10.04.2018: Am Sonntag wählte Ungarn ein neues Parlament. Die nationalistische und rassistische Fidesz-Partei von Premier Viktor Orbán kam auf 48,5 Prozent der Stimmen. Stärkste Oppositionspartei wurde die faschistische Jobbik (Die Besseren) mit 26 Sitzen, gefolgt von der Ungarischen Sozialistischen Partei (MSZP) mit 20 Mandaten. Die grüne Partei "Politik kann anders sein" (LMP) kam auf 6,9 und die linksliberale Demokratische Koalition (DK) auf 5,6 Prozent. Momentum Mozgalom (Momentum Bewegung), eine im Jahr 2017 aus der Bürgerbewegung gegen die regierungsunterstützte Bewerbung Budapests für die Olympischen Sommerspiele entstandene Partei, kommt auf 2,82 Prozent.
Wahlbeobachter*innen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) haben die fremdenfeindliche Stimmung im ungarischen Wahlkampf und eine unausgewogene Medienberichterstattung kritisiert. Der Zugang zu Informationen und die Presse- und Versammlungsfreiheit seien eingeschränkt worden. Im Wahlkampf hatte Orbán die Migration zum fast ausschließlichen Thema gemacht. In der Kampagne hatte Orbán behauptet, dass die EU, die UN und der amerikanische Milliardär George Soros Pläne verfolgen würden, um Zehntausende Migranten in Ungarn anzusiedeln und das Land zum "Einwanderungsland" zu machen. Nur wenn er weiterregiere, könne dies verhindert werden.
Die "einschüchternde und fremdenfeindliche Rhetorik, voreingenommene Medien und undurchsichtige Wahlkampffinanzierung" hätten den Spielraum für "echte politische Debatten" vor der Wahl eingeschränkt, teilte die OSZE in Budapest mit. Dazu kommt, dass das Wahlsystem auf Orbáns Fidesz zugeschnitten ist. Von den 199 Abgeordneten wurden 106 in Einzelwahlkreisen nach Mehrheitsprinzip gewählt. In vielen Wahlkreisen gewannen Fidesz-Kandidaten nur mit relativer Mehrheit, die Stimmen der oppositionellen Kandidaten lagen zusammengenommen teilweise deutlich darüber.
Gregor Gysi, Vorsitzender der Partei der Europäischen Linken (EL)
erklärt zum Ausgang der Wahl in Ungarn:
Mit der erneuten Wahl von Viktor Orbán und seiner rechtsnationalen Fidesz-Partei mit 48,5% der Stimmen und entsprechend einem eher merkwürdigen Wahlrecht erreichte die Partei 134 Mandate in einem 199-sitzigen Parlament und damit eine verfassungsändernden Zweidrittelmehrheit. Der Konfrontationskurs seiner bisherigen achtjährigen Amtszeit wird bestehend aus Abschottungspolitik, der Einschränkung von Medienfreiheit und Bürgerrechten sowie des mutmaßlichen Missbrauchs von EU-Fördergeldern und der Aushöhlung des Rechtsstaats fortgeführt.
Durch die Inszenierung als EU-kritischer Populist und der Fokussierung auf das Thema Einwanderung hat er die Mehrheit der ungarischen Bevölkerung gewonnen. Wir stehen an der Seite derjenigen, die der Bevölkerung im Gegenzug konkrete Schritte vorschlagen, wie man die Welt wirklich gerechter gestalten kann. Die Linke hat eine besondere Aufgabe in Europa: Sie muss das Gegenüber zur Rechtsentwicklung werden. Dazu brauchen wir den Mut zur wirklichen Auseinandersetzung. Gerade im postsowjetischen Raum ist das Gefühl als Verlierer der Geschichte und als Menschen zweiter Klasse dazustehen besonders ausgeprägt. Das hat zur Folge, dass ein Teil sich Menschen dritter Klasse sucht. Es ist verständlich, dass man nicht ganz unten stehen will, aber gegen noch Ärmere zu sein, ist und bleibt falsch.
Statement der Europäischen Linkspartei, 9.4.2018