Literatur und Kunst

26.02.2024 | aktualisiert 27.02.2024, 21:40: Dokumentarfilmpreis für "No Other Land" eines palästinensisch-israelischen Filmkollektivs ++ Berlinale-Stars fordern Waffenstillstand in Gaza ++ Pro-Israel-Lobby mit Schaum vor dem Mund ++ Der Geist der Inquisition und der Gestank von McCarthy im Deutschland des Jahres 2024 ++ CDU und SPD fordern Konsequenzen. Kultur kein Raum für "antiisraelische Statements"++ Yuval Abraham mit dem Tod bedroht

 

 

"Berlinale wird zur einseitigen Pro-Palästina-Show" empört sich die Jüdische Allgemeine über die Berlinale Preisverleihung am Samstag (25.2.).

Die Dokumentation "No Other Land" hat bei der Berlinale den Dokumentarfilmpreis gewonnen. In dem Film dokumentiert das palästinensisch-israelische Kollektiv um Basel Adra, Hamdan Ballal, Yuval Abraham und Rachel Szor den Abriss der palästinensischen Ortschaften Masafer Yatta im besetzten Westjordanland und die Vertreibung der Bewohner:innen durch die israelische Armee.

Berlinale2024 Film No other land

Trailer: https://www.antipodefilms.com/portfolio_page/no-other-land/

 

"Jetzt weiß ich warum die Welt Israelis hasst", sagte ein Zuschauer dem Journalisten Joshua Schultheis zufolge, nach der Vorführung.

Der Film gehe "unter die Haut" und zeige die "unmenschliche, ignorante Politik der israelischen Regierung", so die Jury. Jury-Mitglied Véréna Paravel hatte sich einen Zettel mit der Forderung nach einem Waffenstillstand an den Rücken geklebt, als sie Basel Adra und Yuval Abraham den mit 40.000 Euro dotierten Preis überreichte.

Berlinale2024 Verena Paravel uebergibt Preis an Basel Adra und Yuval Abraham

Die Preisverleihung wurde vom Publikum mit "Free Palestine"-Rufen gefeiert.

Basel Adra, der in Masafer Yatta geboren wurde, sagte, es sei für ihn sehr schwer zu feiern, während "Zehntausende meines Volkes in Gaza gerade getötet werden" und bekam dafür lautstarken Applaus. Er forderte Deutschland außerdem auf, keine Waffen mehr an Israel zu liefern.

"Da ich hier in Berlin bin, möchte ich Deutschland um eines bitten: die UN-Aufrufe zu respektieren und damit aufhören, Waffen nach Israel zu schicken."
Basel Adra

Berlinale2024 Rede Basel Adrahttps://twitter.com/Tarek_Bae/status/1761716595120886238

Der Israeli Yuval Abraham ging in seiner Rede auf die Diskriminierung der Palästinenser:innen ein und charakterisierte Israel als Apartheidstaat. Er forderte ein Ende der Besatzung und einen Waffenstillstand in Gaza.

"Ich bin Israeli, Basil ist Palästinenser, und in zwei Tagen werden wir in ein Land zurückkehren, in dem wir nicht gleich sind. Ich lebe unter zivilem Recht, Basil lebt unter militärischem Recht."
Yuval Abraham

Berlinale2024 Rede Yuval Abrahamhttps://twitter.com/RashadAlhindi/status/1761769147506004044

 

Die Jüdische Allgemeine kritisiert an der Preisverleihung wie auch dem im Oktober fertig gestellten Film, dass "die Hintergründe für die Besatzung des Westjordanlandes auf der Veranstaltung allerdings genauso ausgespart [wurden] wie die Hamas-Massaker vom 7. Oktober. "Der größte Massenmord an Juden seit dem Holocaust wird auch in »No Other Land« nur in einem Satz erwähnt."

Doch der Kontext für den 7. Oktober ist nicht der Holocaust, sondern die Besatzung und die Apartheid. "Die Opfer des 7. Oktobers wurden nicht wegen ihres Judentums getötet, sondern als Reaktion auf die Unterdrückung durch Israel", äußerte die UN-Sonderbeauftragte für die besetzten palästinensischen Gebiete, Francesca Albanese, in Entgegnung zu Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der die Attacke der Hamas als "größtes antisemitische Massaker unseres Jahrhunderts" bezeichnet hatte.

Aber gerade in Deutschland kann mit dem "größten Massenmord an Juden seit dem Holocaust" der israelische Vernichtungskrieg gegen die Palästinenser:innen in Gaza legitimiert und jede Kritik am israelischen Vorgehen als "antisemitisch" zurück gewiesen werden.

Der Geist der Inquisition und der Gestank von McCarthy im Deutschland des Jahres 2024.

Die Inquisitoren zur Aufspürung antisemitischer Äußerungen klagen die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Claudia Roth (Grüne), an, dass sie nach den Ausführungen von Basel Adra und Yuval Abraham geklatscht habe. Da hilft ihr auch nicht, dass sie erklärt: "Die Statements bei der Bärenverleihung der Berlinale am Samstagabend waren erschreckend einseitig und von einem tiefgehenden Israel-Hass geprägt". Deshalb schiebt sie nach, dass sie nur für den Israeli geklatscht habe, nicht für den Palästinenser. Ihr Social-Media-Team schreibt auf X: "Der Applaus von Claudia Roth galt dem jüdisch-israelischen Journalisten und Filmemacher Yuval Abraham, der sich für eine politische Lösung und ein friedliches Zusammenleben in der Region ausgesprochen hat." (https://twitter.com/BundesKultur/status/1762128051335279021)

Claudia Roth verteidigt ihr Klatschen, indem sie den Israeli absegnet, aber den Palästinenser, über den der Israeli sprach, zwischen den Zeilen opfert. Der Geist der Inquisition und das Gespenst von McCarthy im Deutschland des Jahres 2024.

 

Berlinale-Stars fordern Waffenstillstand in Gaza

Mehrere Gäste der Berlinale trugen am Samstagabend Kufiya. So auch der amerikanische Regisseur Ben Russel, als in einer anderen Kategorie sein Dokumentarfilm "Direct Action" ausgezeichnet wurde. In seiner Dankesrede sagte er: "Und natürlich stehen wir auch hier für das Leben und wir stehen gegen den Genozid und wir stehen für einen Waffenstillstand in Solidarität mit all unseren Genossen.“ Auch hierfür gab es starken Applaus.

Berlinale2024 Ben Russel

Auch die Schauspielerin Yasmine Al Massri erschien zur Pressekonferenz ihres Films "A Stranger’s Case" (Das Los des Fremden) mit Palästinenser-Tuch.
"Ich bin selbst als palästinensischer Flüchtling im Libanon geboren“, so die Schauspielerin. Sie kenne daher das Schicksal von Flüchtlingen. Ihre Forderung an das israelische Militär in Gaza: "Stellt das Feuer ein! Jetzt!"

Berlinale2024 Yasmine Al Massrihttps://www.berlinale.de/de/fotos-videos/videos/vod.html/o=desc/p=1/rp=40?l=254505


Der Film "The Stranger’s Case" von Regisseur und Aktivist Brandt Andersen (46) erzählt von syrischen Flüchtlingen. Hauptfigur ist die Kinderchirurgin Amira (Al Massri), deren Schicksal mit dem von fünf Familien auf vier Kontinenten verwoben wird. (https://www.berlinale.de/de/2024/programm/202403330.html)


Pro-Israel-Lobby mit Schaum vor dem Mund

Medien, CDU, SPD und Grüne sind empört über die "israelfeindlichen und antisemitischen Ausfälle" bei der Berlinale. Sie liegen damit auf einer Linie mit der ultra-rechten Regierung in Israel. Während Israels Verbrechen in Gaza dieser Tage auf ein beispielloses Ausmaß ansteigen – und dies mit aktiver Unterstützung der deutschen Regierung – bemühen sich deutsche Politiker und Medien gemeinsam im Versuch, jede Kritik am israelischen Vernichtungskrieg als "antisemitisch" abzutun.

"Jeder, der auf die Fakten hinweist, gilt heutzutage als Judenhasser"
Sheren Falah Saab in der israelischen Zeitung Haaretz, 26.2.2024

"Jeder, der auf die Fakten hinweist, gilt heutzutage als Judenhasser", schreibt Sheren Falah Saab in der israelischen Zeitung Haaretz. "Kritiker der Besatzung als Antisemiten zu bezeichnen, ist ein Muster, das vom rechtsextremen Agitator Ben-Gvir und seinesgleichen übernommen wurde."

Dieses von Falah Saab genannte Muster zeigt sich anschaulich in den Reaktionen auf den Galaabend der Berlinale.

In den Tagesthemen werden die Preisträger Yuval Abraham und Basel Adra vom Sprecher "Täter“ genannt. Und bei Berlins Kultursenator Joe Chialo (CDU) wird die Kufiyah zum Zeichen des Antisemitismus. (https://twitter.com/i/status/1762420821752971444)

 

"Der entsetzliche Missbrauch dieses Wortes durch Deutsche, nicht nur um palästinensische Kritiker Israels zum Schweigen zu bringen, sondern auch um Israelis wie mich zum Schweigen zu bringen, entleert das Wort Antisemitismus seiner Bedeutung und gefährdet damit Juden in der ganzen Welt.
Yuval Abraham


Yuval Abraham wird mit Tod bedroht

Yuval Abraham wird nach seinen Äußerungen in Berlin und der Berichterstattung in den Medien mit dem Tod bedroht. Er schreibt auf X, dass ein rechtsgerichteter israelischer Mob zum Haus seiner Familie kam, um nach ihm zu suchen. Er erhalte Morddrohungen und musste seinen Rückflug stornieren.

 

"Ein rechtsgerichteter israelischer Mob kam gestern zum Haus meiner Familie, um nach mir zu suchen, und bedrohte enge Familienmitglieder, die mitten in der Nacht in eine andere Stadt flohen. Ich erhalte immer noch Morddrohungen und musste meinen Rückflug stornieren. Dies geschah, nachdem israelische Medien und deutsche Politiker meine Preisverleihungsrede auf der Berlinale - in der ich die Gleichberechtigung zwischen Israelis und Palästinensern, einen Waffenstillstand und ein Ende der Apartheid forderte - absurderweise als "antisemitisch" bezeichneten.

Der entsetzliche Missbrauch dieses Wortes durch Deutsche, nicht nur um palästinensische Kritiker Israels zum Schweigen zu bringen, sondern auch um Israelis wie mich zum Schweigen zu bringen, die einen Waffenstillstand unterstützen, der das Töten in Gaza beenden und die Freilassung der israelischen Geiseln ermöglichen würde, entleert das Wort Antisemitismus seiner Bedeutung und gefährdet damit Juden in der ganzen Welt.

Da meine Großmutter in einem Konzentrationslager in Libyen geboren wurde und der größte Teil der Familie meines Großvaters von Deutschen im Holocaust ermordet wurde, finde ich es besonders empörend, dass deutsche Politiker im Jahr 2024 die Dreistigkeit besitzen, diesen Begriff in einer Weise gegen mich zu verwenden, die meine Familie gefährdet.

Vor allem aber bringt dieses Verhalten das Leben des palästinensischen Co-Regisseurs Basel Adra in Gefahr, der unter einer militärischen Besatzung umgeben von gewalttätigen Siedlungen in Masafer Yatta lebt. Er ist in weitaus größerer Gefahr als ich.

Ich freue mich, dass unser preisgekrönter Film No Other Land eine wichtige internationale Debatte zu diesem Thema auslöst - und ich hoffe, dass Millionen von Menschen ihn sehen werden, wenn er dieses Jahr in die Kinos kommt. Wir haben den Film gemacht, um eine Diskussion anzustoßen. Man kann harte Kritik an dem üben, was ich und Basel auf der Bühne gesagt haben, ohne uns zu verteufeln. Wenn es das ist, was Sie mit Ihrer Schuld für den Holocaust tun - ich will Ihre Schuld nicht."

Yuval Abraham, 27.2.2024, https://twitter.com/yuval_abraham/status/1762558886207209838

 

 

"Berlinale für ideologische Hetze gegen Israel und Juden missbraucht."
Zentralrat der Juden in Deutschland

Der israelische Botschafter Ron Prosor kritisierte die deutsche Kulturszene insgesamt. Diese habe "einmal mehr" ihre Einseitigkeit gezeigt, indem Künstlern der rote Teppich ausgerollt worden sei, die sich für die Deligitimierung des Staates Israels einsetzten, so Prosor.

"Auf der Berlinale wurden antisemitische und israelfeindliche Äußerungen mit tosendem Applaus bedacht. Es scheint, dass die Lektion aus der Documenta nicht begriffen wurde", schrieb Prosor am Sonntagabend auf X. "Unter dem Deckmantel der Rede- und Kunstfreiheit" werde "antisemitische und antiisraelische Rhetorik zelebriert".

Der Zentralrat der Juden in Deutschland bläst in das gleiche Horn: "Applaus für Hasstiraden gegen Israel, antisemitische Postings, zahlreiche antizionistische Störaktionen. Mit der Berlinale wurde schon wieder eine der wichtigsten Kulturveranstaltungen in Deutschland für ideologische Hetze gegen Israel und Juden missbraucht." Sein Präsident, Josef Schuster, sagte weiter: "Ich erwarte von den politischen Verantwortlichen endlich klare Positionierungen und Konsequenzen für die Kulturförderung." Schuster spielt dabei darauf an, dass der Bund die Berlinale mit 12,6 Millionen Euro fördert.

"Diese Berlinale-Preisverleihung ist verstörend. Unwidersprochen ist von Genozid die Rede, viele Palästinensertücher und Soli-Bekundungen. Der Terror der Hamas findet mal wieder bei einer Kulturveranstaltung kaum Erwähnung. Und im Saal wird kräftig applaudiert", lamentiert der Chefredakteur des Berliner Tagesspiegel, Christian Tretbar.

Auch der Redakteur der Zeitung Welt, Frederik Schindler, empört sich: "Wenn man Israel einen Genozid vorwirft, also die gezielte und planmäßige Verfolgung und Ermordung einer Bevölkerungsgruppe, wird einem auf der Berlinale-Preisverleihung nicht widersprochen – man wird dort für diese bösartige und falsche Anschuldigung bejubelt."

Dem Redakteur für Innenpolitik eines der deutschen "Leitmedien" scheint völlig entgangen zu sein, dass der Internationale Gerichtshof IGH zumindest einige der von Südafrika gegen Israel vorgebrachten Gründe für einen Völkermord an den Palästinensern für so "plausibel" hält, dass er sofortige vorsorgliche Maßnahmen gegen Israel verhängt hat. (siehe kommunisten.de, 8.2.2024: Entscheidung des IGH stürzt Bundesregierung ins Dilemma: Völkerrecht oder Unterstützung Israels)

Frederik Schindler kritisiert die Forderung des Regisseurs Basel Adra, keine Waffen mehr an Israel zu liefern, "was einem Bruch dieser Beziehungen gleichkäme". "Waffenlieferungen an Israel spielen seit Jahrzehnten eine wichtige Rolle in den deutsch-israelischen Beziehungen. Der Regisseur Basel Adra fordert auf der Berlinale auf, keine Waffen mehr an Israel zu liefern, was einem Bruch dieser Beziehungen gleichkäme – und wird bejubelt", erbost sich Schindler.

Es sind aber nicht nur die Künstlerinnen und Künstler, die den Stopp der Waffenlieferungen an Israel verlangen. "Jegliche Lieferung von Waffen oder Munition an Israel, die im Gazastreifen eingesetzt werden könnten, dürfte gegen das humanitäre Völkerrecht verstoßen und muss sofort gestoppt werden", fordern UN-Expert:innen in einer Erklärung vom 23. Februar. (https://www.ohchr.org/en/press-releases/2024/02/arms-exports-israel-must-stop-immediately-un-experts)

Der Grünen-Bundestagsabgeordnete und stellvertretende Fraktionsvorsitzende, Konstantin von Notz, findet die Forderungen nach einem Waffenstillstand und den Vorwurf des Völkermordes auf der Berlinale "ekelhaft". "Es ist schlicht ekelhaft und eine perfide Täter-Opfer-Umkehr“, schrieb der Innenpolitiker auf der Plattform X. Die nahezu 30.000 getöteten Palästinenser:innen, über 13.000 davon Kinder, sind für Notz dann wohl alles "Täter" und keine "Opfer". Er liegt damit voll auf der Linie der Faschisten in der Netanjahu-Regierung, für die es in Gaza "keine Unschuldigen gibt". Eine Position, die ein Tobias Huch auch in der Jüdischen Allgemeinen vertreten hat. "Die Zivilisten in Gaza sind nicht unschuldig", schrieb er am 18. Januar und gab alle palästinensischen Zivilist:innen zu angemessenen Zielen israelischer Bomben frei.

CDU und SPD fordern Konsequenzen. Kultur kein Raum für "antiisraelische Statements"

Der Vorsitzende des Kulturausschusses im Bundestag, Marco Wanderwitz (CDU), schrieb auf X: "Diese Berlinale müssen wir als Bundeskulturpolitik sehr genau auswerten.“ Auf der Bühne und im Publikum habe "es leider mehrfach unwidersprochen antiisraelische Statements" gegeben, die in Deutschland nicht zu akzeptieren seien. "Das geht so nicht; mit Kunstfreiheit hat das nichts zu tun", schreibt der Abgeordnete.

"Außerdem anrüchig neben Berlinale: Documenta, Kulturszene insgesamt, globaler Süden, Postkoloniale Theorie, Menschenrechtsorganisationen, Internationale Gerichtshöfe, kritische Jüdinnen und Juden, Filmemacher*innen, Nahostwissenschaftler*innen… to be continued"
René Wildangel, Dozent für Geschichte des Nahen Ostens an der International Hellenic University in Thessaloniki, 2012 bis 2015 Leiter des Regionalbüros Palästina und Jordanien der Heinrich-Böll-Stiftung

 

Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) fordert Maßnahmen der neuen Berlinale-Festivalleitung. "Das, was gestern auf der Berlinale vorgefallen ist, war eine untragbare Relativierung“, schrieb Wegner am Sonntag auf X. "In Berlin hat Antisemitismus keinen Platz, und das gilt auch für die Kunstszene. Ich erwarte von der neuen Leitung der Berlinale, sicherzustellen, dass sich solche Vorfälle nicht wiederholen.“ Über den Krieg im Nahen Osten schrieb Wegner: "Die volle Verantwortung für das tiefe Leid in Israel und dem Gazastreifen liegt bei der Hamas.“

Der britisch-amerikanische Journalist Mehdi Hasan dazu: "Der Bürgermeister von Berlin, der kein Jude ist, beschuldigte diesen israelisch-jüdischen Journalisten [Anm.: gemeint ist Yuval Abraham] des Antisemitismus (weil er dokumentierte Fakten von Menschenrechtsgruppen zitierte) und warnte die Berlinale, solche Reden nicht noch einmal zuzulassen."

Berlinale2024 Buschmann strafrechtliche Konsequenzen

 

Bundesjustizminister Buschmann (FDP) wird in einem ZEIT-Artikel mit den Worten zitiert, dass auf der Berlinale "Antisemitismus viel zu unwidersprochen geblieben ist”. Buschmann droht "strafrechtlichen Konsequenzen". Es ist fast nicht mehr zu übertreffen, wenn ausgerechnet ein deutscher Justizminister unter anderem einen regierungskritischen jüdischen Israeli, der einen Großteil seiner Familie im Holocaust verloren hat, zum Antisemiten erklärt und mit "strafrechtlichen Konsequenzen" droht. Ein Vorwurf, der neben seiner offensichtlichen Gehaltlosigkeit und Anmaßung zugleich direkte Konsequenzen sowohl für den jüdischen und als auch den palästinensischen Regisseur hat. Sie und ihre Familien werden von faschistischen, der Netanajhu-Regierung nahestehende Mobs mit dem Tode bedroht.

Für Berlins Kultursenator Joe Chialo (CDU) war die Preisverleihung "von selbstgerechter antiisraelischer Propaganda" geprägt. Er bezieht sich dabei darauf, dass auf die Tatsachen des in Echtzeit übertragenen laufenden Massenmords in Gaza durch Israel oder die ethnische Säuberung im besetzten Westjordanland hingewiesen wurde. Auch Joe Chialo sieht die Festivalleitung in der Pflicht: "Die Kultur sollte Raum für vielfältige politische Meinungsäußerungen bieten, doch die diesjährige Preisverleihung der Berlinale war geprägt von selbstgerechter antiisraelischer Propaganda, die nicht auf die Bühnen Berlins gehört. Es ist zu hoffen, dass die Festivalleitung die Vorfälle konsequent aufarbeitet", schrieb Chialo am Sonntag auf X. Derartige antisemitische Veranstaltungen dürften nicht mehr mit öffentlichen Geldern unterstützt werden, sagte er den Tagesthemen.

Auch die medienpolitische Sprecherin der Berliner SPD, Melanie Kühnemann-Grunow, kritisierte die Vorkommnisse auf der Preisverleihung. "Bei manchen Kulturschaffenden gibt es offenbar eine mangelnde Fähigkeit, zu differenzieren - und auch das Leid Israels zu sehen", so Kühnemann-Grunow. "Mir fehlte die kritische Sicht auf den 7. Oktober und die Anerkennung, dass dieser Tag für den israelischen Staat traumatisch war." Die SPD-Politikerin kritisierte, dass die Forderung nach einer Freilassung israelischer Geiseln nur in einem kurzen Redebeitrag der Festival-Leiterin Mariette Rissenbeek zu Beginn der Preisverleihung eine Rolle spielte.

"Ich finde schon, dass ein Schaden für die Berlinale entstanden ist - ob man das heilen kann, wird sich zeigen", sagte die SPD-Politikerin und zeigte der Berlinale die gelbe Karte, indem sie darauf verwies, dass das Filmfestival zwei Millionen Euro aus dem Berliner Landeshaushalt erhalte. "Für uns ist auch entscheidend: Was hat Berlin von der Berlinale? Wenn da ein Schaden entsteht, müssen wir ja am Ende damit leben."

Bei soviel Staatsräson kann auch die Fraktionsvorsitzende der Linkspartei im Berliner Abgeordnetenhaus, Anne Helm, nicht zurückstehen.Zwar begehe Israel in Gaza Kriegsverbrechen und es brauche einen sofortigen Waffenstillstand und die Freilassung aller Geiseln, aber sie verwehrt sich dagegen, dass von einem Völkermord gesprochen wurde. Sie kritisierte außerdem, dass die "Geiseln und Opfer der Terroroffensive keine Erwähnung" gefunden hätten. Zwar sei es "verständlich und legitim", wenn Künstlerinnen und Künstler die ihnen gebotene Bühne nutzten, um sich gegen den "verheerenden Krieg in Gaza" zu positionieren, "dem Tausende Unschuldige zum Opfer fallen". "Beim unwidersprochenen Vorwurf eines planvollen Genozids ist aber eine Grenze überschritten", so Helm.

Nachdem Claudia Roth, Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, klargestellt hatte, dass ihr Beifallsklatschen nur dem jüdischen Israeli Yuval Abraham und nicht dem Palästinenser Basel Adra gegolten hat, kündigte sie an, dass die "Vorkommnisse" aufgearbeitet werden: "Gemeinsam mit dem Regierenden Bürgermeister von Berlin, Kai Wegner, und dem Berliner Senat, die mit uns die Verantwortung für die Berlinale tragen, werden wir nun die Vorkommnisse bei der Bärenverleihung aufarbeiten". Es solle untersucht werden, wie die Berlinale ihrem Anspruch, ein Ort für Vielfalt, unterschiedliche Perspektiven und Dialog zu sein, gerecht geworden sei oder nicht. Dabei will Roth auch klären, "wie zukünftig sichergestellt werden kann, dass die Berlinale ein Ort ist, der frei ist von Hass, Hetze, Antisemitismus, Rassismus, Muslimfeindlichkeit und jeder Form von Menschenfeindlichkeit".

Die Festivalleitung entschuldigt schon mal vorsorglich: "Wir verstehen die Empörung darüber, dass die Erklärungen einiger Preisträger als zu einseitig und in einigen Fällen als unangemessen empfunden wurden. Wir haben im Vorfeld und während unseres Festivals sehr deutlich gemacht, wie die Berlinale zum Krieg im Nahen Osten steht und dass wir einseitige Positionen nicht teilen." (https://www.berlinale.de/en/2024/news-press-releases/254826.html)

Im Klartext: Neben Wissenschaft und Medien wird auch der Kulturbereich auf die "bedingungslose Solidarität mit Israel" als "Staatsräson" ausgerichtet. Den internationalen Kulturschaffenden wird signalisiert: Am deutschen Wesen, soll die Welt genesen.

Nach den Ausfällen gegen die Berlinale - und die documenta fifteen im Sommer 2022 - steht fest: Deutschland kann keine internationalen Kulturfestivals ausrichten. In dieser deutschen Provinzialität bleibt dann nur noch das Oktoberfest in München als internationaler Event und kultureller Höhepunkt.

Es wird einsam um Deutschland. Und Deutschland steht wieder einmal auf die falsche Seite der Geschichte.

Farkha Festival Komitee ruft zu Spenden für die Solidaritätsarbeit in Gaza auf

CfD communist solidarity dt
zum Text hier
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Friedfertig statt kriegstüchtig – Strategien für eine Politik jenseits der KriegslogikLogo Friedensratschlag Kassel

Friedenspolitischer Ratschlag am 30. November und 1. Dezember 2024 in Kassel
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UNRWA Gazakrieg Essenausgabe

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Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge

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