11.07.2018: In der Tarifrunde der Redakteur*innen in Tageszeitungen hat es am 2. Juli 2018 einen Abschluss gegeben. Die Gehälter der Zeitungsjournalist*innen erhöhen sich zum 1. Mai 2018 um 1,9 Prozent, zum 1. Mai 2019 noch einmal um 2,4 Prozent. Des weiteren gibt es im August 2018 eine Einmalzahlung von 500 Euro und zum März 2020 noch einmal 600 Euro. Die Laufzeit geht über mehr als 2 ½ Jahre.
Es gibt noch einige finanzielle Verbesserungen für Niedriglöhner*innen unter den Journalist*innen. Das betrifft vorrangig eher Online-Journalist*innen ohne abgeschlossenes Studium sowie die Volontär*innen. Der durch die Zeitungsverleger*innen gekündigte Manteltarifvertrag wurde wieder in Kraft gesetzt und gilt bis Ende 2020 fort.
Während die größte Journalist*innen-Gewerkschaften, der DJV, das Verhandlungsergebnis trägt, hat die ver.di-Tarifkommission das Verhandlungsergebnis vom BDZV und DJV nicht übernommen. Nach einem Meinungsbild unter den DJV-Mitgliedern aus den an der Urabstimmung beteiligten Redaktionen will die Journalistengewerkschaft über die Annahme entscheidenden. Ver.di will ebenfalls ihre Mitglieder befragen. Die ver.di-Verhandlungskommission will keine Empfehlung abgeben.
Damit ist es zu einer vorläufigen Spaltung von ver.di und DJV nach einer sehr langen Tarifgemeinschaft der beiden gekommen, was sich auch langfristig auswirken dürfte. Bereits früher gab es immer wieder Differenzen im Herangehen und wärehnd des Verlaufs von Tarifverhandlungen. Auch regional gab es in der Vergangenheit solche Situationen, dass es zwei Tarifverträge im Bereich der Zeitungsredakteur*innen zeitweilig gab.
Ver.di begründet ihre ablehnende Haltung mit der Höhe des Abschlusses. Er entspreche nicht der „Forderung nach einer echten Reallohnsteigerung.“ Es müsse ein Ergebnis „oberhalb der Inflationsrate“ erreicht werden. In den Verhandlungen hätte man sich sogar für eine 36-monatigen Tarifabschluss und einer Erhöhung im dritten Jahr von 2,2 Prozent ausgesprochen.
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Der DJV erklärte, dass nicht mehr zu erreichen gewesen sei: „In schwierigen Tarifverhandlungen haben wir es geschafft, die anfängliche Blockadehaltung der Verleger zu überwinden und den Flächentarifvertrag für einen langen Zeitraum zu sichern.“ Außerdem wurde die Zustimmung damit begründet, dass man sonst keinen Flächentarifvertrag mehr hätte. Die Arbeitgeber hätten erklärt, sie würden ihre Mitgliedsverbänden auffordern, bei Einstellungen nicht mehr nach Tarif zu bezahlen, er sei nur noch in der Nachwirkung. Ein beliebtes Totschlagargument, dass in der Vergangenheit öfters auch von ver.di in angeführt wurde. Ebenso ist es verwunderlich, dass insbesondere ver.di die extrem lange Laufzeit erst in der siebten Verhandlungsrunde einbrachte. Bislang galt die Strategie: Kurze Laufzeiten, vor allem beim Gehalt. Geradezu lächerlich angesichts der Kräfteverhältnisse wirkte seitens ver.di bereits in der vergangenen Tarifrunde die Idee, Entgeltverluste aus vorangegangenen Mantel-Tarifrunde im Rahmen von Gehaltsrunden mit zu kompensieren.
Die Wahrheit ist: ver.di und der DJV sind faktisch nicht mehr im der Lage, sich durch Streiks stark am Verhandlungstisch aufzustellen. Immer weniger Redaktionen streiken, immer weniger Beschäftigte beteiligen sich. Ursachen sind die Veränderungen des Berufsbildes und die ökonomischen Prozesse in den Zeitungsverlagen und -redaktionen. Und statt sich neu zu formieren, wird auf ein „Weiter so“ mit weniger Beteiligten gesetzt. Und nun die Spaltung, die bewirkt, dass jene Kräfte im DJV gestärkt werden, für die Gegenwehr zweitrangig ist. Das ist umso problematischer, weil es in ver.di Kreise gibt, die die schwächelnde Streikfront vor allem dem DJV zuschreiben.
Was wird das Ergebnis der Mitgliederbefragungen in DJV und ver.di sein?
Die Vorhersage ist mutmaßlich einfach: Auch ver.di dürfte am Ende den Abschluss unterschreiben. Zwei Tarifverträge wird es nicht geben, denn der BDZV wird mit ver.di keinen zweiten Abschluss tätigen. Es bleibt die Erkenntnis, dass eine dauerhafte Spaltung handlungswilliger Redaktionen das dümmste wäre, was man machen könnte.