ein Kommentar von Conrad Schuhler
Am 06.11.2018 steigen in den USA die Halbzeitwahlen. 35 der 100 Senatssitze stehen zur Wahl und alle 435 Sitze im Repräsentantenhaus. Eine Mehrheit im Kongress – Senat und Haus – könnte dem Präsidenten jede weitere Gesetzesveränderung in seinem Sinn verwehren.
Im Senat haben die Republikaner derzeit eine Mehrheit von 51 zu 49. Im Repräsentantenhaus müssen die Demokraten der Grand Old Party Trumps 23 Sitze entreißen, um die Mehrheit zu erreichen. Beide Seiten machen die Wahl zu einer Abstimmung über die Politik Trumps. Und wecken damit das Interesse der WählerInnen weit über das übliche Maß hinaus. Bei den „primaries“, wo es um die Wahl der Partei-Kandidaten für die Wahlämter geht, gingen über 50% mehr an die Urnen als beim letzten Mal.
Diese offenbar hochmotivierten Mitglieder und Sympathisanten einer Partei – die Demokraten bringen 30% mehr auf die Beine als die Republikaner – sind überzeugt, dass ihre Partei obsiegen wird. Von den Demokraten meinen das 77%, von den Republikanern 75%. Das weckt Erinnerungen an die Präsidentenwahl im November 2016. Damals gab es auch 77% siegesgewisse Demokraten, bei den Republikanern waren es nur 61%. Dann kam der Schock des Trump-Triumphs. Bahnt sich heute eine ähnliche Entwicklung an?
In den Senatsrennen ist der Optimismus der Trump-Gegner zusammengeschnurrt. In Texas liegt der neue Jung-Star der Demokraten Beto O‘Rourke derzeit mehr als sechs Prozentpunkte hinter Ted Cruz, den Trump auch mit persönlichen Einsätzen massiv unterstützt. Auch in Tennessee und Nevada liegen Trump-Unterstützer vorne. Dass es im Senat weiterhin eine Trump-Mehrheit geben wird, scheint gesichert.
Offen ist das Ergebnis der Wahlen zum Repräsentantenhaus. Umfragen bekunden, dass die Demokraten im ganzen Land mit elf Prozentpunkten vor den Republikanern liegen. Doch geht es in erster Linie um die 66 Stimmbezirke, die eng umkämpft sind, und hier ist es ausgeglichen: die Republikaner liegen bei 47%, die Demokraten bei 46%. Sicher werden die Anti-Trump-Kandidaten in New York, San Francisco oder Boston obsiegen, aber wer in Montana, Ohio oder Wisconsin die Nase vorn hat, wird sich erst in den letzten Tagen entscheiden. Und damit das Gegeneinander Kongress-Trump bestimmen.
Bill Clinton hat die „stupide“ Öffentlichkeit belehrt, dass es bei Wahlen auf die ökonomische Lage ankommt. Die USA als Ganzes sind in einer relativ properen Lage. Das Wirtschaftswachstum liegt bei 4% – während in Deutschland die Prognose auf 1,8% heruntergefahren wird – die Arbeitslosigkeit gilt statistisch als überwunden. Auch die Börse hat bisher die Lage positiv bewertet. Der Dow-Jones-Aktienindex stieg im letzten Jahr um 9,6%, allerdings steckt darin ein Rückgang im letzten Monat von 3,3%. Allen Erfolgsfanfaren zum Trotz befindet sich das US-System ohnehin in einer ideologischen Krise, weil die materiellen Erfolge so ungleich verteilt werden auf „Oben“ und „Unten“. Dass diese ungleiche Verteilung aufgehoben werden müsse, war eine der Siegesformeln des Präsidentschaftskandidaten Trump. Seine Politik hat den Abgrund zwischen Oben und Unten jedoch weiter vertieft. Es steht zu befürchten, dass seine AnhängerInnen den Widerspruch zwischen populistischer Rhetorik und scharf neoliberaler Politik noch nicht erkannt haben. Was bedeuten würde, dass Trump noch keinen Grund zum Zittern hat.
übernommen von der Internetseite des Institut für sozial-ökologische Wirtschaftsforschung isw