Aus Bewegungen und Parteien

07. 12.2025:  Während der Bundestag am Freitag die Wiedereinführung der Wehrpflicht beschloss, demonstrierten in fast 100 Städten Schülerinnen und Schüler gegen die Pläne der Bundesregierung. Unter dem Motto "Schulstreik gegen Wehrpflicht" richten sich die Proteste vor allem gegen die geplante Musterung aller Jugendlichen ab Jahrgang 2008. Zehntausende Jugendliche gingen auf die Straße – für Frieden, Selbstbestimmung und echte Zukunftsperspektiven

 

Am Freitag, 5. Dezember, wurde ein Gesetz zum sogenannten "neuen Wehrdienst" beschlossen. Gleichzeit streikten mehr als 55.000 Schüler*innen in fast 100 Städten, um sich dagegen zu wehren!

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Von Kiel bis München, von Göttingen bis Potsdam waren viele Plätze in den Schulen frei, blieben viele Klassenzimmer leer. "Wir sind beeindruckt davon, wie viele Schüler*innen heute gestreikt haben. Das zeigt: Die Schülerinnen und Schüler sprechen sich nicht nur in Umfragen gegen die Wehrpflicht aus, sondern sind bereit, dagegen aktiv zu werden. Sie haben Mut bewiesen. Denn sie möchten nicht 6 Monate lernen, zu töten. Sie wollen nicht im Krieg sterben.

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"Die Unis und Schulen werden kaputtgespart, alles Soziale geht den Bach runter - und alles, was die Kids hören, ist: 'Hey, wir wollen wissen, ob ihr theoretisch mit 'ner Waffe an die Front gehen könnt.'" 
Tamme, 25, in tagesschau, 05.12.2025

Über 55.000 Schülerinnen waren auf der Straße, trotz Repression und Drohungen durch Bildungsministerien, Schulleitungen und Versammlungsbehörden. An vielen Orten wurden die Schülerinnen aber auch von Eltern und Lehrer*innen, zum Beispiel von der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW), unterstützt", fasst Hannes Kramer, bundesweiter Pressesprecher, zusammen. In München gingen bereits am Vorabend über 2.000 Menschen auf die Straße, um gegen die Wiedereinführung der Wehrpflicht zu demonstrieren.

"Wir sollen für Deutschland kriegstauglich werden – doch was ist mit unserem Recht, in Frieden zu leben?"
Phil Werring aus Münster

Auch in den Reden und in offenen Mikrofonen wurde deutlich, warum die Schüler*innen heute ihre Klassenzimmer verlassen haben: Sie wollen keine Wehrpflicht und keinen Krieg. Sie wollen gute Bildung, echte Zukunftschancen und ein Leben ohne Zwang und Drill. "Sie haben uns mit Fehlzeiten gedroht und versucht, mit Gesprächen einzuschüchtern. Das habe ich auch selbst so erlebt, aber mich entschieden, trotzdem zu streiken. Was ist schon ein Gespräch mit dem Schulleiter oder unentschuldigte Fehlstunden im Vergleich zu einem halben Jahr in der Kaserne?", erzählt Golo Busche aus Kiel.

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Getragen wird der Schulstreik von lokalen Initiativen, Streikkomitees und Bündnissen, in denen Schülerinnenvertretungsstrukturen wie zum Beispiel die Landesschülerinnenvertretungen LSV NRW, die SSV Frankenthal, die BSV Bochum, der LSA Berlin oder die KSV Kiel eine wichtige Rolle spielen. Viele von ihnen haben in den vergangenen Wochen mit großem Engagement Demonstrationen vorbereitet, Reden geschrieben, Plakate gestaltet, Umfragen durchgeführt und Mitschüler*innen mobilisiert. Der bundesweite Aktionstag zeigt, wie groß der Widerstand gegen das beschlossene Gesetz ist.

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Laut diesem Gesetz sollen ab Januar 2026 alle 18-Jährigen einen Fragebogen zur sogenannten "Wehrdiensttauglichkeit" ausfüllen; junge Männer müssen diesen ausfüllen und sollen darüber hinaus verpflichtend gemustert werden. Für viele Jugendliche bedeutet das enormen Druck "Wir haben ein Recht darauf, selbst zu bestimmen, welchen Weg wir gehen – und wir lassen uns nicht in militärische Strukturen drängen", betont Viktoria Gramm aus Mainz.

Damit ist jetzt schon klar: Mit dem Schulstreik am Freitag endet der Protest nicht. "Wir bleiben laut, bis die Wehrpflicht vom Tisch ist. Wir werden jedem Schritt zur Einführung der Wehrpflicht etwas entgegensetzen", meint Ronja Ruh aus Berlin. Für den 5.3.2026 rufen wir als Initiative Schulstreik gegen Wehrpflicht deshalb zum nächsten Streik auf, der noch größer und stärker werden soll. Bis dahin werden sich die Schülerinnen auf die nächsten Streiks vorbereiten und sich gegen Bundeswehrwerbung an ihren Schulen einsetzen. Wir rufen alle Menschen – ob jung oder alt – auf, sich dem Protest anzuschließen und die Schülerinnen zu unterstützen."

Jugendproteste werden zur Achillesferse für die "Kriegstüchtigkeit"

Es hat sich mit und im Umfeld der Initiative "Bündnis Schulstreik" so etwas wie eine Graswurzelbewegung der Jugend gegen den Krieg herausgebildet. Zunächst mutmaßlich auch von Linken Parteigranden und elitären Parteizirkel unbebemerkt und von der offiziellen Politik einfach "links" liegen gelassen. Diese Bewegung wächst momentan wohl zur Achillesferse für den deutschen Kriegskurs heran. Denn für "Kriegstüchtigkeit" ist nun einmal auch ein gutes Stück "Kriegsbegeisterung" notwendig. Und die mag sich per tout nicht einstellen.

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Die Bewegung zieht Kreise

Sämtliche Jugendverbände der großen DGB-Gewerkschaften haben sich den Protesten angeschlossen. In Berlin wie an vielen anderen Orten haben sich Friedensaktivisten und Gewerkschafter:innen beteiligt, auch über die Lehrer:innen Gewerkschaft GEW hinaus. Ebenso haben sich viele Erwachsene solidarisch erklärt. Mütter und Väter halten Plakate hoch: "Meinen Sohn kriegt ihr nicht!"

Die Tricks und Ködermanöver der kriegstreibenden Parteien zeigen bei der Jugend nicht die erwünschte Wirkung. Die sogenannte Freiwilligkeit von Pistorius, an deren Ende ein Zwangsdienst steht, wird durchschaut und abgelehnt. Ebenso das Bündel von Lockangeboten, um den Wehrdienst schmackhaft zu machen.

Nun springen die Grünen in die klaffende Glaubwürdigkeitslücke als Opposition und Fürsprecher ein.

Die Möglichkeit, junge Männer zum Dienst zu verpflichten, lehnen die Grünen vorerst ab. Den Zwang zur Musterung, der durch die Gesetzänderung zurückkommt, finden sie aber richtig. Das macht nur Sinn, wenn man eben diesen Zwangsdienst vorbereiten will.

Im Bundestag stimmten sie gegen das Wehrdienstgesetz, weil es nicht alle Generationen erfasst und keine Geschlechtergerechtigkeit habe. "Das Gesetz schließt auch nicht die Lücke bei der Musterung, weil es diejenigen Jahrgänge, die nach 2011 nicht mehr gemustert wurden, nicht in die Pflicht nimmt", heißt es in einer Erklärung der Grünen. (https://www.gruene-bundestag.de/unsere-politik/fachtexte/wehrdienst-modernisieren-aber-richtig)

"Alle Generationen müssen ihren fairen Anteil leisten. Wir brauchen einen neuen Generationenvertrag. … Wir sollten frühzeitig ein Freiwilligen-Register aufbauen. Darauf können wir dann im Ernstfall zurückgreifen.“
Franziska Brantner, Bundesvorsitzende Bündnis 90/Die Grünen

Wehrpflicht Gruene alle Generationen


Die Grundeinstellung der Grünen zum Wehrdienst verrät sich an ihrer Haltung in der Ukrainefrage. So wird eine "Friedensarmee" in Höhe von 600.000 Soldat:innen, wie im Trump-Plan vorgeschlagen, für zu niedrig erklärt und gemeinsam mit den Regierungsparteien mindestens "800.000 militärpflichtige Personen" unter Waffen gefordert. Man vergleiche: Pistorius strebt momentan eine Bundeswehrstärke von 203.000 Soldat:innen bis 2031 an, um "kriegstüchtig" zu werden. Deutschland verfügt über die doppelte Einwohnerzahl wie die Ukraine. Dort ist es inzwischen an der Tagesordnung, dass junge Männer auf offener Straße "gekidnappt" werden, um die Bataillone mit "frischem Blut" auffüllen zu können.

D Reichsarbeitsdienst  

siehe auch

Grüne: "Freiheitsdienst" für alle

 

 

Die Kritik wird grundsätzlicher

Die Landesschüler*innenvertretung Nordrhein-Westfalen (LSV NRW) kritisiert "die sicherheitspolitische Ausrichtung der Bundesregierung" und warnt vor "zunehmenden Angriffen auf Demokratie und Gesellschaft" durch den Kriegskurs. Der Landesvorstand sieht in der "überhöhten Darstellung einer russischen Bedrohung eine Form medialer Manipulation, die gesellschaftliche Angst schürt und militärische Maßnahmen rechtfertigen soll."

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Bei einem Protest gegen die Kaserne in Koblenz heißt es auf Instagram: "Wir wollen nicht als Kanonenfutter enden", und: "Wir schauen nicht stumm zu wie wir und unsere Freunde per Los zum Töten und Sterben gezwungen werden." Die Jugendlichen wollen nicht "zu Drill und Gehorsam gezwungen werden und töten lernen". Krieg sei keine Zukunftsperspektive und zerstöre alle Lebensgrundlagen!

Der Staat beginnt seine Marterwerkzeuge zu zeigen

In Hamburg hatte es zuvor Diskussionen darüber gegeben, ob Eltern ihre Kinder für den Schulstreik entschuldigen dürfen. Die Schulbehörde erklärte: nein. Verpasste Klausuren und Tests müssen mit null Punkten gewertet werden, stellte ein Sprecher klar. In allen Bundesländern wird Druck ausgeübt: "Wer streikt kriegt Probleme". In etlichen Städten haben sich Lehrer:innen und GEW hinter ihre Schüler:innen gestellt.

Der nächste Streik ist schon in Vorbereitung. Kämpfen ist lehrreich.

Schulstreik Aufruf fuer 2026 03

Quelle: Pressenza (ergänzt)

Infos:
https://schulstreikgegenwehrpflicht.com/
https://www.instagram.com/schulstreikgegenwehrpflicht/


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