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Israel Protest Nationalgesetz 2018 08 0409.08.2018: 90.000 bei Massendemonstration gegen "Nationalstaatsgesetz" ++ Proteste weiten sich aus ++ Vereinte Liste reicht Klage beim Obersten Gerichtshof ein ++

zum Thema
Israels Rechte errichten Apartheid-Staat

Das von der rechten und rechtsextremen Knesset-Mehrheit am 19. Juli mit knapper Mehrheit verabschiedete "Nationalstaatsgesetz" hat mehr Widerstand ausgelöst, als dessen Verfechter gedacht haben. Am vergangenen Wochenende (4.8.) fand in Tel Aviv eine der größten Massendemonstrationen statt, die Israel seit Jahrzehnten erlebt hat.

 

Zehntausende beim von Drusen initierten Protest

Israel Protest Drusen 2018 08 04"Wir wollen Gleichheit" riefen die rund 90.000 Teilnehmer (nach israelischen Medien mehr als 50.000), die sich unter wehenden israelischen und drusischen Fahnen am Samstagabend des 4. August auf dem Rabin-Platz versammelten. Hauptträger waren die sonst zu solchen Demonstrationen eher nicht bereiten Drusen. Das ist eine vor allem in mehreren Gemeinden in Nordisrael wohnende Minderheit arabischer Abstammung (rd. 130.000 Menschen), die sich aufgrund ihrer speziellen Religion aber als eigenständige Volksgruppe verstehen. Eine Besonderheit ist, dass die Drusen Wehrdienst in der israelischen Armee leisten. Teilweise stellen Drusen ganze Einheiten. Drusische Offiziere stiegen bis in die oberste Kommandoebene auf. Neben den Drusen leisten auch Teile der in Israel lebenden Beduinen und andere kleinere Minderheiten Wehrdienst, während die palästinensischen Araber davon ausgenommen sind.

"Trotz unserer uneingeschränkten Loyalität zum Staat
hält uns der Staat nicht für gleichwertig."
Sheikh Muafak Tarif, geistlicher Drusenführer,
in seiner Rede auf der Kundgebung.

Umso mehr fällt ins Gewicht, dass sich die Mehrheit der Drusen nun durch das "Nationalstaatsgesetz" zu Menschen zweiter Klassen degradiert und diskriminiert fühlen. Das beruht vor allem auf der Bestimmung in Artikel 1 des Gesetzes, da nur das "jüdische Volk" das Recht auf Selbstbestimmung im Staate Israel hat, da in Artikel 3 nur die hebräische Sprache zur offiziellen Staatssprache erklärt wird und da in Artikel 7 ausschließlich "jüdische Siedlungen" als "nationaler Wert" bezeichnet werden, denen besondere staatliche Förderung zugesichert wird.

Zu der Kundgebung aufgerufen hatten u. a. das "Forum der drusischen Armeeoffiziere", zu dessen führenden Persönlichkeiten einer der ranghöchsten drusischen Offiziere, der Brigadegeneral in Reserve Amal Assad, ehemaliger Kommandant der Infanterie und Veteran mehrerer Kriege gehört. Außerdem hatten mehrere Bürgermeister drusischer Städte dazu aufgerufen. Als Hauptredner auf der Kundgebung forderte General Assad die Regierung auf, das "Nationalstaatsgesetz" wieder aufzuheben, von dem er in einem Facebook-Eintrag geschrieben hatte, da es Israel "in einen Apartheid-Staat verwandelt".

Netanjahu manöveriert

Es war Netanjahu nicht gelungen, in einer noch vor der angesetzten Großkundgebung eiligst einberufenen Zusammenkunft die Drusen zur Rücknahme ihres Aufrufs zu bewegen. Als Assad sich nicht bereit zeigte, von seinem Facebook-Eintrag abzurücken, verließ Netanjahu wütend, aber unverrichteter Dinge die Sitzung.

Inzwischen wurde allerdings von Regierungsseite versucht, doch noch einen "Kompromiss" zu finden. Das beruht offenbar darauf, dass sich im Unterschied zu den "weltlichen" Sprechern der Drusen, die zu der Kundgebung aufgerufen hatten, führende drusische Geistliche in ihrer Protesthaltung wesentlich zurückhaltender zeigten. Netanjahu initiierte den Vorschlag, eine gemischte Kommission zu bilden, die bis zum Herbst ein weiteres Gesetz ausarbeiten soll, in dem angeblich speziell die "Rechte der Minderheiten" und besonders der Status der Drusen im "Nationalstaat des jüdischen Volkes" gesetzlich verankert werden soll. Außerdem versprach der Regierungschef den Drusen plötzlich mehr Geld für den Ausbau ihrer Städte und Gemeinden, Schulen und religiöser Einrichtungen.

Letzteres stieß bei den Vertretern der Drusen allerdings eher auf Befremden. Sie erklärten, es gehe ihnen nicht um Vorteile für eine bestimmte Volksgruppe, sondern um die Gleichberechtigung und Gleichstellung aller in Israel lebenden Menschen unabhängig von ihrer ethnischen Zugehörigkeit.

Netanjahu erklärte aber inzwischen, da er und seine Regierung auf keinen Fall bereit sind, auf das verabschiedete Nationalstaatsgesetz mit seinen diskriminierenden Bestimmungen zu verzichten. Dieses Gesetz sei unerlässlich, um den "jüdischen Charakter" des Staates Israel für alle Zeiten festzuschreiben, ließ er verlauten.

Proteste weiten sich aus

Proteste gegen das neue Gesetz gab es neben der Kundgebung in Tel Avis, an der auch Vertreter der sozialdemokratisch-liberalen Opposition und der "Vereinten Liste" der arabischen Parteien und der Kommunisten teilnahmen, zeitgleich in vielen arabischen Städten in Israel, u.a. in Sakhnin, Rahat und Kufr Kana. Mehrere Hundert demonstrierten auf Initiative der Kommunistischen Partei Israels und der arabisch-jüdischen "Hadasch"-Front vor dem Wohnhaus von Finanzminister Kahlon in Haifa, der sich gern als "liberalerer" Partner in Netanjahus Rechtsregierung präsentiert.

Die Vereinte Liste - eine Dachfraktion von vier Parteien, darunter die KP Israels - das High Follow-Up Committee for Arab Citizens of Israel, das arabische Israelis auf nationaler Ebene vertritt, und das Adalah Legal Center for Arab Minority Rights in Israel haben am 7. August beim Obersten Gerichtshof eine Petition gegen das Nationalstaatsgesetz eingereicht. Die Petition folgt ähnlichen Appellen von drusischen Knesset-Mitgliedern, der linken Meretz-Partei und israelischen Beduinen aus Nord- und Südisrael.

Israels Justizminister Ayelet Shaked sagte diese Woche in einem Interview auf Israel Army Radio, dass das Oberste Gericht der Nation keine Berechtigung habe, grundlegende Gesetze aufzuheben, und drohte "einen Krieg zwischen den Zweigen der Regierung", wenn die Richter das Nationalitätsgesetz aufheben. Der regierungsnahe Juraprofessor Alex Stein, Kandidat von Ayelet Shaked für das Amt im Obersten Gerichtshof, warnte den Obersten Gerichtshof davor, sich über die Entscheidung der Knesset hinwegzusetzen. Dem würde ein "Erdbeben" folgen.

    

 

Für kommenden Samstag (11. August) ist eine weitere Massendemonstration auf dem Rabin-Platz in Tel Aviv angekündigt, diesmal veranstaltet von dem "High Follow-Up Committee for Arab Citizens of Israel" ("Hohen Vertretungskomitee für arabische Bürger Israels").

Mitglieder der Vereinten Liste werden demnächst in Brüssel mit der Leiterin der Außenpolitik der Europäischen Union, Federica Mogherini, und dem UN-Generalsekretär Antonio Guterres zusammentreffen. Sie wollen diese hochkarätigen Treffen nutzen, um eine internationale Kampagne gegen das Gesetz zu starten und mit Unterstützung führender Schriftsteller, Dichter und Intellektueller weltweite Unterstützung zu mobilisieren.

Hunderte israelische Künstler, Schriftsteller und Intellektuelle haben Regierungschef Netanjahu in einer Petition aufgefordert, "diese Sünde" des Nationalstaatsgesetzes zu beseitigen. Es erlaube "radikale und religiöse Diskriminierung" und "widerspricht der Definition eines demokratischen Staates und der Unabhängigkeitserklärung, auf dessen Basis der Staat gegründet wurde", heißt es in der Erklärung. Zu den Unterzeichnern gehören die Schriftsteller Amos Oz, David Grossman, Etgar Keret und A.B. Yehoshua. Der Historiker Yuval Noah Harari hat aus Protest seine Teilnahme an einer Veranstaltung des israelischen in Konsulats in Los Angeles abgesagt. Er sei stolz, Israeli zu sein, aber das Konsulat sei ein verlängerter Arm einer Regierungspolitik, mit der er nicht in Verbindung gebracht werden wolle, so Harari.

 

"Dieses Gesetz ist böse, kolonialistisch und rassistisch, aber es hat eine andere Seite. Netanyahu hat uns ein Werkzeug an die Hand gegeben, um der Welt zu zeigen, wie tief der Rassismus in Israel ist, und deshalb verbreiten wir dieses Dokument.... an die Welt appellierend und dieses Gründungsdokument der Apartheid und des Rassismus zeigend."
Jamal Zahalka, Knessetmitglied der Balad-Partei
    

 

txt: Georg Polikeit, redaktionell geringfügig ergänzt


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