Der Kommentar

Hiroshima BombeNein, die Welt soll nicht untergehen, Frau Sadovska. Es gibt vernünftigere Lösungen.

Kommentar von Leo Mayer zur Forderung von Mariana Sadovska im Kanzleramt, dass bei der militärischen Unterstützung der Ukraine das atomare Inferno riskiert werden müsse.

07.04.2022:

"Wenn die Welt untergeht, weil wir der Ukraine helfen, dann soll es halt so sein!", so formulierte die ukrainische Sängerin Mariana Sadovska die Quintessenz ihrer Überzeugung von dem, was die Welt jetzt tun müsse, um ihrem Land zu helfen. In der Reihe "Kultur im Kanzleramt" am 28. März sang Mariana Sadovska kein Lied, rezitierte kein Gedicht und sprach nicht über Kultur. Stattdessen sprach sie über den Krieg und forderte die NATO auf, eine Flugverbotszone einzurichten. "Natürlich haben wir große Angst, dass dadurch alles eskaliert und es zu einem Atomkrieg kommt und die ganze Welt un­tergeht. ... Wenn die Welt untergeht, weil wir der Ukraine helfen, dann soll es halt so sein!" [1]

Besser kann man das Wesen der ukrainischen Propagandastrategie nicht beschreiben: Das ukrainische Schicksal soll mit dem Schicksal der gesamten Menscheit verknüpft werden - und sei es deren Untergang. Wobei dann auch die Bevölkerung der Ukraine im atomaren Inferno ausgelöscht würde.

Der Pazifismus, der bereits zur Zeit des Ersten Weltkriegs in den Vordergrund getreten war und dann wuchs und sogar zur "Zweiten Weltmacht" wurde - wie die New York Times ihre Titelseite betitelte, als sie die weltweiten Demonstrationen vom 15. Februar 2003 gegen den von den USA geführten Angriffskrieg gegen den Irak kommentierte -, ist wieder im Rampenlicht. Aber diesmal anknüpfend an den damaligen CDU-Generalsekretär Heiner Geißler, der 1983 die Friedensbewegung, die sich gegen die Stationierung von Pershing-Raketen in der Bundesrepublik stark machte, mit dem Satz diffamierte: "Der Pazifismus der 30er-Jahre hat Auschwitz erst möglich gemacht".

Heute wird der Pazifismus für den Überfall Russlands auf die Ukraine verantwortlich gemacht. Die "Putin-Freunde" sind im besten Fall Idealisten, kindisch, unfähig, die nackte und rohe Realität zur Kenntnis zu nehmen. Wer in diesen Tagen noch nicht auf Nato- und EU-Linie eingeschwenkt ist, gerät zunehmend unter Druck.

Die "Realisten" bestimmen die Debatte. Sie wissen, was vor sich geht, und sind daher befugt, immer mehr Waffen in die Ukraine zu liefern, um angeblich den Krieg zu beenden. Sie tun so, als glaubten sie wirklich, dass es möglich ist, den Frieden in der Ukraine wiederherzustellen und einen allgemeinen Kriegsausbruch zu vermeiden, indem man die Zerstörungskraft der Waffen erhöht und andere Länder in den militärischen Konflikt mit hinein zieht. Krieg bis zum letzten Ukrainer und zur letzen Ukrainerin, scheint das Motto zu sein. Und im Hintergrund verdienen sich die Rüstungskonzerne eine Goldene Nase.

Der Krieg in der Ukraine könnte noch Jahre dauern, äußerte gestern NATO-Generalsekretär Stoltenberg beim Treffen der 30 Außenminister der Bündnisstaaten in Brüssel.

Es scheint, dass der US-Ökonom Jeffrey Sachs mit seiner Warnung Recht behält, dass die US-Regierung bereit sei, einen jahrelangen Krieg mit Tausenden von Toten in Kauf zu nehmen. "Die USA lassen nie endende Kriege wie in Afghanistan oder Libyen zu, solange sie nicht auf US-Gebiet stattfinden", so Jeffrey Sachs. Das sei unmenschlich – und auch nicht im Interesse Europas. [2]

Doch die Europäische Union und die Regierungen ihrer Mitgliedsländer spielen mit. Anstatt bei dem vergangene Woche stattgefundenen EU-China-Gipfel (1.4.) dafür zu werben, dass China und die EU gemeinsam mit Russland und der Ukraine nach Verhandlungslösungen suchen, droht die EU mit Konsequenzen, falls China die gegen Russland verhängten Sanktionen unterlaufe. Die EU signalisierte, dass sie bereit ist, an der Seite der US-Regierung in den neuen Kalten Krieg gegen Peking zu gehen.

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) kündigte beim NATO-Treffen in Brüssel an, dass sich die Bundesregierung mit Blick auf neue Waffenlieferungen auch Waffensysteme anschauen wolle, die man bisher nicht geliefert hat. Erst Helme und Lazarette, dann Panzerabwehrwaffen, schließlich Luftabwehrsystem und Schützenpanzer. Und demnächst? Schritt für Schritt werden NATO, EU und Deutschland in diesen Krieg gezogen und zu aktiven Akteuren in diesem Gemetzel. Bundeskanzler Scholz (SPD) verkündete gestern im Bundestag, dass "Russland nicht gewinnen" dürfe. Der Weg in die Rolle einer Kriegspartei und in eine unkontrollierbare Eskalation wird immer abschüssiger. So war es auch 1914.

"Im Grunde genommen ist es doch so: Entweder man glaubt, den Krieg gewinnen zu können, oder man arbeitet daran, den Krieg zu beenden. Man kann nicht beides tun. Der Versuch, den Krieg zu gewinnen, bedeutet den Weg in den dritten Weltkrieg, den Krieg zu beenden bedeutet einen Kompromiss zwischen denen die den Krieg führen. Es gibt keinen dritten Weg", sagt er Ex-Vorsitzende der italienischen Metallgewerkschaft, Giorgio Cremaschi.

Ein Tabu scheint es zu sein, Zugeständnisse an Moskau in Form des vom Kreml verlangten neutralen Status der Ukraine und eine Lösung des Konflikts in der Ostukraine auf Basis des Abkommens Minsk II ins Gespräch zu bringen. Dabei wäre das der einzig realistische Weg, Traumatisierung, Verwundung, Verlust der materiellen Existenz von Millionen Ukrainerinnen und Ukrainern und weitere Zerstörungen im Land zu verhindern und unzählige Leben zu retten.

Nach den schrecklichen Bildern aus Butscha ist es noch unwahrscheinlicher, dass es schnell zu einem Waffenstillstand kommt. Dabei sprachen ausgerechnet kurz vor der Veröffentlichung dieser Bilder sowohl die ukrainische wie die russische Seite von einem Fortschritt bei den Verhandlungen in Istanbul. Erstaunlich ist, dass das russische Militär die Spuren von Verbrechen an Zivilist*innen vor dem Abzug nicht verwischt haben soll. Im Umkehrschluss bedeutet das nicht, dass sie fingiert wurden. Entsprechende Schutzbehauptungen des Kreml waren erwartbar und auch die andere Seite führt einen Propagandakrieg, der eine Verhandlungslösung verhindern soll. Auf jeden Fall kurbeln die furchtbaren Bilder aus der Ortschaft die Waffenlieferungen der NATO-Länder an die Ukraine um ein Vielfaches an. (siehe Nikita Gerassimow auf kommunisten.de: "Ukrainisch-Russische Friedensverhandlungen: Warum ein Kompromiss derzeit kaum Chancen hat)

Die Ukrainerin Marija Hirt (der Name wurde zu ihrem Schutz geändert) schreibt in der Zeitung Freitag: " .. Menschen, die bis vor Kurzem nicht wussten, welcher Fluss durch Kiew fließt oder wo das Asowsche Meer liegt, versuchen, mich über mein Land zu belehren. Und wenn ich sage, dass der Krieg – der sofort aufhören muss – auch eine Vorgeschichte hat, ernte ich Erstaunen und Kopfschütteln: Ist das nicht Putin-Propaganda? Habe ich all die herzzerreißenden Bilder aus meiner Heimat nicht gesehen? Müsste nicht gerade ich es besser wissen? …Doch erst einmal ist offener Krieg. Wladimir Putin hat ihn begonnen. Für seinen Verlauf hat aber auch die ukrainische Seite eine Verantwortung, etwa für die Tragödie von Mariupol. Die Großstadt an der Küste ist 'strategisch wichtig'. Bewohnt wird sie überwiegend von Russen, denen Kiew nicht traut. Deshalb wurde hier nach 2014 das Asow-Regiment stationiert, die rechtsradikale Folgeorganisation des militanten Flügels vom 'Euromaidan' ist ja jetzt Teil der Armee. Trotzdem scheint Kiew die Stadt kaum halten zu können. Vergangene Woche sah Präsident Wolodymyr Selenskyj 'keine militärische Lösung'. Doch kurz darauf hieß es, Mariupol werde keinesfalls übergeben. Die Menschen aber wurden nicht gefragt, ob ihre Stadt einen Märtyrer-Endkampf führen soll. Wo seit 2014 das Verhältnis zur Regierung recht kühl war, entstehen jetzt Bilder, mit denen ebendiese im Westen heiße Emotionen mobilisiert. .." [3]

Und diese "heißen Emotionen" sollen das Denken ausschalten und die Todesbereitschaft fördern: "Wenn die Welt untergeht, weil wir der Ukraine helfen, dann soll es halt so sein!"

Nein Frau Frau Sadovska, Nein Herr Melnyk – wir sind nicht bereit, die Welt untergehen zu lassen, um der Ukraine zu helfen!
Im Interesse der Menschen in der Ukraine und der menschlichen Zivilisation setzen wir auf vernünftigere Lösungen. Und die gibt es!

 

Anmerkungen

[1] FAZ, 29.3.2022: "Eine Ukrainerin im Kanzleramt : Weltuntergang? Dann soll es halt so sein!"
https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/ukrainerin-im-kanzleramt-weltuntergang-nicht-ausgeschlossen-17919075.html

[2] Welt, 1.4.2022: Top-Ökonom Jeffrey Sachs "Die USA würden jahrelangen Krieg tolerieren. Sie würden viele Tote in Kauf nehmen"
https://www.welt.de/wirtschaft/plus237898261/Jeffrey-Sachs-zur-Ukraine-USA-wuerden-viele-Tote-in-Kauf-nehmen.html

[3] Freitag, Ausgabe 13/2022, Marija Hirt: "Ich bin Ukrainerin – und kann kein Blau-Gelb mehr sehen"
https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/die-deutschen-wollen-den-krieg-in-der-ukraine-gewinnen

Farkha Festival Komitee ruft zu Spenden für die Solidaritätsarbeit in Gaza auf

CfD communist solidarity dt
zum Text hier
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Dies ist ein Moment, der zum Handeln auffordert. Lassen Sie uns gemeinsam für die Menschlichkeit eintreten und denjenigen, die es am meisten brauchen, die dringend benötigte Hilfe bringen.

Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge

Spenden: https://donate.unrwa.org/gaza/~my-donation


 

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