20.12.2019: Im Rahmen des 6. Kongresses der Europäischen Linken vom 13. -15. 12. 2019 im Benalmádena/Málaga fand ein Frauen-Treffen statt, an dem neben Delegierten und Vertreterinnen von feministischen Gruppen auch internationale Gäste teilnahmen.
Frauen aus Europa berichteten über die Situation in ihren Ländern. Entsprechend des beim Europäischen Forum in Brüssel verfassten Manifests "Frauen gemeinsam für soziale- und Klimagerechtigkeit und für die Gleichstellung. Dafür kämpfen beim Frauen-Streik 8. März" wurden die Vorbereitungen der einzelnen Länder vorgestellt. Da der nächste Internationale Frauentag auf einen Sonntag fällt, liege es nahe, den Schwerpunkt des Frauenstreiks in den Care-Bereich zu legen und Pflegekräfte zu mobilisieren.
Judith Benda (DIE LINKE) merkte an, dass der 8. März in Berlin seit 2019 ein Feiertag sei, dieser Erfolg jedoch dahingehend kritisiert werde, dass der feministische Kampf- und Streiktag zu einem Partytag gemacht werde. Ergänzt werden müsste bei den Vorbereitungen aus ihrer Sicht insbesondere in Deutschland der Aspekt der Kämpfe von Frauen gegen Krieg und Militarisierung. Dies sei mit Ursula von der Leyen als neuer EU-Präsidentin wichtiger denn je.
Die marokkanische Vertreterin der dortigen marxistischen Partei »Demokratische Stimme Marokkos« wies auf die Notwendigkeit hin, den 8. März unbedingt als Kampftag zu begreifen und möglichst mit der gesamten Arbeiter*innenbewegung gemeinsam zu streiken. Die Frauen in Marokko litten vor allem unter den sozialen und ökonomischen Problemen, dies habe nichts mit dem muslimischen Glauben zu tun, sondern die Ursachen lägen im Kapitalismus.
Ergänzend hierzu präzisierten italienische Genossinnen, dass wir marxistisch-feministisch seien. Klasse, Geschlecht und Herkunft seien Ursachen für Unterdrückung. Der Frauen-Streik müsse verbunden sein mit Forderungen nach einem anderen Europa, gegen Nationalismus und Neoliberalismus. Und die Forderungen der Fridays for Future-Bewegung seien auch die des feministischen Kampfes.
Der einzige Mann bei der Versammlung war ein Genosse aus dem Iran, der erklärte, dass es nach der "islamischen Revolution" im Iran viele Formen der Diskriminierung gebe. Die ersten Opfer seien die Frauen gewesen. Frauen würden bestraft, wenn sie "falsch" angezogen seien, Gefängnisstrafen von mehr als 20 Jahren könne es dafür geben. Männer, die die Frauen verteidigen, würden ebenfalls inhaftiert. Feministinnen, die am 8. März in der U-Bahn Blumen an Frauen verteilt hatten, seien gefangen genommen worden.
Video von einer Aktion mutiger Frauen am 8. März 2019 in Teheran |
Den Frauen sei es inzwischen zwar erlaubt, Fußball zu gucken, aber sie bräuchten für alles eine Erlaubnis ihres Ehemanns. Das Mindestalter für eine Heirat liege bei 14 Jahren, viele Mädchen würden verkauft werden. Polygamie sei für Männer erlaubt; Frauen hätten kein Recht, sich scheiden zu lassen. Eine Scheidung sei nur möglich, wenn der Mann dem zustimme. Dann blieben aber die Kinder in jedem Fall bei ihm.
In Kolumbien sei im Rahmen der Friedensverhandlungen die Frage der Geschlechtergerechtigkeit ein wichtiger Aspekt. Es gebe eine starke Frauenbewegung. Der Klassenkampf sei ohne Berücksichtigung der feministischen Kämpfe nicht möglich. "no class-struggle without gender-struggle!"
Iliana Hernandez von der Kommunistischen Partei Cubas konnte von Erfolgen für die Frauen in ihrem Land sprechen: Der Frauenanteil im Staatsrat liege bei 53 %, über 60 % aller Studierenden seien weiblich. Cuba sei eines der ersten Länder gewesen, das die UN-Resolution für die Rechte der Frauen unterzeichnet habe. Das Gesundheits- und Bildungssystem, sowie eine gute Kinderbetreuung seien wichtige Grundpfeiler für eine emanzipatorische Gesellschaft. Frauen seien von Beginn der Revolution an präsent gewesen und seien es im Kampf zur Verteidigung der Revolution weiterhin. Iliana Hernandez betonte ihre Solidarität mit den Kämpfen der Frauen in Europa.
Aus europäischer Sicht ähnelten sich erschreckend die Berichte über weibliche Armut und Gewalt gegen Frauen. Patriarchale Strukturen innerhalb des Kapitalismus führen zur alltäglicher Unterdrückung von Frauen, zu verdeckter "häuslicher Gewalt" und enden tausendfach in Mord. Dieser Femizid werde in den lokalen Medien auf "familiäre Konflikte" oder "Beziehungstaten" klein geschrieben. Diese Verbrechen müssten endlich als Morde, als Femizid skandalisiert werden.
In Deutschland sind getötete Frauen dann eine Schlagzeile wert, wenn es sich um einen sogenannten "Ehrenmord" handelt. Verabscheuungswürdig, aber vermeintlich weit entfernt von der Mehrheitsgesellschaft und Wasser auf die Mühlen der Rassist*innen. Und es lenkt davon ab, wie die reale Situation von Frauen auch in unserem Land ist. Zum Beispiel das eingeschränkte Recht auf Abtreibung und aktuell das Verbot für Ärzt*innen überhaupt darüber informieren zu können (§ 219a), mangelhafte Maßnahmen gegen Zwangsprostitution, ungleicher Lohn, alltägliche Gewalt gegen Frauen, ...
Um den feministischen Kernaussagen für den weiteren Verlauf des Kongresses der Europäischen Linken Nachdruck zu verleihen, verständigten sich die Frauen auf einen Flashmob.
Die in Chile im Herbst 2019 entstandene Protest-Performance "Un violador en tu comino" (Ein Vergewaltiger auf deinem Weg), weist auf die Verletzungen der Rechte der Frauen hin. Das Lied prangert nicht nur Gewalt gegen Frauen an, sondern auch die Mittäterschaft des Staates; Polizei, die Richter und der Staat sind mitschuld an Feminiziden, Vergewaltigung und gewaltsamem Verschwindenlassen.
Bericht vom Kongress: 6. Kongress der Europäischen Linken: "mehr Partei" werden |
Dieses Lied hat sich innerhalb weniger Tage weltweit verbreitet und wurde in vielen Städten der Welt im Rahmen des Internationalen Tages gegen Gewalt an Frauen, dem 25. November, auf Straßen, in Einkaufszentren, auf öffentlichen Plätzen aufgeführt. In Istanbul wurde die Frauen-Demonstration, in der auch dieses Lied gesungen und getanzt wurde, mit Polizeigewalt und Tränengaseinsatz beendet.
Dass die von ihnen geschriebenen Zeilen nun in aller Welt widerhallen, davon waren die vier Urheberinnen, Daffne Valdés, Sibila Sotomayor, Lea Cáceres und Paula Cometa, selbst überrascht. "Wir glauben, es hängt damit zusammen, dass das Lied einen gemeinsamen Kampf anspricht, in Lateinamerika, Europa, Asien, Ozeanian, Afrika. Einen Kampf, den wir leider immer noch führen müssen, und deswegen hat das Lied so eingeschlagen”, meinten Sotomayor und Valdés gegenüber Deutsche Welle.
In Málaga beim EL-Kongress wurde mit dem Flashmob ein Zeichen der Solidarität mit den chilenischen Frauen und mit allen Feministinnen dieser Welt gesetzt.
Für Europa ist ein "reset" und ein "go left" notwendig, um die Frauen- und Menschenrechte durchzusetzen.
A woman‘s place is in the revolution!
txt: Inge Scharna, Delegierte der marxistischen linken zum EL-Kongress
mehr zum 6. Kongress der Europäischen Linken auf kommunisten.de
- 6. Kongress der Europäischen Linken: "mehr Partei" werden
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