Linke / Wahlen in Europa

22.03.2024: Vorgezogene Wahlen im Ergebnis eines Coups der Rechten ++ Portugals Wirtschaftswunder mit Schattenseiten ++ Strukturwandel: Das Alentejo der Kommunisten existiert nicht mehr ++ Rechtsrutsch, die Linke insgesamt verliert ++ PCP kein Mandat mehr im Alentejo  ++ ultrarechte Chega adressiert die Unzufriedenen und vervierfacht ihre Mandate ++ Linksblock lädt die anderen linken Parteien zu Gesprächen ein, um "Konvergenz" zu schaffen ++ am 25. April gemeinsam auf die Straße

 

 

Die Auszählung der Stimmen der Auslandsportugiesen für die vier Mandate in den Wahlkreisen Europa und Außereuropa am Mittwoch (20.3.) hat am Ergebnis der Parlamentswahl nichts mehr geändert.

Die Demokratische Allianz AD [1] hat mit 28,84% der Stimmen und 80 Abgeordneten gewonnen.

Die bisher regierende Sozialistische Partei PS wurde mit 28% und 78 Abgeordneten zweitstärkste Partei. Bei der Wahl 2022 hatte die PS mit 41,37% und 120 Mandaten noch eine Mehrheit im 230 Sitze umfassenden Parlament erobert.

Die erst vor fünf Jahren gegründeten ultrarechte, rassistische Chega kommt mit 18,07% auf 50 Sitze, und kann damit ihre parlamentarische Vertretung mehr als vervierfachen( 2022: 7,18% und 12 Sitze). André Ventura, ihr Anführer, ein Jurist, ehemaliger Seminarist und ehemaliger Fußballkommentator, hat es geschafft, einen Teil der chronischen Wahlabstinenzler zu überzeugen und zu mobilisieren, indem er sich vor allem in den Augen der jungen Leute mit dem Slogan "Säubere das Land von Korruption und Degradierung" einen Namen machte. Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und der Migration, die Wiedereinführung lebenslanger Haftstrafen, die Senkung der Steuern und die "Aufwertung der Rolle der Familie in der Gesellschaft" waren die Hauptbotschaften seiner Kampagne.

POR Chega Wahlerfolg 1

Die viertstärkste politische Kraft ist die Liberale Initiative (IL) mit 4,94% und acht Sitzen, gefolgt vom Linksblock BE, der 35.000 Stimmen dazugewonnen und mit 4,91% seine fünf Mandate verteidigt hat.

Die CDU, das Bündnis der Portugiesischen Kommunistischen Partei PCP mit der ökologischen Partei Os Verdes PEV, schrumpft auf 3,17% und kommt nur noch auf vier Mandate, wobei die PEV nun keinen Abgeordneten mehr hat (2022: 4,30% und 6 Sitze). Bei den ersten demokratischen Wahlen 1975 kam die PCP mit 12% der Stimmen noch auf 30 Abgeordnete.

Die links-grüne Partei Livre kommt mit 3,16 % auf nunmehr vier Mandate, ein Zuwachs um drei Mandate.

Die linksorientierte Partei Mensch-Tier-Natur PAN behielt mit 1,95% den Sitz, den sie 2022 gewonnen hatte.

Die Wahlbeteiligung der 10.818.226 Wahlberechtigten war mit 59,84% die höchste seit den portugiesischen Parlamentswahlen 2011.

POR Wahlergebnis 2024 03 10

 

Komplizierte Regierungsbildung

POR AD Luis MontenegroStaatspräsident Marcelo Rebelo de Sousa ernannte den Chef der Demokratischen Allianz, Luis Montenegro, noch am Mittwochabend umgehend nach der Auszählung der Auslandsstimmen zum neuen Ministerpräsidenten des Landes. Die AD hat die Parlamentswahlen zwar knapp gewonnen, eine Regierungsmehrheit aber deutlich verfehlt. Luis Montenegro hat wiederholt erklärt, er werde nicht mit den Rechtspopulisten der Partei Chega verhandeln, so dass er nur eine Minderheitsregierung bilden könnte.

 

"Wir haben das Lager der Linken, das mehr Stimmen und mehr Mandate hat als das Lager der demokratischen Rechten, AD und IL, und wir haben das Lager von Chega, mit dem alle gesagt haben, dass sie mit denen nicht über eine Regierung verhandeln würden", sagte der Sprecher von Livre, Rui Tavares. Er setzte hinzu, dass die Demokratische Allianz (AD) und die Liberale Initiative (IL) "ein für alle Mal klären müssen, ob sie politisch oder rechnerisch auf Chega setzen", angesichts des Szenarios der großen Unsicherheit, in dem sich die portugiesische Politik nach den Parlamentswahlen befindet. Die Linke sei "der geschlossenste und breiteste Block, um eine Regierungslösung zu finden. Die Rechte und die extreme Rechte können gemeinsam eine linke Regierung ablehnen, wie es 2015 geschah, aber auch umgekehrt."

Die Koordinatorin des Linksblocks, Mariana Mortágua, sagte, dass "es einen Rechtsruck gibt, es gibt keine linke Mehrheit im Parlament". Deshalb werde die Partei "eine Oppositionsposition einnehmen".

Vorgezogene Wahlen im Ergebnis eines Coups der Rechten

Die vorgezogenen Wahlen am 10. März waren nach dem Rücktritt des ehemaligen portugiesischen Ministerpräsidenten Antonio Costa (SP) und die darauffolgende Parlamentsauflösung notwendig geworden. Costa war im November 2023 wegen Korruptionsermittlungen der portugiesischen Staatsanwaltschaft gegen ihn und sein Umfeld zurückgetreten.

Wenige Wochen später stellte sich heraus, dass der sozialistische Ministerpräsident Antonio Costa Opfer einer "Namensverwechslung" durch die portugiesische Staatsanwaltschaft war, denn ermittelt wurde gegen den Wirtschaftsminister António Costa Silva. Politische Beobachter sprechen in diesem Zusammenhang eher von einem Staatsstreich, da folgend auch die Korruptionsermittlungen insgesamt gegen alle Verdächtigten wegen fehlender Beweise zusammengebrochen sind.

Staatspräsident Marcelo Rebelo de Sousa von der rechten PSD, die in der Wahlallianz Aliança Democrática (AD) aufging, hatte jedoch bereits Neuwahlen ausgerufen und das Parlament aufgelöst. Gezwungen war er nicht zu diesem Schritt, denn er hätte auch die im Jahr 2022 mit absoluter Mehrheit gewählte PS mit einer neuen Regierungsbildung beauftragen können.

Doch die Konservativen und Rechten ließen sich die Chance nicht entgehen und hebelten die verhassten Sozialisten aus der Regierung. Mit Erfolg, wie sich bei den Wahlen am 10. März zeigte.

Linksblock: Linke hat "als Ganzes" verloren, nicht nur weil die "Mehrheit rechts ist", sondern auch "weil die extreme Rechte gewachsen ist".

Catarina Martins, ehemalige Koordinatorin des Linksblocks (BE), sagte am Montag nach der Wahl, dass sie natürlich froh sei, dass der Linksblock Stimmen dazu gewonnen habe. Das dürfe jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Linke bei diesen Parlamentswahlen "als Ganzes" verloren habe, nicht nur weil die "Mehrheit rechts ist", sondern auch "weil die extreme Rechte gewachsen ist".

POR BE Catarina Martins 2024Catarina Martins, Linksblock

"Ich glaube nicht, dass irgendjemand in der Linken von einem Sieg sprechen kann. Natürlich ist es mir lieber, dass der Linksblock an Stimmen gewinnt und seine Fraktion behält, als dass er verliert, aber die Linke hat insgesamt verloren, denn das, was wir vermeiden wollten - nämlich einen Sieg der Rechten und das Erstarken der extremen Rechten - ist eingetreten", erklärte sie.

"Die extreme Rechte wächst, es ist nicht klar, unter welchen Bedingungen das Land regiert werden kann", sagte Catarina Martins. "Die extreme Rechte wächst nicht aus dem Nichts", fügte sie hinzu und verwies auf das Beispiel der Algarve, die "völlig verlassen" sei und in der Chega zur meistgewählten politische Kraft geworden ist.

Die Algarve sei geprägt "leeren Häusern, von Menschen, die nicht genug verdienen, um ein Haus zu bezahlen, von miserablen Löhnen", von der "Monokultur des Tourismus", wo "die Arbeiter den reichen Touristen den Koffer tragen" und wo "die Arbeitsmigranten überausgebeutet werden", so die Linksblock-Politikerin.

"Wirtschaftswunder" mit Schattenseiten

Die erste Regierung der Sozialistischen Partei mit dem Ministerpräsidenten Antonio Costa im Jahr 2016 - eine von PCP und Linksblock unterstützte Minderheitsregierung - hatte einige der härtesten Maßnahmen, die von der rechten Regierung unter dem Diktat der Troika während der finanziellen Rettung des Landes auferlegt worden waren, wieder rückgängig gemacht.

In den acht Jahren sozialistischer Regierung ist Portugal zu einem Ziel für eine Vielzahl von Strömen und Investitionen geworden: vom Tourismusboom bis hin zur Ankunft von Gruppen wie Rentnern, internationalen Studenten und neuerdings auch digitalen Nomaden, die sich für das gute Klima und eine Vielzahl von Steuervergünstigungen interessieren; von Immobilieninvestoren bis hin zu den großen Plattformen der Sharing Economy - Uber beispielsweise nutzt Portugal in Zusammenarbeit mit der Regierung als Pilotland, um seine "Innovationen" in Europa zu testen.

Das Wirtschaftswachstum Portugal lag fast immer über dem EU-Durchschnitt. Doch hinter der Fassade sieht es nicht so rosig aus. In diesen acht Jahren des Wachstums wurde zwar die Austeritätspolitik abgeschwächt, aber in Wirklichkeit strukturell gemacht wurden. Alle öffentlichen Dienstleistungen leiden darunter, insbesondere das kollabierende Gesundheitssystem. Die Widersprüche dieses Wachstumszyklus konzentrieren sich jedoch auf den Bereich des Wohnungswesens. Die Liberalisierung des Mietmarktes, die Ausstellung von "goldenen Visa", die eine Aufenthaltsgenehmigung für den Kauf von Immobilien im Wert von 500.000 Euro oder mehr gewähren, die Einführung eines steuersparenden "Nicht-Residenzsystems" für Ausländer und Maßnahmen zur Anlockung ausländischer Investitionen haben zu Aufkäufen von Wohnungen und der Verdrängung der portugiesischen Bürger wurden aus dem Wohnungsmarkt geführt. Das gilt am offensichtlichsten für die Aufkäufe von Wohnungen, die in lukrative Kurzzeitmietobjekte umgewandelt werden. Heute stehen allein in Lissabon 48.000 Wohnungen leer, in ganz Portugal sind es 750.000.

Einerseits hat das Wachstumsmodell, das auf der Anziehung von Kapital und Menschen aus dem Ausland beruht, eine Preisexplosion ausgelöst, die in Europa ihresgleichen sucht, andererseits reichen die öffentlichen Investitionen trotz zahlreicher neuer Programme bei weitem nicht aus, um der Marktdynamik mit einer soliden Förderung von sozialem oder erschwinglichem Wohnraum zu begegnen.

Der Mindestlohn in Portugal beträgt etwa 800 Euro und 50 % der Menschen verdienen weniger als 1.000 € im Monat. Die Mehrheit der Bevölkerung verdient etwa die Hälfte des europäischen Durchschnitts, aber die Lebenshaltungskosten sind genauso hoch wie im Ausland, und die Mieten (insbesondere in den Städten) liegen sogar noch höher. Unter allen OECD-Ländern hat Portugal das sechstniedrigste Durchschnittsgehalt, aber den höchsten Anstieg der Immobilienpreise zu verzeichnen. Die "reiche" Migration aus dem Ausland erhöht die Inflation im Inland noch mehr und trägt somit auch dazu bei, der jungen Bevölkerung Portugals, die in prekären, weniger "lukrativen" Arbeitsverhältnissen arbeiten, in andere Länder, vor allem europäische, zu "verjagen“ – auf der Suche nach besseren Löhnen und besseren Arbeits- und Lebensbedingungen.

In den letzten zehn Jahren sind rund 20.000 portugiesische Krankenpfleger:innen ins Ausland gegangen, um dort zu arbeiten, was zu einer noch nie dagewesenen Abwanderung von medizinischen Fachkräften führte. Die Jugendarbeitslosenquote liegt immer noch bei 25 %.

 

POR Pro Kopf Einkommen zu DeutschlandVerhältnis des portugiesischen Pro-Kopf-Einkommens zu Deutschland

 

POR Jugendarbeitslosigkeit 2023Jugendarbeitslosigleit

Die extreme Rechte setzt sich in den Regionen des "portugiesischen Wirtschaftswunders" durch

Chega (wörtlich: Genug) konnte als drittgrößte Partei im ganzen Land in allen Wahlkreisen über 15 Prozent erreichen. Der Durchbruch gelang ihr jedoch im Süden des Landes, den ehemaligen Hochburgen der Kommunisten, wo sie in der Region Algarve mit über 27% an erster Stelle liegt und erstmals Abgeordnete - drei der neun - stellt. Im Alentejo und im Bezirk Setúbal liegt sie fast überall an zweiter Stelle.

Die PCP verliert in ihrer Hochburg.

Die PCP hat zum ersten Mal seit dem 25. April 1974, bzw. den Wahlen zur verfassungsgebenden Versammlung am 25. April 1975, keinen gewählten Abgeordneten aus dem Alentejo mehr. Bei den Wahlen 1976, den ersten zur Versammlung der Republik, erhielten die Kommunisten von den 16 Abgeordneten in der Region neun Mandate (vier für Beja und ebenso viele für Évora, plus einen für Portalegre). Allein im Alentejo hat die PCP im Vergleich zur Wahl 1976 mehr als 100.000 Stimmen verloren.

POR PCP NelkenrevolutionPCP während der Nelkenrevolution

"Das Alentejo, das die kommunistische Wählerschaft hervorgebracht hat, gibt es nicht mehr"
António Rodeia Machado, ehemaligerAbgeordneter der PCP

"Wir müssen etwas Zeit verstreichen lassen, um zu verstehen, was genau passiert ist", erklärte der ehemalige kommunistische Abgeordnete António Rodeia Machado. Die PCP sei das Opfer "der großen Unzufriedenheit des portugiesischen Volkes mit der Politik der letzten 50 Jahre" geworden, sagte er.

Gleichzeitig verwies er darauf, dass die kommunistische Wählerschaft aus einem Alentejo "hervorgebracht" wurde, "den es nicht mehr gibt", in dem die Latifundien vorherrschten und die Landbevölkerung "sehr versklavt" war. Bei diesen Wahlen, so fügte er hinzu, zeigten die Unzufriedensten ihren Protest, indem sie hauptsächlich für Chega stimmten.

Der Generalsekretär der PCP, Paulo Raimundo, räumte ein, dass "es ein negatives Ergebnis war" und er "unzufrieden" sei, weil "es kein positives Ergebnis für die Arbeiter und das Volk ist". "Wir sind unzufrieden mit dem Ergebnis, aber ich glaube auch, dass diejenigen, die unseren Untergang vorausgesagt haben, nicht sehr glücklich sind", sagte er und fügte hinzu, dass "die letzten zwei Jahre" durch die Schaffung eines "zutiefst PCP- und CDU-feindlichen Klimas" gekennzeichnet gewesen seien.

Mit Blick auf die Wählerwanderungen äußerte er, dass die Behauptung, die Stimmen der PCP gingen an Chega, "ein für alle Mal ad acta gelegt" gelegt werden könne. Chega habe vor allem junge Menschen an die Urnen gebracht, die bisher nicht gewählt haben. Zwar hat die CDU (PCP/PEV) es nicht mehr geschafft, aus dem Alentejo Abgeordnete ins Parlament zu entsenden, aber in den alten Hochburgen der PCP hat sie dennoch ihre besten Ergebnisse erzielt. In den Gemeinden, in denen die PCP mit Ergebnissen zwischen 18 und 27 Prozent gut abgeschnitten hat, hat Chega die schlechtesten Ergebnisse.

 

POR PCP Paulo RaimundoPaulo Raimundo, Generalsekretär der Porugiesischen Kommunistischen Partei PCP


Paulo Raimundo beschuldigte die PS, für das Erstarken der Rechten, einschließlich Chega, "verantwortlich" zu sein, da sie "nicht auf die Probleme der Menschen reagiert" habe, was "die Empörung und Unzufriedenheit noch verstärkt" habe. "Obwohl sie alles in der Hand hat - eine absolute Mehrheit, eine Regierung und finanzielle Bedingungen -, hat sie nicht auf die zentralen Probleme im Leben der Menschen, die in unserem Land leben und arbeiten, reagiert und dadurch eine berechtigte Empörung und ein Gefühl der Ungerechtigkeit verstärkt. Die PS hat sich stattdessen dafür entschieden, auf die Interessen der Wirtschaftsgruppen einzugehen, und insbesondere in den letzten zwei Jahren hat sie keine Gelegenheit ausgelassen, die reaktionärsten Kräfte in unserem Land zu füttern und sich von ihnen füttern zu lassen. Die Ergebnisse dieser Entscheidungen der PS sind unübersehbar", griff Paulo Raimundo die Sozialisten an.

Das Alentejo der traditionellen kommunistischen Wähler gibt es nicht mehr

Silvério Rocha e Cunha, Koordinator des politikwissenschaftlichen Forschungszentrums der Universität von Évora, meint, die PCP habe "eine ideologische Botschaft, die so fest, selbstsicher und starr ist, dass sie mit der Zeit nicht mehr den imaginären Erwartungen" der Wähler entspricht, "auch wenn diese völlig von der Realität abweichen".

Im Hinblick auf die Zeit nach dem 25. April 1974 erinnerte Silvério Rocha e Cunha daran, dass die PCP "eine soziologisch sehr starke Kraft in einer verarmten ländlichen Region" wie dem Alentejo war, sich die Situation aber im Laufe der Zeit geändert habe. "Erstens hat sich das soziale Gefüge des Alentejo durch den sozialen Wandel, die europäische Integration, mehr Geld und eine stärkere Differenzierung in sozialer und arbeitsrechtlicher Hinsicht verändert", sagte er.

POR Alentejo KorkeicheSchälen einer Korkeiche
  POR Alentejo frueherLandarbeiterinnen in Alentejo

 

Außerdem habe die PCP nach dem Zusammenbruch des Sowjetblocks "eine sehr starre und feste Linie beibehalten", die "nicht mehr zu einer Gesellschaft passt, die von Kommunikation und wachsendem Konsum geprägt ist und in der eine Gruppe von Menschen begann, andere soziale, soziokulturelle und wirtschaftliche Gewohnheiten zu haben".

Der gesellschaftliche Wandel sei daher einer der Gründe, warum die Botschaft der PCP nicht mehr auf die Unzufriedenheit der Wähler ausgerichtet ist, so Silvério Rocha e Cunha.

Chega adressiert die Unzufriedenen

Chega hingegen scheint viele, vor allem junge Menschen an die Urnen gebracht zu haben, die bisher nicht gewählt haben.

Die Algarve, seit jeher ein beliebtes Reiseziel für britische und deutsche Touristen, hat im letzten Jahrzehnt einen rasanten Wandel durchgemacht. Das beschleunigte Wachstum des Fremdenverkehrs ging Hand in Hand mit einer raschen Urbanisierung, die die Region in Ermangelung einer Raumordnungspolitik grundlegend in einen multizentrischen Ballungsraum verwandelt. Eine kontinuierliche Verstädterung, praktisch ohne öffentliche Verkehrsmittel, die stetig wächst, aber sehr ungleich und unausgewogen ist.

 

POR Alentejo LuxushotelLuxusunterkunft in Alentejo,
wo "die Arbeiter den reichen Touristen den Koffer tragen".
(Catarina Martins, Linksblock)

 

Die nationalen Probleme - die Explosion der Immobilienpreise, der Verfall der Kaufkraft, der Zusammenbruch des nationalen Gesundheitswesens, der sich besonders im Mangel an Allgemeinärzten zeigt (fast zwei Millionen Portugiesen haben keinen) - sind hier besonders akut. Ein exemplarisches Beispiel: Es gibt nicht genügend Lehrer an den öffentlichen Schulen, und diejenigen, die eingestellt werden, geben oft auf und ziehen weg, weil das Gehalt nicht ausreicht, um ein Zimmer zu mieten (geschweige denn ein Haus zu kaufen).

Der peripherste Teil der Metropole Lissabon, die große ländliche Region und die aufstrebende Tourismusmetropole haben gemeinsam, dass sie sich gleichzeitig im Zentrum und am Rande des "portugiesischen Wunders" befinden: Im Zentrum, weil es sich um Gebiete handelt, in denen die Veränderungen des Produktions- und Stadtmodells am tiefgreifendsten sind - der Tourismusboom, die Immobilienexplosion, die Industrialisierung der Landwirtschaft mit riesigen Strömen von Saisonarbeitern; und am Rand, weil wenig oder gar nichts von diesem Modell die lokalen Wirtschaftskreisläufe und das Leben der Menschen durchdringt, die in den drei Regionen wohnen und leben.

"Die politische Ökonomie kann, wie wir wissen, nicht alles an politischen Entscheidungen erklären - Chega spielt sicherlich mit der reaktionären und faschistischen Nostalgie, die in so vielen sozialen Bereichen des Landes, vom Süden bis zum Norden, lauert. Dennoch fällt es schwer, nicht zuzugeben, dass, wie sowohl die sozialen Bewegungen als auch die linken Parteien und die kritische Wissenschaft seit mehreren Jahren gewarnt hatten, nicht nur die Grundlagen, auf denen das von der Sozialistischen Partei gewählte Wirtschaftsmodell beruhte, sehr instabil waren, sondern auch, dass sich eine Entwicklung, die nicht zu einer Verbesserung der Lebensbedingungen der Bevölkerung führte, gegen ihre Befürworter wenden würde", erläutert Simone Tulumello, Sozialwissenschaftler der Universität von Lissabon.

Linksblock lädt die anderen linken Parteien zu Gesprächen ein, um "Konvergenz" zu schaffen

Die Koordinatorin des Linksblocks, Mariana Mortágua, sagte, dass der Linksblock das Gespräch mit den anderen Parteien sucht, "um eine Konvergenz" in der Opposition herzustellen.

POR BE Mariana MortaguaMariana Mortágua erklärte am vergangenen Freitag gegenüber der Presse, dass "in diesem Szenario eines Rechtsrucks die Verpflichtung des Linksblocks in einer entschlossenen, mutigen und unermüdlichen Opposition gegen die rechte Regierung besteht". "Eine Kraft des Dialogs, die die Konvergenz mit den Parteien der Linken und der Umweltschützer sucht und weiterhin suchen will", betonte sie und wies darauf hin, dass die Partei um Treffen mit der Sozialistischen Partei PS, der Portugiesischen Kommunistische Partei PCP, Livre und der Partei Mensch-Tier-Natur PAN gebeten hat, die "in den nächsten Tagen" stattfinden werden.

Auf die Frage, ob es sich dabei um eine "Regierungsalternative" handele, bekräftigte Mariana Mortágua, dass das Ziel "eine Verständigung in der Opposition und eine Verständigung für eine Alternative, um Portugal zu regieren" sei. "Wir müssen eine maximale Konvergenz bei der Verteidigung des Wesentlichen anstreben."

Um "dem Risiko eines Rückschlags und einer Bedrohung der sozialen Rechte" zu begegnen, wird es auch um eine neue Version von Geringonça [2] gehen.

Aus der Sozialistischen Partei heißt es, dass sie "natürlich bereit" sei, einen Dialog mit ihren ehemaligen Regierungspartnern zu führen. Immerhin haben sie schon einmal eine Rechtsregierung zum Rücktritt gezwungen. (siehe kommunisten.de, 11.11.2015: Linke Mehrheit stürzt Regierung und legt eigenes Regierungsprogramm vor)

Der Sprecher von Livre, Rui Tavares, begrüßte die Einladung des Linksblocks zu einem Treffen der linken Parteien. Angesichts der "Gefahr eines Rückschritts und einer Bedrohung der sozialen Rechte" durch das Erstarken der extremen Rechten, könne das Land von diesen Parteien "Artikulation und Koordination" erwarten.

Rui Tavares, dessen Fraktion bei den Wahlen von einem auf vier Abgeordnete angewachsen ist, wies noch einmal darauf hin, dass die Linke "den geschlossensten und breitesten Block [für eine Regierungslösung] bilden kann". Aber Livre könne "die anderen Parteien nicht zwingen, der Regierung beizutreten, wenn sie in die Opposition gehen wollen", sagte er und fügte hinzu: "Wichtig ist, dass wir gemeinsam mit der gesamten Linken dafür sorgen, dass unser Diskurs der Zukunftsvorschläge, der Konvergenz und der Einheit von nun an zum vorherrschenden Diskurs wird."

PCP akzeptiert Treffen mit Linksblock, will sich aber nicht in "irgendein Projekt" einspannen lassen

Der Generalsekretär der Portugiesischen Kommunistischen Partei (PCP), Paulo Raimundo, betonte, dass die PCP "von der ersten Minute an die rechte Politik und die reaktionären Projekte, die sich durchzusetzen versuchen, bekämpfen wird". "Wir werden an der Spitze des Kampfes gegen die Rechte und das Projekt der Rechten stehen. Wir werden uns an die Spitze des Kampfes gegen ein Projekt stellen, das weder den Arbeitern noch dem Land dient. Es ist ein Projekt, das eine Geschichte hat, das 2015 unterbrochen wurde und das die Rechten wieder aufnehmen wollen", sagte er in einem Interview. Die Ablehnung einer Regierung der AD werde "ein politisches Signal der Klarheit" sein.

"Natürlich werden wir daran teilnehmen", sagte er zur Einladung des Linksblocks, um Absprachen in der Opposition zur künftigen Regierung zu erörtern. Er erklärte, dass er für "jede Annäherung" zur Verfügung stehe, warnte jedoch, dass sich die PCP nicht "in irgendeinem Projekt verwässern" wolle.
"Was wir im Moment brauchen, ist eine konkrete Konvergenz in konkreten Fragen, und ich denke, es ist fair, weder von der PCP noch von anderen zu verlangen, dass sie ihr eigenes Projekt verwässern. Denn wir haben eine Alternative, und wir kämpfen um die Schaffung dieser Alternative", sagte der Generalsekretär der PCP.

Am 25. April gemeinsam auf die Straße

POR Nelkenrevolution 1Am 25. April 1974 gegen 0.30 Uhr spielte der katholische Radiosender Renascença das Lied "Grandola, Vila Morena". Das war das verabredete Signal. Die "Bewegung der Streitkräfte“ (Movimento das Forças Armadas - MFA), in der sich junge Offiziere mit sozialistischen Ideen zusammengeschlossen hatten, rückte mit Militärfahrzeugen nach Lissabon aus, um Ministerien, Rundfunk- und Fernsehsender sowie den Flughafen zu besetzen. Der Putsch weitete sich zum Volksaufstand aus. Die Menschen strömten auf die Straßen, um ihre Solidarität mit der MFA zu bekunden. Sie schmückten Gewehre und militärische Fahrzeuge mit Nelken und im Laufe des Tages wurden sie zum Symbol der Revolution.
Gleich in den ersten Tagen nach dem 25. April kamen viele politische Emigranten aus dem Exil nach Portugal zurück, darunter Álvaro Cunhal von der Kommunistischen Partei (PCP), der 13 Jahre in Gefängnissen der Geheimpolizei PIDE eingesessen hatte. Legendär das Foto, wie er von einem Panzer der MFA zu den Menschen spricht.

 

Am 25. April, dem Jahrestag, an dem vor 50 Jahren die Hauptmänner der Armee beschlossen, auf Lissabon zu marschieren und gleichzeitig dem Kolonialkrieg und dem faschistischen Regime unter der Führung von António Oliveira Salazar und später Marcelo Caetano ein Ende zu setzen, wollen die linken Kräfte ihre Gemeinsamkeit und Stärke demonstrieren.

"Wir wollen auch sicherstellen, dass wir dieses Jahr gemeinsam die größten Demonstrationen zum Gedenken an den 25. April abhalten werden", sagte Mariana Mortágua, als sie die anderen Parteien zum Gespräch einlud.

 

Anmerkungen

[1] Die Aliança Democrática AD ist eine Rechts-Koalition, die sich aus der rechten Sozialdemokratischen Partei PPD/PSD, der CDS - Partido Popular CDS-PP, der Monarchistischen Volkspartei PPM und unabhängigen Persönlichkeiten zusammensetzt. Das Gesamtergebnis der AD setzt sich zusammen aus dem Ergebnis der PSD/CDS/PPM-Koalition - 28,02% und 77 Abgeordnete - und dem Ergebnis der PSD/CDS-Koalition auf Madeira, die 0,82% und drei Abgeordnete erreicht hat.

[2] Geringonça, zu Deutsch in etwa "schlecht funktionierender Apparat", "Klapperkiste", "schräges Konstrukt". Informelle Bezeichnung für die Minderheitsregierung, die von der PS nach den Parlamentswahlen 2015 gebildet wurde und auf parlamentarischen Vereinbarungen zwischen mehreren politischen Parteien - Linksblock, PCP, Livre, PAN - beruhte.


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Farkha Festival Komitee ruft zu Spenden für die Solidaritätsarbeit in Gaza auf

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zum Text hier
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Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge

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