15.12.2014: Was in den hiesigen Medien als klarer Wahlsieg für Japans neoliberalen Regierungschef Abe bei den vorgezogenen Parlamentswahlen am 14. Dezember dargestellt wurde, sieht bei genauerem Hinsehen erheblich differenzierter aus. Die Japanische Kommunistische Partei (JKP), die im Wahlkampf als entschiedene Gegnerin von Abes an den neoliberalen und sozialfeindlichen Rezepten des einstigen US Präsidenten Reagan orientierten Wirtschaftspolitik („Abenomics“), aber auch seiner Bestrebungen zur Wiederherstellung des japanischen Militarismus und zur Abschaffung der pazifistischen Vorschriften in der japanischen Verfassung aufgetreten ist, konnte einen deutlichen Wahlerfolg verbuchen: sie konnte die Zahl ihrer Unterhausmandate von bisher acht und 21 erhöhen, also fast verdreifachen.
Auf Okinawa gewann der kommunistische Kandidat Akamine Seiken, der sich entschieden gegen die US-Militärstützpunkte auf der Insel engagiert hatte, mit Unterstützung der Sozialdemokratischen Partei und der Peoples Life Party sogar erstmals seit 1996 wieder ein Direktmandat. Zwanzig Mandate erhielt sie durch das teilweise praktizierte Verhältniswahlrecht.
Die Liberaldemokratische Partei Abes (LDP), die für den Erhalt und Ausbau der US-Militärbasen auf Okinawa eingetreten war, verlor hier alle vier Direktmandate. Insgesamt ging die Zahl ihrer Abgeordnetenmandate im Parlament um drei auf 291 Sitze zurück. Da Abes Koalitionspartner Komei jedoch vier Sitze hinzugewinnen konnte und 31 Sitze erreichte, hat die bisherige Regierungskoalition trotz der LDP-Verluste zusammen im neuen Parlament eine Zweidrittelmehrheit. Zu den Wahlsiegern gehörte auch die oppositionelle „Demokratische Partei“, die ihre Mandatszahl um elf auf 73 erhöhen konnte.
Der JKP-Vorsitzende Kasuo Shii sagte in einer Erklärung am Wahlabend, Premierminister Abe habe im Wahlkampf überall verkündet, dass der Wirtschaftskurs der „Abenomics“ der einzige Weg sei, aber eine ganz beträchtliche Anzahl von Wählerinnen und Wählern habe empfunden, dass dies ein gefährlicher Pfad sein könne. Die JKP habe nie ihren Widerstand gegen Abes Kurs abgeschwächt, und deshalb „hat unsere Partei, wie ich denke, bei der Wahl diesmal so viel Unterstützung erhalten“. Die Wähler seien offensichtlich von den konkreten Gegenvorschlägen der JKP zu Abes Politik beeindruckt gewesen. Die Ergebnisse auf Okinawa, die eine klare Opposition der Mehrheit der Bevölkerung gegen die US Militärbasen ausdrücken, nannte Shii „ein epochemachendes Ergebnis“. Er danke allen Wählern, die zu diesem Ergebnis und besonders zum Sieg des JKP-Direktkandidaten in einem Wahlkreis Okinawas beigetragen haben, und dabei ausdrücklich auch den Wählern, die nicht zu den KP-Stammwählern gehören, sondern Konservative oder progressive Demokraten sind.
txt: D.G.
foto: JCP facebook
dieser Artikel erscheint auch in der UZ vom 19.12.2014