzern aus deutscher Produktion, die die Grenze zu Syrien überrollen und vom Nato-Partner Türkei im völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen den nordsyrischen Kanton Afrin eingesetzt werden (Foto links), die auch Berlin und Rheinmetall in Erklärungsnot brachten.
Noch kurz davor hatte Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) seinem türkischen Amtskollegen in Aussicht gestellt, die Bundesregierung werde eine Nachrüstung dieser Panzer genehmigen. Seit 1982 waren mehr als 700 deutsche Kampfpanzer an die Türkei geliefert worden - Panzer, die immer wieder gegen die kurdische Bevölkerung eingesetzt wurden. Die Lieferung von 354 Panzer des Typs Leopard 2 wurde 2005 von der Regierung von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) beschlossen. Jetzt will die Türkei diese älteren Leopard-Modelle mit einer stärkeren Panzerung gegen Raketenbeschuss und Sprengfallen nachrüsten. Und Sigmar Gabriel sah "keine stichhaltigen Argumente", um der Türkei eine solche Nachrüstung der Leopard-Panzer zu verweigern.
Doch dann kamen der Überfall der Türkei auf Afrin und die Bilder der Panzer. Gabriel musste zurückrudern. "Mit der Beratung von kritischen Vorhaben" werde man bis zur Bildung einer neuen Regierung warten.
Rheinmetall macht weiter
Rheinmetall ließ sich davon nicht beeindrucken. Wie das ARD-Politikmagazin report München aufdeckte, war bereits am 9. Januar, drei Tage nach dem Treffen Sigmar Gabriels mit seinem türkischen Amtspartner Mevlüt Cavusoglu, eine Delegation des türkischen Unternehmens BMC nach Düsseldorf gereist und hatte bei Rheinmetall eine Vereinbarung über die Nachrüstung unterzeichnet.
Nachdem die Türkei ihre Geisel, den deutschen Journalisten Deniz Yücel freiließ, kommen die deutsch-türkischen Beziehungen auch offiziell wieder in Gang. Unmittelbar nach der Freilassung von Deniz Yücel äußerte der türkische Ministerpräsident Binali Yildirim am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz, dass nun einer Verbesserung der Beziehungen und der Nachrüstung der Leopard-Panzer nichts mehr im Wege stehe.
Rheinmetall will für Erdogan neuen Panzer bauen
Die Pläne von Erdogan und Rheinmetall gehen aber noch viel weiter: Präsident Erdogan möchte bald vor Ort einen eigenen Panzer bauen lassen. Rheinmetall will mit dabei sein und hat in der Türkei ein Gemeinschaftsunternehmen mit dem türkischen Konzern BMC gegründet. Es heißt RBSS und hat seinen Sitz in Ankara. Rheinmetall hält einen Anteil von 40 Prozent.
Die türkische Regierung plant den Bau von etwa 1.000 Kampfpanzern vom Typ "Altay" im geschätzten Wert von etwa sieben Milliarden Euro. Gebaut werden soll der Panzer von diesem Gemeinschaftsunternehmen RBSS. Von einer solchen Zusammenarbeit würden beide Seiten profitieren, sagte Binali Yildirim in einem Interview am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz. "Noch mehr Deutschland. Denn die Maschinen kommen aus Deutschland, einfache Teile würden in der Türkei hergestellt."
Das Modell soll, wie der Leopard-Panzer, eine 120-Millimeter-Kanone erhalten, die beim Leopard von Rheinmetall geliefert wird. Über den Lieferanten der Munition gibt es keine Angaben – hier würde sich wieder Rheinmetall empfehlen. So plant der Konzern auch ein Gemeinschaftsunternehmen mit dem türkischen Konzern MKEK für die Produktion von Munition. Anfang Februar wurde bekannt, dass BMC, der Rheinmetall-Partner, mit der Entwicklung der Antriebseinheit für den Panzer beauftragt wurde. (WELT, 20.02.2018)
Und so bahnt sich mit Unterstützung von Rheinmetall der Bau eines türkischen Panzers an, bei dem die deutsche Zustimmung zu Rüstungsexporten möglicherweise unterlaufen wird.
Schon im Oktober hatte sich Rheinmetall-Chef Papperger über die zögernde Genehmigungspraxis der Bundesregierung für Rüstungsexporte in die Türkei beklagt, aber eingeräumt, dass es nur geringen politischen Spielraum für solche Genehmigungen gebe. Mit dem Überfall der Türkei auf Syrien, den expansionistischen Plänen Erdogans für die Wiedererrichtung eines neuen Osmanischen Reiches und den aggressiven Drohungen gegenüber Griechenland und Zypern werden die Spielräume nicht größer.
Papperger sagte im Oktober, nur wenn sich das Verhältnis zwischen Berlin und Ankara normalisiere, sei damit zu rechnen, dass sein Unternehmen Bauteile oder Pläne zu diesem türkischen Panzerprojekt beisteuern könne, da alle diese Leistungen nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz genehmigungspflichtig seien. Es sei denn, die Neuentwicklung werde in der Türkei selbst vorangetrieben. Das sei technisch schwierig, würde den Bau um mehrere Jahre verzögern, aber sei ohne Rüstungsexportgenehmigungen durch die Bundesregierung möglich.
Tauschhandel
Zwar hat Deniz Yücel einen etwaigen Tauschhandel zwischen Berlin und Ankara für seine Freilassung abgelehnt. "Für schmutzige Deals stehe ich nicht zur Verfügung“, hatte Yücel in einem schriftlich über seine Anwälte geführten Interview der Deutschen Presse-Agentur mitgeteilt. Er wolle seine Freiheit nicht "mit Panzergeschäften von Rheinmetall oder dem Treiben irgendwelcher anderen Waffenbrüder befleckt wissen".
Deniz Yücel ist durch den Deal nicht befleckt. Er wurde als Geisel gehandelt. Der Dreck und das Blut klebt an den Händen von Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD), von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CD) und vor allem an Rheinmetall.