18.04.2013: Für 3,7 Millionen Beschäftigte in der Metall- und Elektroindustrie sowie für die rund 100.000 Beschäftigten der sechs westdeutschen Volkswagen- Werke laufen zurzeit separate Tarifverhandlungen. Um die Kampf- und Durchsetzungskraft zu bündeln, hat die Tarifkommission der IG Metall auch in diesem Jahr für die Fläche und den Volkswagen-Haustarif eine einheitliche Tarifforderung aufgestellt: 5,5 %. Mit dieser Forderung sollen Preis- und Produktivitätssteigerungen (verteilungsneutral) ausgeglichen, sowie eine 2 %ige Umverteilung von Einkommen vorgenommen werden.
Unterschiedliche wirtschaftliche Situation in Metall-Betrieben
Allerdings ist die wirtschaftliche Entwicklung im Metall- und Elektrobereich aktuell sehr unterschiedlich. Bei der exportorientierten Metallbranche wirkt sich die fehlende Kaufkraft im europäischen Ausland schon jetzt negativ auf die Auftragslage einiger Unternehmen aus. Davon sind auch Volkswagen-Standorte betroffen. Darum wurde die Tarifforderung nicht nur im IG Metall Vorstand sondern auch in den Betrieben und lokalen Tarifkommissionen unterschiedlich diskutiert, je nach Betroffenheit bei der Gefährdung von Beschäftigung und Arbeitsplätzen. Die demokratisch gewählten Tarifkommissionen haben die Diskussionsprozesse in den Belegschaften und in den Vertrauenskörpern zusammengefasst. Auf dieser Grundlage wurde eine einheitliche Prozentforderung aufgestellt. Die Forderung entspricht den differenzierten Ausgangslagen der Kolleginnen und Kollegen in den Betrieben und den unterschiedlichen Einschätzungen über die Akzeptanz und Durchsetzbarkeit.
Lohnverzicht gefährdet Arbeitsplätze
Dabei ist es wichtig, dass zumindest die Preis- und Produktivitätssteigerungen ausgeglichen werden, um keine Konkurrenz der Belegschaften in der EU zu erzeugen. Denn Lohnverzicht sichert keine Arbeitsplätze, sondern gefährdet die wirtschaftliche Entwicklung in der gesamten Europäischen Union, weil die Nachfrage fehlt. Eine EU-weite Abstimmung der Gewerkschaften ist notwendig, wenn es darum geht, in allen EU-Ländern dafür zu sorgen, dass zumindest die Preis- und Produktivitätssteigerungen des jeweiligen Landes durch Lohnerhöhungen ausgeglichen werden. Der Wettbewerbsvorteil, den deutsche Unternehmen durch den Lohnverzicht der Beschäftigten errungen haben, hat Druck auf die Löhne der anderen Länder erzeugt und damit zur sozialen Schieflage in Europa beigetragen.
Darüber hinaus weisen alle Statistiken aus, dass im europäischen Vergleich in den letzten Jahren die Lohnsumme in Deutschland abgenommen, während Einkommen aus Kapitalvermögen überproportional zugenommen haben. Eine zusätzliche kräftige Umverteilungskomponente in der Tarifforderung ist deshalb mehr als gerechtfertigt.
Um solch eine Forderung gegen die Drohgebärden der Unternehmen durchzusetzen, ist jedoch die Geschlossenheit aller Metall-Belegschaften notwendig. Am 30. April endet die Friedenspflicht. Warnstreiks in der Metall- und Elektroindustrie sind ab 2. Mai in allen Regionen möglich. Umso mehr muss der diesjährige 1. Mai im Zeichen der aktuellen Tarifauseinandersetzungen stehen.
Kolumne von Uwe Fritsch in der UZ vom 19.04.13
Uwe Fritsch ist Mitglied des Parteivorstands der Deutschen Kommunistischen Partei