Europa

17.11.2014: Freitag, der 14. November, war der „Tag des gesellschaftlichen Streiks“. Italien war lahm gelegt. Mehr als 300.000 Menschen - StudentInnen, ArbeiterInnen, prekär Beschäftigte und Arbeitslose - beteiligten sich an Kundgebungen. Die Metallgewerkschaft FIOM hatte zu Arbeitsniederlegungen aufgerufen. Alle Fabriken im Norden und 21 im Süden standen still. In vielen Städten kam es zu schweren Auseinandersetzungen mit der Polizei. „Wir werden nicht nachgeben!“, versicherte FIOM-Nationalsekretär Maurizio Landini bei der Großkundgebung in Mailand - „eine Manifestation, wie sie Mailand seit Dutzenden von Jahren nicht mehr gesehen hat“, so FIOM. Auch in Frankreich wächst der Protest gegen die Austeritätspolitik. 100.000 Menschen waren am Samstag auf der Straße.

Italien: "Verschränken wir die Arme - vernetzen wir die Kämpfe

Anlass für den „Tag des gesellschaftlichen Streiks“ ist die von Italiens Premier Matteo Renzi beabsichtigte Reform des Arbeitsmarktes. Mit dem sog. »jobs act« soll der Kündigungsschutzgesetz ausgehöhlt werden. Angeblich um die Jugendarbeitslosigkeit zu bekämpfen, die in Italien bei 44,2 Prozent liegt. Sogar der linke Flügel der Demokratischen Partei wirft Renzi vor, er wolle liberalisieren wie einst Margret Thatcher in Großbritannien und Arbeitsrechte demontieren wie Gerhard Schröder mit der Agenda 2010. Und so ist der Artikel 18 im italienischen Arbeitsrecht, der Beschäftigte vor ungerechtfertigten Entlassungen schützen soll, zum Symbol eines Machtkampfes geworden. Dieser Artikel 18 ist eine Errungenschaft der italienischen Arbeiterbewegung aus dem Jahr 1970. Er sieht vor, dass Mitarbeiter in Betrieben mit mehr als 15 Beschäftigten wieder eingestellt werden müssen, wenn ihre Entlassung ungerechtfertigt war.

Eine Million auf der Straße für "Arbeit mit Rechten"
Bereits am 25. Oktober waren eine Million, überwiegend junge Menschen dem Aufruf des Gewerkschaftsdachverbades CGIL gefolgt und hatte in Rom unter dem Slogan „Arbeit, Würde, Gleichberechtigung“ demonstriert. 2.500 Busse und mehrere Sonderzüge hatten die DemonstrantInnen in die Hauptstadt gebracht. Es war die erste Massenkundgebung gegen die Politik des Ministerpräsidenten seit seinem Amtsantritt im Februar. Selbst der linke Flügel der Regierungspartei PD beteiligte sich an den Protesten.

„Wir wollen Arbeit für alle, aber Arbeit mit Rechten“, rief die Nationalsekretärin der CGIL, Susanna Camusso, der Menschenmenge zu. Anstatt ArbeiterInnenrechte zu demontieren solle die Regierung Spitzengehälter und Großvermögen besteuern, um mit öffentlichem Geld Beschäftigung zu schaffen, fordert der größte Gewerkschaftsdachverband Italiens. Der gesetzliche Kündigungsschutz dürfe nicht nur nicht angetastet werden, sondern sei massiv auszuweiten. Und: Das Arbeitslosengeld muss erhöht werden.

Italien vor harten Auseinandersetzungen
Der Nationalsekretär der Metallgewerkschaft FIOM, Maurizio Landini, hatte bei der Kundgebung angekündigt: „Das ist erst der Anfang einer Mobilmachung, die zum nächsten Generalstreik führen wird und im Lande weitergeht. Wir werden keinesfalls die Veränderungen hinnehmen, die die Regierung vorschlägt, denn sie beschneiden unsere Rechte und vergrößern das Prekariat, sie ermöglichen geradezu willkürliche Kündigungen und stehen vor allem für eine Politik, die weder Arbeit noch Beschäftigung fördert.“

Premier Matteo Renzi ließ die DemonstrantInnen und die Gewerkschaft trotzig wissen, die Zeiten, wo Demos die Regierung stoppten, seien nun mal vorbei.

Vor diesem Hintergrund riefen Gewerkschaften, gesellschaftliche Bewegungen und die politische Linke am 14. November zum „Tag des gesellschaftlichen Streiks“ auf.

Für den 29. November mobilisieren Rifondazione Comunista (PRC) und andere in der „Liste Tsipras – für ein anderes Europa“ zusammengeschlossenen linken Organisationen zu einer nationalen Kundgebung gegen die Politik der Regierung und der Europäischen Union. Mit dieser Aktion soll auch der Prozess der Herausbildung einer „italienischen Syriza“ befördert werden, „weil dies nicht nur interne Diskussionen, sondern auch politische Aktionen“ (PRC) erfordert.

Paolo Ferrero, Nationalsekretär von Rifondazione Comunista, beteiligte sich an der Kundgebung in Mailand und erklärte: „Wir unterstützen die Mobilisierung und den Streik der FIOM und den gesellschaftlichen Streik der Bewegung der Prekarisierten und der Basisgewerkschaften. In Italien gibt es eine Antwort auf den Versuch von Renzi, die einen gegen die anderen auszuspielen. Alle erheben die Stimme gegen die Politik dieser Regierung, die die Arbeit zerstört und der Jugend die Zukunft nimmt. Dieser Tag ist ein wichtiger Meilenstein für den Aufbau einer breiten und partizipativen Bewegung gegen die Politik von Renzi.“

Generalstreik am 5. Dezember
Susanna Camusso, die ebenfalls in Mailand an der Kundgebung teilnahm, zeigte sich überzeugt, dass es für den landesweiten Generalstreik am 5. Dezember zu einer Übereinkunft und Teilnahme der beiden anderen Gewerkschaftsdachverbände CISL und UIL kommen wird. Die größte italienische Gewerkschaft CGIL ruft für den 5. Dezember zu einem acht Stunden langen Generalstreik auf. Die Arbeitsniederlegungen sollen alle öffentlichen und privaten Bereiche betreffen und von Demonstrationen begleitet werden.

14. November: Verschränken wir die Arme - vernetzen wir die Kämpfe!
Am 14. November hatte die Metallgewerkschaft FIOM zum Streik aufgerufen. Aber auch die Eisenbahngesellschaft Trenitalia wurde in Ligurien zwischen 9 und 17 Uhr bestreikt. Die Beschäftigten in den Flughäfen legten die Arbeit nieder, Fähren nach Sizilien wurden bestreikt wie auch Banken und Postfilialen.

Im Folgenden einige Schlaglichter vom Freitag in Italien (übernommen aus Controlacrisi):

Am heutigen 14. November ist Tag des gesellschaftlichen Streiks in Italien!
Hunderttausende sind zusammengekommen, um mit den streikenden MetallarbeiterInnen den Regierenden klarzumachen: „Wir wollen weder Euch noch Eure Politik!“

Die Aktionen begannen schon gestern Abend, einige hundert Studierende des sogenannten „Labors des gesellschaftlichen Streiks“ in Rom besetzten die Philosophische Fakultät, Flugblätter wurden massenhaft verteilt.

Die deutsche Botschaft wurde besetzt.

In Venedig wurde die ADL (Assoziation für die Rechte der Arbeiter“) besetzt, in Pisa wurde die zweite Schicht des Elektronikherstellers AVR blockiert

In Rom blockierten Demonstranten den Hauptsitz des Energiedienstleisters ACEA, in Turin mehrere Hauptstraßen der Stadt...

In Mailand kam es zu einer Demonstration, an der auch der belgische Gewerkschaftssekretär Angelo Basile teilnahm, um die Solidarität der belgischen ArbeiterInnen deutlich zu machen: „Wie wir in Belgien habt auch Ihr, die italienischen ArbeiterInnen, einen schwierigen Kampf vor Euch. Wir sind solidarisch mit Euch!“ sagte er.

Ein Spruch auf dieser Demonstration, an der auch die Vorsitzenden von CGIl und Metallgewerkschaft teilnahmen, lautete: „Matteo, mit dem Beklauen der Arbeiter kommst Du nicht durch -  wir sind die Mehrheit!“ Renzi sollte sich warm anziehen!

Allerdings kam es in Mailand mittags zu einem gewalttätigen Angriff der Polizei gegen die Studierenden. Danach berieten die DemonstrantInnen sich und entschieden, zum Sitz der Metallgewerkschaft zu gehen, um Unterstützung zu bekommen.

In Bergamo wurde der Sitz der PD (Demokratische Partei) besetzt. Die PD ist u. a. verantwortlich für unzumutbare Wohnverhältnisse, Spekulation und Mieterhöhungen.

Auch in Bologna begann der gesellschaftliche Streik schon am gestrigen Abend. Mit einem rot-weißen Band wurden symbolisch die Eingänge einiger Fakultäten der Universität versiegelt.
Kampftag in ganz Italien!

Und auch in Paris traten heute viele Menschen in den Sozialen Streik -  die Büros der OECD wurden von Gruppen von prekär Beschäftigten besetzt.

Frankreich: NEIN zur Austeritätspolitik!

Zehntausende demonstrierten am Samstag in Paris und in anderen Städten Frankreichs gegen die von der Regierung und dem Unternehmerverband MEDEF betriebene Austeritätspolitik. Aufgerufen hatte das Bündnis "Alternative zur Austerität", bestehend aus den Parteien der radikalen Linken, Gewerkschaften und sozialen Bewegungen. Angeschlossen haben sich feministische Organisationen und Initiativen gegen die Arbeitslosigkeit.

Dieses Bündnis hatte zu Manifestationen in verschiedenen Städten, darunter Tolouse, Bordeaux und Strasbourg, zum Protest gegen die Haushaltspolitik von Präsident François Hollande und Premier Manuel Valls aufgerufen. In Paris demonstrierten nach Angaben der Linkspartei Partí de Gauche 30.000 Menschen, in Frankreich insgesamt über 100.000.

Die Demonstrationen forderten nicht nur eine soziale, ökologische und politische Alternative, sondern richteten sich auch gegen das repressive Vorgehen des Staates gegen die sozialen, ökologischen und bürgerrechtlichen Bewegungen. Der Tod eines 21 Jahre alten Biologiestudenten Rémi Fraisse wühlt Frankreich seit Wochen auf. Der junge Mann hatte mit tausenden anderen gegen einen geplanten Staudamm protestiert und war am 26. Oktober durch eine Tränengasgranate der Polizei ums Leben gekommen.


txt: beman
fotos: CGIL, USB, FIOM, PCF

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