Internationales

myanmar_jean-marie-hullot13.07.2010: Nirgendwo auf der Welt ist die Wahrscheinlichkeit, von einer giftigen Schlange gebissen zu werden, so hoch wie in Myanmar, ehemals Burma. Die Reptilien werden auch metaphorisch in die politische Sprache aufgenommen.

„Die Schlangen häuten sich“, so kommentieren Myanmars Exilgruppen die letzten Manöver der Militärmachthaber vor den Wahlen im Herbst. Gemeint sind mehrere herausragende Generäle, die ihre Uniform abgelegt haben und nun Zivil tragen. Sie bilden das Top-Management einer neuen Partei, der Union Solidarity and Development Party (USDP). Diese Partei soll den Wahlsieg davontragen. Die USDP ist die größte politische Partei, die es jemals in Burma gegeben hat. Ihre Massenbasis bildet die Union Solidarity and Development Association (USDA), die 24 Mill. Armeeangehörige, Angestellte der öffentlichen Verwaltungen, Lehrer und Studenten zusammenfasst. Sogar manchem ausländischen Besucher fällt auf, dass in den zentralen Regionen Burmas, vor allem in Rangun, die Ablehnung der Militärdiktatur und die Empörung über die miserablen Lebensbedingungen weit verbreitet sind.

Mit Blick auf erfolgreiche Volkskämpfe in Südostasien, die z. B. 1986 die Diktatur von Ferdinand Marcos beendeten oder 1998 das Suharto-Regime in Indonesien zu Fall brachten, wurde immer wieder der baldige Sieg über die burmesische Militärjunta erhofft.

Aber weder Druck von außen noch innere Unruhen, wie die Massendemonstrationen der Mönche im September 2007 oder die katastrophale Lage des Landes nach dem Wirbelsturm Nargis, der im Mai 2008 wütete und 200 000 Tote hinterließ, noch der Einsatz der telegenen und weltbekannten Aung San Suu Kyi konnte die Herrschaft der Militärs brechen. In Repression allein erschöpft sich offensichtlich die Politik der Herrschenden nicht. Ein Beispiel: Die örtlichen Büros der USDA stellen Personalausweise aus, vergeben Kleinkredite, erteilen Schulgeldbefreiungen, bearbeiten Anträge für freie medizinische Behandlung und organisieren in ländlichen Gebieten Brunnenbohrungen. Trotzdem sind die Generäle vorsichtig: Laut Verfassung wird ein Viertel der Parlamentsabgeordneten gar nicht frei gewählt, sondern vom Oberbefehlshaber der Streitkräfte ernannt. Von den verbleibenden 75 Prozent muss Burmas Militärjunta nur ein Drittel (plus einem Sitz) gewinnen und kann dann nach den Wahlen das Parlament kontrollieren. Machterhalt – diesmal durch Wahlen, und alles verfassungsmäßig legitimiert, so stellen sich die Generäle ihre gesellschaftliche Zukunft vor.

Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi rief zum Boykott der Pseudowahlen auf. Daraufhin wurde ihre Partei, die National League for Democracy (NLD) von den Behörden als aufgelöst erklärt. Aber einige NLD-Mitstreiter verweigerten sich der Politik des Wahlboykotts und gründeten eine eigene Partei, die an denWahlen teilnehmen wird. Zwischen der NLD und den bewaffneten Gruppen der ethnischen Minderheiten, die jahrzehntelang in Myanmars Grenzregionen gegen die Zentralregierung kämpften, hat sich in der Vergangenheit keine vertrauensvolle Zusammenarbeit entwickelt. Mit 17 aufständischen Organisationen haben nun die Generäle Friedensabkommen geschlossen. Die in tiefer Illegalität arbeitenden Kommunisten kämpfen um Einfluss unter den Arbeiterinnen und Arbeitern in Rangun und wollen Kontakte zu progressiven Kräften in der Armee aufnehmen. Die burmesischen Exilgruppen sind erfolgreich im Verlegen regimekritischer Zeitungen im Ausland, haben aber kaum Einfluss auf das Geschehen in Myanmar. Hoch umstritten sind ihre Aufrufe zu Wirtschaftssanktionen, da diese vor allem Myanmars Kleinbauern und Handwerker treffen.

Der Westen stellt sich als Beschützer von Myanmars prodemokratischen Kräften dar. Doch diese Haltung ist heuchlerisch, wie ein Blick in die burmesische Geschichte zeigt: Myanmar ist ein großer Vielvölkerstaat. Neben der Bevölkerungsmehrheit der buddhistischen Burmanen, gibt es u. a. die Minderheit der Kachin, verschiedene Thai- Völker und die christlichen Volksgruppen der Karen. Ab 1886 war Burma als Unterprovinz von Britisch-Indien Bestandteil des britischen Kolonialreiches. Die Briten sorgten dafür, dass sich ethnische und religiöse Unterschiede zu sozialen Widersprüchen vertieften. So setzten indische Soldaten und Verwaltungsbeamte aus der Gruppe der christlichen Karen die Unterdrückungspolitik der Kolonialherren gegenüber den überwiegend burmanischen Reisbauern durch. Während des 2. Weltkriegs musste Burma für die Rivalitätskämpfe fremder Mächte herhalten. Der Krieg zwischen Japan und dem britischen Empire auf burmesischem Boden hinterließ ein zerstörtes Land. Mit Aufnahme der Unabhängigkeitsverhandlungen nach Kriegsende setzte die britische Regierung unter Labour-Premier Attlee ihre alte Burma-Politik der politischen Spaltungen fort. So wurde die KP, die aufopfernd gegen die Japaner gekämpft hatte, von den Briten gesellschaftlich ausgegrenzt. Mit Unterstützung Pekings eroberte und verteidigte die Partei dann „befreite Zonen“ im Lande. Die von London eingeführte Dominanz christlicher Minderheiten in der Armeeführung wurde nach der Unabhängigkeit 1947 von burmanischen Militärs beendet, worauf sich die Armee teilte und die neuen Streitkräfte der verschiedenen ethnischen Gruppen den Kampf mit der Zentralmacht aufnahmen.

Als sich 1962 General Ne Win an die Macht putschte, unter wohlwollendem Beifall der Kennedy-Regierung, wuchs immer mehr die Macht der „Tatmadaw“, der Streitkräfte, die sich nun als wichtigste Institution für einen einheitlichen, vom Ausland unabhängigen und burmanisch dominierten Staat sahen. Ihre Abschottungspolitik zur Zeit der US-Aggressionskriege gegen Vietnam, Laos und Kambodscha wurde im Lande durchaus begrüßt. Heute sind die „Tatmadaw“ ein riesiger repressiver Militär- Industrie-Komplex, der eben auch ein Erbe der Politik des Westens ist.

Text: Gunter Willing (z. Z. Rangun) / Foto: Jean-Marie Hullot

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