Deutschland

29.08.2025: Bundesregierung beschließt den Gesetzentwurf zur Wiedereinführung des freiwilligen Wehrdienstes ++ Wehrpflicht: "wenn es dann nötig sein sollte, werden wir sehen" ++ eine kriegsbereite Alltagskultur ist das Ziel der Kampagne für Wehrpflicht und Kriegstüchtigkeit

Mit dem 100-Milliarden-Euro-"Sondervermögen" im Jahr 2022 und einer Grundgesetzänderung 2025, die eine unbegrenzte Finanzierung der Bundeswehr ermöglicht, wurden zentrale finanzielle Hürden für militärische Expansion beseitigt. Nun bereitet die Bundesregierung die Rückkehr zur Wehrpflicht vor.

Nachdem es aufgrund der Auseinandersetzung zwischen Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) und Außenminister Johann Wadephul (CDU) fast zu einer Regierungskrise gekommen wäre, hat die Bundesregierung den Gesetzentwurf zur Wiedereinführung des Wehrdienstes in Deutschland doch noch beschlossen. Bislang gab es keine Einberufungsbescheide, nun wird die Wehrpflicht wieder eingeführt, allerdings nur für Männer, die diese jedoch ablehnen können.

Wie von Pistorius geplant, wird die neue Wehrpflicht ausschließlich auf der freiwilligen Einberufung in die Bundeswehr basieren, und daher wird es – vorerst – keine Klausel geben, die im Falle der Nichterreichung der vorgesehenen Mindestquote für die Rekrutierung eine Wehrpflicht vorsieht, wie ursprünglich von Wadephul gefordert. Noch 48 Stunden vor der Beschlussfassung drohte der Außenminister, die Regelung zu blockieren, indem er die "Ministerreserve” aktivierte, die es ihm ermöglicht hätte, den gesamten institutionellen Prozess einzufrieren.

Dann kam es zu einer Kehrtwende, ausgelöst durch die Zusicherungen von Pistorius, dass "wir zu einem späteren Zeitpunkt festlegen werden, wie eventuelle Personalengpässe ausgeglichen werden können, falls dies erforderlich sein sollte”.

Junge, volljährige Männer müssen dem Gesetzentwurf zufolge einen Fragebogen zu ihrer Dienstbereitschaft verpflichtend beantworten, den sie zugeschickt bekommen, für Frauen ist es freiwillig. Wer sich zum Wehrdienst bereit erklärt, kann dann rekrutiert werden. Diese Abfrage soll mit dem Jahrgang 2008 beginnen, das bedeutet, schon ab dem kommenden Jahr sollen die Fragebögen verschickt werden. Ab 1. Juli 2027 soll es dann wieder eine verpflichtende Musterung geben, an der alle 18-jährigen Männer teilnehmen müssen.

Die Rückkehr zur Wehrpflicht ist im Moment nicht geplant. Das neue Modell sieht aber vor, dass sie wiederkommen kann, wenn der Bedarf an Soldatinnen und Soldaten wegen der Sicherheitslage steigt, aber nicht durch Freiwillige gedeckt werden kann.

Aktuell verfügt die Truppe über rund 182.000 aktive Soldatinnen und Soldaten und rund 90.000 Dienstposten in der Verstärkungs- und Personalreserve. Von denen waren im vergangenen Jahr aber nur knapp 50.000 besetzt. Nach Nato-Anforderungen soll die Bundeswehr in den nächsten zehn Jahren auf 260.000 aktive Soldatinnen und Soldaten und 200.000 Reservistinnen und Reservisten anwachsen.

"Wir müssen kriegstüchtig werden, wir müssen wehrhaft sein und die Bundeswehr und die Gesellschaft dafür aufstellen"
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD)

Bis dahin müssten nicht nur Bundeswehr und alle Armeen von EU und Nato kriegstüchtig und kriegsbereit sein, sondern auch die sie tragenden Bevölkerungen – so lautet kurz gefasst das herrschende Credo. Einschließlich Bunkerbau, Notstromversorgung, Cyberabwehr, Vorrätehaltung, Autobahnen und -brücken, Eisenbahninfrastruktur, Krankenhäuser, Polizei-, Feuerwehr- und andere Versorgungs- und Notfalldienste, Geheimdienste, Unternehmen und viele andere mehr. Alles zusammengefasst im 1.000-seitigen Operationsplan Deutschland, weitestgehend geheim, und einem "Grünbuch Zivilmilitärische Zusammenarbeit".

Ob die Wehrpflicht die Personalprobleme der Bundeswehr lösen hilft oder nicht, wäre vor diesem Hintergrund eher zweitrangig.

Die aktuelle Wehrpflichtdebatte zielt aber – unabhängig von dem jeweils präferierten Modell (Reaktivierung der allgemeinen Wehrpflicht, wie sie bis 2011 galt, Mischformen von allgemeiner Erfassung, Fragebogenpflicht oder nicht, Männer und Frauen oder eine allgemeine Dienstpflicht für alle…) – auf das Problem der Militärdienstbereitschaft, der Erhöhung der Reservistenzahl und der Kriegstüchtigkeit und -bereitschaft der Gesellschaft. Vor allem aber zielt sie auf die organische Einbindung des Militärs in die zivilen Strukturen der Gesellschaft.

Militärisch denkende Bürger in einer kriegsbereiten Alltagskultur sind das Ziel der derzeitigen öffentlichen Kampagne für Kriegstüchtigkeit und Kriegsbereitschaft.

Da passt dazu, dass DIW-Chef Marcel Fratzscher ein "verpflichtendes soziales Jahr für alle Rentnerinnen und Rentner" fordert, das Arbeit bei der Bundeswehr einschließt. Die Diskussion um die Wiedereinführung der Wehrpflicht verenge sich häufig auf die jungen Generationen, beklagt Fratzscher. Dabei könne die Bundeswehr gerade von den technischen Fähigkeiten vieler Rentner profitieren, so der Wirtschaftswissenschaftler.

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Das Verteidigungsministerium will den Wehrdienst attraktiver machen und die Wertschätzung für die Soldatinnen und Soldaten erhöhen. So soll der Sold laut Pistorius künftig 2.300 Euro netto im Monat betragen, wobei keine Mietkosten oder Krankenkassenbeiträge zu zahlen sind. Außerdem sind neue Anreize geplant, beispielsweise die Berufsförderung, Zuschüsse für den Erwerb eines Führerscheins oder Zugang zu Sprachkursen.

 

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Es bleibt jedoch abzuwarten, ob es hoch genug sein wird, um die Mauer der Ablehnung des Militarismus zu durchbrechen, die nach den historischen Erfahrungen des Nazi-Faschismus im deutschen Kollektivbewusstsein immer noch "verankert” ist: Umfragen zufolge lehnt die Mehrheit der 18- bis 24-Jährigen das Tragen einer Uniform nach wie vor entschieden ab, unabhängig von Gründen oder Anreizen.

Besser sieht es auch nicht aus mit der groß angelegten Werbekampagne für die Bundeswehr. Die auffälligen Plakate, deren Stil irgendwo zwischen "I want You” und "Top Gun” angesiedelt ist, erzielen nicht einmal halb so viel Resonanz, wie die Regierung erwartet hatte.

Während dessen hat sich das Image der Bundeswehr nach dem Skandal um 97 Soldaten, die wegen ihrer Verbindungen zur neonazistischen Ideologie vorzeitig aus dem Dienst entlassen wurden, eher verschlechtert als verbessert - vom Hitlergruß über Lieder gegen Juden und Muslime bis hin zur Verherrlichung rechtsextremer "Denker" und dem Lob der Reichsbürger, einer rechtsextremen Organisation, die als staatsfeindlich verboten wurde. Im Vergleich zu 2024 sind die Fälle um ganze 30 % gestiegen.

Daher die Zurückhaltung von Minister Wadephul, der sich gegenüber den "zu vagen" Zusagen von Pistorius unnachgiebig zeigt und daher mit der Wehrpflicht droht, sollten die Streitkräfte hinter den Plänen von Bundeskanzler Merz zurückbleiben. Immerhin geht es darum, “Deutschland zur führenden konventionellen Macht Europas zu machen”.

"Auf jeden Fall haben wir uns in der Koalitionsvereinbarung zwischen Sozialdemokraten und Christdemokraten vor der Regierungsbildung darauf geeinigt, dass der neue Wehrdienst auf freiwilliger Basis beginnen wird. Und so wird es auch sein”, sagt Siemtje Möller, stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion.

Aber in der CDU gibt es nicht nur das Hindernis Wadephul. "Wir müssen uns jetzt schon auf konkrete Ziele einigen, die den Übergang von freiwilligen Maßnahmen zu Verpflichtungen vorsehen, wenn diese nicht ausreichen, um unsere Ziele zu erreichen. Die bloße Hoffnung, dass die Wehrpflicht erfolgreich sein wird, kann unser Handeln nicht leiten", äußert der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.


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