30.05.2022: Am 24. April hat Slowenien hat gegen den regierenden Rechtspopulisten für den Regierungswechsel gestimmt ++ Mitte-links-Koalition des liberal-grünen Wahlsiegers Gibanje Svoboda mit den Sozialdemokraten und der Linkspartei Levica
Am 24. April hat Slowenien hat für den Regierungswechsel gestimmt: Die neu gegründete liberal-grüne Freiheitsbewegung Gibanje Svoboda (GS) des Quereinsteigers Robert Golob gewann die Wahl klar. Mit knapp 35 Prozent wurde sie aus dem Stand die stärkste politische Kraft im kleinen EU-Land mit seinen gut zwei Millionen Einwohner*innen. Nach einer beispiellosen, von Dutzenden NGOs und Verbänden getragenen Mobilisierungskampagne war die Wahlbeteiligung von 53 Prozent im Jahr 2018 auf nun 70 Prozent gestiegen. Der regierende Rechtspopulist Janez Jansa erlitt eine krachende Niederlage, seine rechtskonservative SDS kam mit knapp 24 Prozent nur auf Platz zwei. Die Linkspartei Levica übersprang mit 4,38 Prozent die entscheidende Vier-Prozent-Hürde.
Im Zentrum des Programms der GS stehen die Modernisierung des Wohlfahrtsstaates, der grüne Wandel und die Förderung einer freien, offenen und rechtsstaatlich organisierten Gesellschaft. Es geht um Klimapolitik, Investitionen in neue Generationen von Nukleartechnologien und die Digitalisierung des Gesundheitswesens. Ebenso soll das Präsidentenamt der Republik institutionell künftig eine größere Rolle spielen, Unternehmenssteuern sollen reformiert, der Verteidigungshaushalt aufgestockt und die Barriere an der Grenze zu Kroatien abgebaut werden.
Jetzt wird eine Mitte-links-Koalition des Wahlsiegers Golob und seiner Freiheitsbewegung GS mit den Sozialdemokraten (6,65 Prozent) und der Linkspartei Levica gebildet. (hier zum Regierungsprogramm)
Obwohl die Linkspartei eine erfolgreiche Oppositionspolitik betrieben hat – auf ihren Druck hin wurde der Mindestlohn erhöht, die Erwerbsminderungsrente und das Betreuungsgeld verteidigt, die Sozialhilfe erhöht, die Verkäuferinnen und Verkäufer von der Sonntagsarbeit befreit, Fracking verboten und die Krankenzusatzversicherung fast abgeschafft – verlor sie Stimmen und Mandate.
Die zentrale Wahlkampfbotschaft lautete, dass es nicht ausreicht, Janez Janša zu stürzen, und dass ein starkes Votum für die Linkspartei eine Garantie dafür ist, dass Slowenien endlich eine Regierung bekommt, die für die Menschen arbeitet. "Dass diese Botschaft nicht ankam, betrachten wir als unser Hauptversagen bei diesen Wahlen", heißt es in einer Erklärung des Parteirates.
Der Parteirat sprach sich trotzdem für Verhandlungen über den Eintritt in die Regierung aus. In Levica werden die wichtigsten Entscheidungen von der gesamten Mitgliedschaft mit Direktwahlrecht in Geheimabstimmung entscheiden.
Beim internen Referendum der slowenischen Linkspartei Levica bestätigten mehr als 90% die Unterstützung für die Teilnahme an der Regierung. Der Parteirat bestätigte offiziell die drei Ministerkandidat*innen der Linken:
- Asta Vrečko, Kulturministerium
- Luka Mesec, Ministerium für solidarische Zukunft
- Simon Maljevac, Ministerium für Arbeit, Familie, Soziales und Chancengleichhei
Das neu geschaffene Ministerium für eine solidarische Zukunft wird an den drei Themen arbeiten, die Levica im Wahlkampf als zentral herausgestellt hat: Wirtschaftsdemokratie, Wohnungsbau und Langzeitpflege.
Insbesondere der Ministerkandidaten der Linkspartei für das Amt des Familienministers, Simon Maljevac, ist klerikalen und rechtsgerichteten Gruppen ein Dorn im Auge. Sie greifen ihn wegen seiner sexuellen Orientierung an und behaupten, er sei für das Amt des Familienministers ungeeignet, weil er schwul ist. "Die Vorverurteilung von Menschen aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe ist genau das, was Diskriminierung ausmacht. In Wirklichkeit sind es die Inhalte und die Aktionen, die zählen", erklärt Levica. Und weiter: "Ob es den rechten Falken in der Zeitschrift Democracy und auf Twitter nun gefällt oder nicht, in Slowenien hat es schon immer Familien mit homosexuellen Eltern gegeben. Viele der Probleme, mit denen sie heute konfrontiert sind, sind genau die gleichen, mit denen 'normale' Familien konfrontiert sind. Die Stromrechnung ist nach einem Monat doppelt so teuer, die Lebensmittelrechnung überspringt nebenbei die 30-Euro-Marke, und die Anforderungen des Jobs sind mit der Stunde verknüpft, zu der das Kind in der Kindertagesstätte abgeholt werden muss. Dies sind einige der Themen, die der künftige Minister für Arbeit, Familie, soziale Angelegenheiten und Chancengleichheit angehen will. Nicht der rechte Kulturkampf, der die Menschen in 'unsere Leute' und 'die anderen' einteilt, zum Nachteil beider."
Die künftige Kulturministerin Asta Vrečko äußert zur Regierungsbeteiligung: "Wir haben harte Arbeit vor uns. Herausforderungen werden nicht einfach sein, aber wir stellen uns ihnen mit der Unterstützung unserer Mitgliedschaft und dem Vertrauen, dass wir in der Lage sind, Lösungen für den Wohlstand und die Zukunft aller zu finden."
Der Ex-Parlamentarier der Linkspartei, Primož Siter, meint: "Als vielleicht kleinste Fraktion, aber mit den klarsten politischen Ideen, muss sie der Kompass werden, der die Bosse vom ewigen zentristischen Status quo nach links zwingt - zur Arbeiter- und Volkslinken. Es reicht nicht aus, Schwarzmaler zu sein, wir brauchen ernsthafte Maßnahmen für soziale Sicherheit, eine integrative Gesellschaft und einen gesunden Planeten. Die Mitte hat sich in dieser Hinsicht noch nicht bewährt, die Linke schon."
Der Parteirat der Linkspartei bekräftigte in einer Erklärung: "Es reicht nicht aus, den Wandel für die Menschen zu erreichen, wir müssen ihn in erster Linie mit den Menschen vollziehen. Diesem Grundsatz fühlen wir uns verpflichtet, wenn es um die strategischen und organisatorischen Veränderungen geht, die die Linkspartei in der kommenden Zeit vornehmen muss."
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