16.12.2010: Unter dem Motto "Für eine Welt des Friedens der Solidarität und des sozialen Wandels, lasst uns den Imperialismus besiegen" wurde vor drei Tagen die 17. Weltfestspiele der Jugend und der Studenten in Tshwane (Republik Südafrika) eröffnet. 20.000 Teilnehmer aus Südafrika und 10.000 Gäste aus aller Welt erwarten das Organisationskomitee und der Weltbund der Demokratischen Jugend (WBDJ). Aus Deutschland nimmt eine 72 Personen starke Delegation aus Mitgliedern der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend (SDAJ), der Freien Deutschen Jugend (FDJ), der DKP sowie aus Ortsgruppen von Antifa, GEW-Jugend, ver.di-Jugend und IG-Metall-Jugend teil.
Den anti-imperialistischen Charakter des Treffens unterstreicht neben den expliziten Themen zu Vorherrschaftsstreben und wirtschaftlicher Unterdrückung in den internationalen Beziehungen die Widmung und quasi Schirmherrschaft der früheren Präsidenten von Südafrika und Kuba, Nelson Mandela und Fidel Castro. Kuba hat eine lange Tradition der Stützung und Gastgeberschaft der Weltfestspiele der Jugend und der Studenten. Und so spielt Kuba auch bei dem diesjährigen Treffen vom 13. - 21. Dezember eine wichtige Rolle. Fidel Castro schickte zur Eröffnung eine persönliche Erklärung, kubanische Kultur ist am Veranstaltungsort stark präsent.
Südafrika dagegen richtet die Weltspiele zum ersten Male aus. Dem entsprechend eröffnete Südafrikas Staatspräsident Jacob Zuma persönlich die Weltfestspiele in einer feierlichen Auftaktveranstaltung im Lucas-Moripe-Stadion in Atteridgeville, einer ehemaligen Township der südafrikanischen Hauptstadt Pretoria. Mit dem burischen Wort Pretoria wird heute im Wesentlichen der Stadtkern bezeichnet, während der erweiterte Stadtbezirk den südafrikanischen Namen Tshwane trägt.
Nachstehend Auszüge aus der Rede von Jacob Zuma:
Wir entbieten unseren internationalen Gästen, die in unser Land gekommen sind, um an den Weltjugendfestspielen teilzunehmen, und Euch allen heute Abend herzliche Grüße.
In aller Bescheidenheit wollen wir der erste Gastgeber des südlichen Afrika für die Weltfestspiele der Jugend und Studenten in ihrer Abhaltung seit 65 Jahren sein. Das ist eine weitere passende Fortsetzung des bedeutsamen Jahres, welches Südafrika als Gastgeber der FIFA-Fußballweltmeisterschaft 2010 erlebte und welches zufällig ebenfalls ein großes Ereignis der Jugend darstellt. Die jetzigen Weltfestspiele bekräftigen eine Botschaft, welche wir durch die Fußballweltmeisterschaft in der Welt verkündeten, nämlich dass die Welt in unserem Land überaus willkommen ist. Wir verkünden, dass unser Land, welches über viele Jahrzehnte wegen des Übels der Apartheid isoliert war, seine Grenzen zur Welt für fortschrittliche Ereignisse dieser Art geöffnet hat.
Meine Damen und Herren,
wie wir alle wissen, ist dieses Jahr von den Vereinten Nationen zum Jahr der Jugend erklärt worden. Es wird daher von Ländern und Regierungen in aller Welt erwartet, dass sie Selbstverpflichtungen abgeben zur Integration der Förderung der Jugend in ihre jeweiligen Entwicklungspläne. Jungen Menschen sollte der Raum gewährt werden, dass sie an der ökonomischen, sozialen und kulturellen Entwicklung ihrer Länder teilnehmen können. Sie sollten ebenso aktiv in die Arbeit für das Erreichen der Milleniums-Entwicklungsziele eingebunden werden. Die vereinten Nationen heben ferner die Notwendigkeit hervor, unter den jungen Menschen die Ideale des Friedens, die Achtung der Menschenrechte und Grundrechte, Solidarität und Hingabe an die Ziele von Fortschritt und Entwicklung zu verbreiten.
Wegen dieser großen Bedeutung und deshalb ist diese Veranstaltung in unserem Land so überaus willkommen.
Diese Konferenz, die Arbeitsgruppen und die kulturellen Aktivitäten als Teil des Programmes, bieten der Jugend aus verschiedenen Teilen der Welt eine gute und einmalige Gelegenheit, die Entwicklungen in ihren verschiedenen Ländern zu überdenken, sich einzubringen und ihren Regierungen praktische Lösungen vorzuschlagen.
Unser Land geht davon aus, dass die Jugend unsere Zukunft ist. Dem entsprechend sollte sie eine herausragende Rolle in der Gestaltung dieser Zukunft spielen.
Südafrika ist jetzt wegen der Radikalisierung der Jugend in den 1940er Jahren und wegen der Opfer der Jugend von 1976 eine Demokratie. Viele unserer Führer, so wie etwa Nelson Mandela, haben in ihren Jugendjahren dazu ihren Beitrag geleistet und ihre Werte haben sich als dauerhaft erwiesen und die Welt geändert. Menschen, die die Reihen des Befreiungskampfes von den 1940er Jahren an auffüllten, waren die in diesem Kampf aufwachsende Jugend, durch den das Land zu dem wurde, was es heute ist. Deshalb dürfen wir die Lebenskraft der Jugend nicht untergraben. Solange sie sich ihren Herausforderungen stellt, kann sie dauerhafte Beiträge zur Gesellschaft leisten.
Während vieler Jahre hat die Jugend eine wichtige Rolle dabei gespielt, eine gerechte Weltordnung zu schaffen, besonders durch den Kampf für Freiheit, Gleichheit, Souveränität und Entwicklungsmöglichkeiten für jedermann auf der Welt.
In Europa hat die Jugend in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gegen Feudalismus und für die Befreiung der Unterdrückten gekämpft. Während des Zweiten Weltkrieges stand sie an der Kriegsfront und erfuhr daher aus erster Hand die schrecklichen Auswirkungen des Krieges auf die Menschheit. Sie schätzte selbst in diesen Jahren die Wichtigkeit von Frieden und Stabilität, welche der Welt heute noch abgehen, besonders in Teilen Afrikas.
Wir erinnern daran, dass die ersten Weltfestspiele der Jugend und der Studenten in den 1940er Jahren im Gefolge des Zweiten Weltkrieges durch den Weltbund Demokratischer Jugend und die Internationale Vereinigung der Studenten organisiert wurden. Das war eine direkte Reaktion auf die durch den Krieg verursachten Schrecken und groben Verletzungen von Menschen, die Gewalttaten und die Umweltzerstörungen.
Die damalige Jugend traf die gemeinsame Entscheidung, sich gegen internationale Aggression und dadurch verursachte Zerstörung zu organisieren und dabei eine Welt von Frieden, Sicherheit und Stabilität und Wohlstand zu verteidigen, wozu sie als Jugend ebenfalls einen erheblichen Beitrag leisten würde. Sie entlarvten Imperialismus als eine Macht der Kontrolle, der Vorherrschaft und der politischen und ökonomischen Unterdrückung auf der Welt.
Das bedeutet also: während die Welt nach dem Krieg auf der Suche nach dauerhaften Lösungen durch die Bildung internationaler Körperschaften - etwa der Vereinten Nationen - zusammen kam, nutzte die Jugend den Augenblick und entschied sich, etwas für die damaligen Lebensbedingungen der Menschen zu tun.
Die Weltjugendspiele zogen bereits 1957 in Moskau 34.000 junge Menschen aus 130 Ländern an. Die Anziehungskraft und die Wirkung waren von Beginn an deutlich und halten sich mit der Unterstützung vieler Länder - was sich auch in der Unterstützung der jetzigen Feierlichkeiten zeigt - bis heute. Das ist jedoch nicht überraschend, da die Jugend weltweit ihre Solidarität mit dem anti-kolonialen Kampf in allen unterdrückten Ländern der Erde, eingeschlossen denen in Afrika und Lateinamerika, bekundete.
Dieser Internationalismus und die Aktivitäten der Jugend nutzten diesem unserem Lande beträchtlich und trugen zu der Freiheit und Demokratie bei, derer wir uns heute erfreuen.
Unsere Jugend hat sich stets an diesen Festspielen beteiligt. Bei den Weltjugendfestspielen 1951 wurde die Jugend Südafrikas durch Isithwalandwe Ahmed Kathrada vertreten und durch Victor Mbobo vom Afrikanischen Nationalkongress. Es gibt keinen Zweifel daran, dass dies und die folgende Einbindung unserer Jugend in die Festspiele der demokratischen Massenbewegung und der Abwehrkampagne im Lande in den 1950er Jahren und in späteren Kämpfen frischen Schwung und frische Ideen zuführte. Wegen dieser Festspiele wussten die unterdrückten Massen auf jener Stufe des Kampfes, dass sie sich der Unterstützung und der Solidarität der internationalen Gemeinschaft, besonders aber der Jugend, erfreuen konnten.
Die Jugend erwies sich in der Unterstützung des vietnamesischen Volkes Ende der 1960er Jahre als sehr stark und verurteilte die Ausgrenzung Kubas durch die westlichen Länder. Und die Stimme der Jugend wurde ebenfalls unter denen wahr genommen, die die Besetzung des Iraks verurteilten.
Die fortschrittlichen Jugendbewegungen in aller Welt haben sich gleichermaßen für ein Ende des Konfliktes im Nahen Osten und für die Freiheit des palästinensischen Volkes ausgesprochen, gleichzeitig Israel seine Sicherheit zusagend.
In der Tat sind heute große Teile der Welt dank der Beiträge der Jugend Demokratien. Junge Menschen entschieden sich, ihre Zukunft selbst zu sichern. Wir beglückwünschen die jungen Menschen ebenfalls für ihre kritische Rolle, die sie weiterhin in der Welt spielen, für die Sicherung schnellerer sozio-ökonomischer Veränderung genauso wie für die Sicherung politischer Stabilität und politischen Fortschritts in vielen Teilen der Welt.
Meine Damen und Herren,
ich fühle mich wirklich stark verpflichtet, Ihnen nicht die Schau zu stehlen. Aber die Dinge, die uns hier zusammen führten und denen wir ausgesetzt sind, liegen mir auch am Herzen.
In vielen Ländern haben wir gegen Kolonialismus und Imperialismus gekämpft, und die meisten von ihnen sind eben in diesem Augenblick frei. Jedoch sind die meisten der früher unterdrückten Länder immer noch nicht ökonomisch unabhängig und die Mehrheit der Menschen lebt noch in massiver Armut.
Unter dem Mantel der Globalisierung besitzen nur ein paar wenige Länder das Monopol im Welthandel und damit der ökonomischen Entwicklung. Zusammen mit anderen Ländern hat Südafrika in den internationalen Gremien, wie G8 und G20, seine Stimme hinsichtlich der Gleichheit in den Handelsbeziehungen und der Reduktion der Auslandsverschuldung deutlich erhoben.
Die ökonomische Ausgrenzung der Entwicklungsländer ist eine Herausforderung und zeitgenössischer Imperialismus. Diesem müssen wir uns stellen und ich bin sicher, dass diese Versammlung große Begeisterung an den Tag legen wird, sich mit diesen Herausforderungen zu beschäftigen.
Die allgegenwärtige Armut, die die Welt verwüstet, hat breite nachteilige Auswirkungen auf die Weltgemeinschaft, weil sie die Aufmerksamkeit von anderen Herausforderungen ablenkt.
Ausbildung ist einer dieser Verluste, besonders in Hinblick auf Kinder, Jugendliche und Frauen. Die UN-Statistiken von 2008 beweisen dieses finstere Bild. Laut Angaben der UN aus diesem Jahr fehlen 131 Mio. Jugendlichen grundlegende Fähigkeiten zum Lesen und zum Schreiben. 61% davon sind weiblichen Geschlechts. Die sub-Sahara Gebiete Afrikas und einige Teile Asiens haben die geringsten Alphabetisierungsraten.
Das stellt eine sehr ernste Herausforderung dar und die Tatsache, dass es Millionen von Kindern gibt, die nicht zur Schule gehen, liefert einen passenden Bezug dazu. Und all dieses bedeutet, dass wir unsere Ausbildungskampagnen weltweit verstärken müssen. Die Jugend sollte in dieser Hinsicht eine wichtige Rolle spielen, weil es dabei nicht nur um Ressourcen, sondern auch um Einstellungen geht. Daher erhoffen wir uns von dieser großen Runde wichtige Ideen, um die Welt einen Schritt vorwärts bei der Auseinandersetzung mit diesen Sachverhalten zu bringen.
Als Regierung stellt sich uns die Herausforderung, nicht nur den Schulbesuch zu sichern, sondern gleichfalls die Hochschulausbildung zugänglich zu machen und mir müssen Wege und Mittel finden, diesen Zugang zu verbessern. Gerade Ausbildung ermöglicht es der Jugend, Lösungen der vielen schwierigen Herausforderungen in dieser Welt zu entwickeln.
Der Welt-Sozialversicherungsbericht enthält auch einen ernüchternden Bericht über soziale Abhängigkeit. Demnach sind 70% der Jugend in den am geringsten entwickelten Ländern sowie in Afrika südlich der Sahara auf Unterstützungsleistungen angewiesen. Unter anderem ist das eine Folge dessen, dass 81 Mio. Jugendliche weltweit arbeitslos sind, wie es die ILO (International Labour Organisation) aufzeigt.
Die jetzige Herausforderung lautet, die strukturellen Ursachen die Arbeitslosigkeit verursachen zu verändern und menschenwürdige Arbeit für unsere Jugend zu schaffen. Der Hauptaspekt dieser Herausforderung ist die Eröffnung von Möglichkeiten der Unternehmerschaft für unsere Jugendlichen, damit sie tatsächlich für sich selbst Beschäftigung schaffen können.
Dieses Forum sollte Wege und Mittel vorschlagen, damit die Regierungen eine Verbesserung der Lage der Jugend organisieren können. Während wir alle zu diesem Kongress Entsandten willkommen heißen, drängen wir Sie zur Fortsetzung der Arbeit zur Unterstützung der Regierungen hinsichtlich der Verwirklichung guter Ausbildung, des Rechtes auf Arbeit und des Zuganges zu Einrichtungen der Gesundheitsfürsorge und anderer sozio-ökonomischer Rechte.
Fahren Sie fort, sich für das Erlangen dieser Rechte einzusetzen, für die nicht gehörten Massen in vielen immer noch unfreien Teilen der Welt zu sprechen und Freiheit, Gerechtigkeit und Gleichheit zu fördern.
Fahren Sie fort, sich für eine nachhaltige Nutzung der Umwelt stark zu machen, für mehr grüne Arbeitsplätze, mit denen sowohl der Herausforderung der Arbeitslosigkeit, als auch der zerstörenden Ausbeutung der Umwelt begegnet werden kann.
Beim Klimawandel geht es um die Sicherung Ihrer Zukunft. Während der Vorbereitung der 17. Weltklimakonferenz der UN als Gastgeber im nächsten Jahr, möchten wir die Stimmen der Jugend hören, besonders aus den Entwicklungsländern und den kleinen Inselstaaten, die dadurch am stärksten betroffen sind. Wir kamen jetzt von der Klimawandel-Konferenz in Cancun in der letzten Woche zurück, wo wir besonders von den Inselstaaten daran erinnert wurden, was das Risiko einer steigenden Temperatur für sie bedeuten könnte. Wir wurden auch an die Bedrohungen einer sicheren Ernährung und der Landwirtschaft in Afrika erinnert. Die Dürre in Afrika, Überschwemmungen auf den Philippinen, in Pakistan und in China, unkontrollierte Feuer in Russland und anderen Teilen der Welt - das sind Warnungen dessen, was uns bevorstehen kann, falls wir nicht baldigst handeln.
Höchst wichtig ist es für Sie als Jugendliche, der eigenen Gesundheit große Aufmerksamkeit zu widmen und besonders gegen HIV und AIDS zu kämpfen, sowie gegen Malaria und andere heute weit verbreitete Krankheiten. Diese drohen uns eine Vielzahl von jungen Menschen zu rauben, wenn wir nicht alle - auch die Jugend eingeschlossen - schneller und wirkungsvoller handeln.
Sie sehen also, dass wir uns eine Menge von dieser Zusammenkunft hier erwarten.
Ich wünsche Ihnen eine sehr informative und lebendige Beteiligung. Erfreuen Sie sich an dem Miteinander und verlassen Sie den Kongress weiser und mit voller Energie, um den Kampf für eine bessere und gerechtere Welt voran zu bringen.
Ich danke Ihnen!
Text und Übersetzung: hth / Quelle: The Presidency of RSA
siehe auch: www.weltfestspiele.de