17.10.2022: Für Mai 2023 ist in der Münchner Olympiahalle ein Konzert des Pink-Floyd-Mitgründers Roger Waters geplant. ++ Münchens Oberbürgermeister will dieses Konzert verbieten, weil Rogers die gegen die israelische Besatzungspolitik gerichtete Kampagne "Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen" (BDS) unterstützt und die Rolle der USA im Krieg um die Ukraine kritisiert.
Erst im Januar 2022 hat das Bundesverwaltungsgericht festgestellt, dass ein Münchner Stadtratsbeschluss gegen die Meinungsfreiheit verstößt und verfassungswidrig ist. Auf Betreiben des Oberbürgermeisters hatte der Stadtrat im Dezember 2017 die gegen die israelische Besatzungspolitik gerichtete Kampagne "Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen" (BDS) als antisemitisch gebrandmarkt und angeordnet, dass keine städtischen Räume mehr für Veranstaltungen zur Verfügung gestellt werden dürfen, die sich mit Inhalten, Themen und Zielen der BDS-Bewegung befassen. Auch nicht-städtische Organisationen wie die Caritas waren unter Druck gesetzt worden, ihre Räumlichkeiten nicht für Veranstaltungen mit dem Thema BDS zur Verfügung zu stellen.
Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. Januar 2022 darf jetzt in städtischen Räumen wieder über die israelische Besatzungs- und Siedlungspolitik sowie über einen gerechten Frieden in Israel / Palästina diskutiert werden. (siehe kommunisten.de: "Anti-BDS-Beschluss der Stadt München verfassungswidrig")
Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) bezeichnete die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts als einen "Rückschlag“. Er appelliert wie auch der Zentralrat der Juden in Deutschland an die Landesregierung und an den Bund, unverzüglich zu prüfen, ob eine "gesetzliche Grundlage geschaffen werden kann", um Veranstaltungen zu BDS künftig verbieten zu können.
Zwar gibt es diese "gesetzliche Grundlage" für ein Verbot von Veranstaltungen zum Thema BDS nicht, was den OB nicht davon abhält, seine Verbotspolitik für BDS-Veranstaltungen fortzusetzen.
Jetzt ist der britische Musiker Roger Waters, der zu den Gründungsmitgliedern der Rockband Pink Floyd gehört, ins Visier des Münchner Oberbürgermeisters gekommen.
Oberbürgermeister Dieter Reiter: Roger Waters in München nicht willkommen
Roger Waters engagiert sich für die Freilassung von Julian Assange. In seinen Konzerten wird diese Forderung lautstark und medienwirksam erhoben. Assange ist seit 2019 im britischen "Guantanamo", dem Londoner Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh, in Isolationshaft eingesperrt. Zuvor hatte er 2012 Zuflucht in der ecuadorianischen Botschaft in London gesucht. Jetzt steht die Auslieferung in die USA bevor, wo ihm 175 Jahre Gefängnis drohen. Die Bundesregierung hält sich bedeckt und äußert, dass es dabei auch um "berechtigte Sicherheitsinteressen" der USA gehe. (siehe kommunisten.de: "Britische Innenministerin liefert Julian Assange 'ans Messer'")
Roger Waters wird zudem vorgeworfen, dass er sich für die Rechte der Palästinenser:innen einsetzt und die Boykottbewegung BDS unterstützt.
Bereits beim Waters-Konzert im Jahr 2018 in der Münchner Olympiahalle hatte sich der OB mit Roger Waters angelegt. Waters sei wegen seiner Identifikation mit der Israel-Boykottbewegung BDS nicht mehr willkommen, sagte Reiter im Sommer 2018. Seiner Auffassung sei diese Kampagne zumindest in Teilen antisemitisch.
Jetzt versucht der Oberbürgermeister, das für den 21. Mai 2023 in der Olympiahalle geplante Konzert zu untersagen. "Es irritiert mich sehr", sagte Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD), dass die städtische Tochter Olympiapark München Gesellschaft (OMG) dieses Konzert auf städtischem Grund stattfinden lasse. Er fordert die OMG auf, zu prüfen, ob es abgesagt werden kann.
Unterstützung erhält der Sozialdemokrat vom Antisemitismus-Beauftragten der bayerischen Staatsregierung, Ludwig Spaenle (CSU), der ebenfalls eine Absage des Konzerts fordert, falls sich Waters nicht von der BDS-Bewegung distanziere.
Die OMG erklärte, dass sie aufgrund eines Urteils des Bundesverwaltungsgerichts gegen die Stadt München keine Möglichkeit gesehen habe, Waters einen Vertrag für das angefragte Konzert in der Olympiahalle zu verweigern.
Doch Reiter gibt nicht auf. Jetzt sind es angebliche "verschwörungstheoretische Äußerungen zum Angriffskrieg Russlands", die ein Auftrittsverbot rechtfertigen würden. Waters "stellt sich hinter Putin", behauptet Heiner Effern in einem Kommentar in der Süddeutschen Zeitung. Reiter ist geringfügig zurückhaltender. "Im Lichte der verschwörungstheoretischen Äußerungen zum Angriffskrieg Russlands kann ich auch mit Blick auf unsere Partnerstadt Kiew, die gerade wieder schreckliche Bombenangriffe durch Russland erlebt, nur die Olympiapark GmbH bitten, nochmal zu prüfen, ob dieses Konzert tatsächlich stattfinden muss", so Oberbürgermeister Dieter Reiter. Hinweise für diese angeblichen "verschwörungstheoretischen Äußerungen" gibt Reiter nicht.
In Wirklichkeit sagte Roger Waters dem US-Moderator Michael Smerconish in einem Interview, US-Präsident Joe Biden "schürt das Feuer in der Ukraine. Das ist ein großes Verbrechen." Waters fügte hinzu, dass die USA die Dauer des Krieges verlängern würden. Wenn Biden wolle, wäre der Krieg "morgen beendet".
"Verschwörungstheoretisch" oder einfach unbequeme Wahrheiten?
Doch München ist nicht allein mit den Versuchen, Konzerte von Roger Waters zu verbieten. Medienberichten zufolge wurden die für Frühjahr in Polen geplanten Konzerte des britischen Rockmusikers abgesagt.
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