25.10.2021: Die ärztliche Friedensorganisation IPPNW Deutschland fordert die UN-Klimakonferenz COP26 auf, strenge Grenzwerte für Treibhausgasemissionen festzulegen und das Militär mit einzubeziehen. Gerade im Hinblick auf das Militär dürfe man keine Ausnahmen mehr zulassen, so die IPPNW ++ Studie der Linksfraktion im Europäischen Parlament zeigt nicht nur, dass die Militärausgaben Ressourcen verschlingen, die für die Bekämpfung des Klimawandels notwendig wären, sondern auch, dass die Militärtechnikindustrie selbst erheblich zum Klimanotstand beiträgt. (Studie in der Anlage)
Vom 31. Oktober bis 12. November 2021 versammelt sich die internationale Gemeinschaft in Glasgow zur 26. Konferenz der Mitgliedsstaaten der UN-Klimarahmenkonvention, Conference of the Parties – kurz COP26 genannt –, um die Umsetzung des Abkommens weiter voranzutreiben. Die Klimaschutzbeiträge, die die Staaten bisher zugesagt haben, sind deutlich zu schwach, um das Ziel des Pariser Abkommens zu erreichen, den globalen Temperaturanstieg auf deutlich unter 2 Grad Celsius zu begrenzen.
Die ärztliche Friedensorganisation IPPNW Deutschland fordert die UN-Klimakonferenz COP26 auf, strenge Grenzwerte für Treibhausgasemissionen festzulegen und das Militär mit einzubeziehen. Gerade im Hinblick auf das Militär dürfe man keine Ausnahmen mehr zulassen, so die IPPNW.
In einer Petition verlangen die Mediziner*innen zusammen mit anderen internationalen Klimaaktivist*innen und Friedensgruppen Transparenz im Umgang mit dem CO2-Fußabdruck des Militärs, unabhängige Prüfungen der erfassten Zahlen und globale Abrüstung, bei den Atomwaffen ebenso wie bei konventionellen Waffen, statt einem Ausgleich des CO2-Ausstoßes.
"Als ärztliche Friedensorganisation fordern wir schon lange die Erhebung und transparente Veröffentlichung aller CO2-Emissionen der Bundeswehr", erklärt die IPPNW-Co-Vorsitzende Dr. Angelika Claußen. "Von der neuen Bundesregierung erwarten wir eine zeitnahe, umfassende Reduktion des Militärs entsprechend der Klimaschutzziele und eine Trendwende zur Abrüstung als Teil von Klimaschutz. Das impliziert auch eine deutliche Absage an die Forderung der US-Regierung zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die NATO bereitzustellen."
Während der Verhandlungen über das Kyoto-Abkommen von 1997 wurden die militärischen Treibhausgasemissionen angesichts der Forderungen durch die US-Regierung von den Klimaverhandlungen ausgenommen. Diese Ausnahme hat sich fortgesetzt. Das Pariser Abkommen von 2015 überließ die Reduzierung der militärischen Treibhausgasemissionen dem Ermessen der einzelnen Staaten. Das Rahmenübereinkommen der UN über Klimaänderungen verpflichtet die Unterzeichnerstaaten zur Veröffentlichung der jährlichen Treibhausgasemissionen, doch die Berichterstattung über militärische Emissionen ist freiwillig und wird oft nicht berücksichtigt.
Das US-Verteidigungsministerium allein verzeichnete beispielsweise 2017 einen höheren Treibhausgasausstoß als Länder wie Dänemark oder Schweden.
Militär, Rüstungsindustrie und Krieg verbrauchen ungeheure Mengen an fossilen Brennstoffen: Das US-Verteidigungsministerium allein verzeichnete beispielsweise 2017 einen höheren Treibhausgasausstoß als Länder wie Dänemark oder Schweden. Laut Schätzungen einer aktuellen Studie des Conflict and Environment Observatory im Auftrag der Linksfraktion The Left im Europäischen Parlament betrug der CO2-Fußabdrucks des EU-Militärs im Jahr 2019 etwa 24,8 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent. Das entspricht den jährlichen Emissionen von etwa 14 Millionen Autos. Deutschlands Militär allein trägt laut Studie 4,53 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent bei.
So verbraucht ein von der deutschen Bundeswehr eingesetzter Kampfjet vom Typ Eurofighter 3.500 Kilogramm Treibstoff pro Flugstunde, entsprechend elf Tonnen CO2-Äquivalente. Das entspricht dem jährlichen CO2-Fußabdruck einer Bundesbürger*in – und auch der ist schon viel zu hoch. Im Jahr 2018 verbrachten die Eurofighter der Bundeswehr 10.480 Flugstunden in der Luft. Mehr als neun Millionen Bäume bräuchte es, um die umgerechnet dadurch freigesetzten 115.280 Tonnen CO2 zu speichern.
Durch Militär- und Kriegsausübung entstehen zudem massive Umweltschäden durch verseuchte Böden und Gewässer, Brände und Flächenverbrauch. Militär, Rüstungsindustrie und Krieg zerstören die Umwelt als Grundlage von Leben und menschlicher Sicherheit und tragen wesentlich zur Klimakatastrophe bei.
Im Vorwort der Studie "Under the radar. The carbon footprint of the Europe's military sectors" heißt es:
"In einer Zeit, in der der fortschreitende Klimawandel eine der größten Bedrohungen für die globale Sicherheit und die Menschheit darstellt, würde man hoffen, dass sich die Weltpolitik darauf konzentrieren würde, wie wir unsere Treibhausgasemissionen senken und eine nachhaltige Zukunft gewährleisten können. Doch der globale Militärsektor lässt die Logik des internationalen Wettrüstens aus dem Kalten Krieg wieder aufleben, und tatsächlich steigen die Militärausgaben weltweit, nicht zuletzt in den NATO-Ländern.
Diese Studie zeigt nicht nur, dass die Militärausgaben Ressourcen verschlingen, die für die Bekämpfung des Klimawandels, für Investitionen in globale Gerechtigkeit und für die Förderung friedlicher Konfliktlösung und Abrüstung eingesetzt werden könnten und sollten, sondern auch, dass die Militärtechnikindustrie selbst erheblich zum Klimanotstand beiträgt. Allein in der EU entspricht der Kohlenstoff-Fußabdruck der Militärausgaben den Emissionen von mindestens 14 Millionen Autos pro Jahr.
Die Studie weist aber auch auf ein weiteres gravierendes Problem hin: die mangelnde Transparenz der Treibhausgasemissionen des Militärsektors. Die in der Studie genannten Zahlen beruhen auf konservativen Schätzungen dieser Emissionen. Wir müssen Zugang zu Zahlen verlangen, die uns Aufschluss darüber geben, wie öffentliche Gelder ausgegeben werden und welche Auswirkungen sie auf die globale Erwärmung haben, auch wenn es um den Militärsektor geht. Dieser Sektor kann nicht länger als ein separater Bereich behandelt werden, der nicht unter dem Gesichtspunkt der Klimaauswirkungen untersucht werden muss.
The Left setzt sich für Frieden und Abrüstung ein und nicht für die Erhöhung der Militärausgaben, die wir heute sowohl in Europa als auch weltweit beobachten. Die Europäische Union wird gemeinhin als "Friedensprojekt" bezeichnet, doch die EU gibt Milliarden von Euro für militärische Projekte wie den Europäischen Verteidigungsfonds aus. Wir wissen, dass Aufrüstung kontraproduktiv für friedliche und nachhaltige internationale Beziehungen ist. Wir hoffen, dass diese Studie eine öffentliche Debatte darüber anstößt, wie man globalen Sicherheitsbedrohungen wie dem Klimawandel begegnen kann, und dass sie auch die Rolle beleuchtet, die die Rüstungsindustrie und die Streitkräfte in diesem Zusammenhang spielen.
- im Namen der Abgeordneten der Linksfraktion The Left im Europäischen Parlament
Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI)
Die Studie Under the radar. The carbon footprint of the Europe's military sectors finden Sie hier oder unter
ceobs.org/wp-content/uploads/2021/02/Under-the-radar_the-carbon-footprint-of-the-EUs-military-sectors.pdf