27.04.2013: Beim Einsturz des achtgeschossigen Gebäudes Rana Plaza nahe Dhaka, der Hauptstadt Bangladeschs, sind nach aktuellen Angaben über 300 Menschen ums Leben gekommen, 400 werden noch vermisst, nahezu 1000 Menschen wurden verletzt. Das Gebäude beherbergte fünf Textilfabriken. Die Fabriken führen international bekannte Marken als Kunden auf. Unter anderem wurden Label der spanischen Marke Mango und der britischen Marke Primark gefunden. Die Koordinatorin der 'Kampagne für Saubere Kleidung', Christiane Schnura, erklärte:
"2005 ist in Bangladesch schon einmal eine Fabrik, Spectrum, zusammengestürzt. Damals waren über 60 Tote und eine Vielzahl von zum Teil schwer Verletzten zu beklagen. Offensichtlich scheren sich die großen europäischen und amerikanischen Bekleidungskonzerne einen Dreck darum, unter welchen Bedingungen ihre Kleidung hergestellt wird. Hauptsache der Profit stimmt. Damals gab es ein unsägliches Geschacher der dort in der Fabrik Spectrum produzierenden Unternehmen, unter anderem Arcandor/Karstadt, um die Entschädigungszahlungen an die Opfer. Es dauerte Jahre, bis da endlich Geld floss. Solange ein Menschenleben im kapitalistischen Verwertungssystem nichts wert ist, solange nur die Profitmaximierung zählt, solange werden immer wieder Näherinnen ihr Leben lassen müssen."
Kirsten Clodius von der 'Kampagne für Saubere Kleidung' ergänzt: "Im Moment sind die Familien der Opfer in Trauer um ihre Toten und die Gemeinden unter Schock. Aber sie und die vielen Verletzten sind ohne Einkommen und Unterstützung. Soforthilfe und langfristige Kompensationen müssen von jenen Unternehmen gestellt werden, die von Rana Plaza ihre Ware bezogen haben. Sie müssen dafür zur Verantwortung gezogen werden, dass sie nichts unternommen haben, um diese Tragödie zu verhindern." Der Fabrikeinsturz zeige erneut, dass die Selbstverpflichtungen der Unternehmen nichts nützen, um das Leben der ArbeiterInnen zu schützen.
Tödliche Falle Arbeitsplatz
Dieser Industrieunfall - der bisher schwerwiegendste in Bangladesch - erfolgte nur wenige Monate, nachdem es in zwei Textilfabriken zu einem Brand gekommen war und 100 TextilarbeiterInnen in den Flammen umkamen. Die 'Kampagne für Saubere Kleidung' warnt davor, dass das Sterben in den Textilfabriken Bangladeschs so lange weitergehen wird, bis die Unternehmen endlich einem verbindlichen und unabhängigen Abkommen für Brandschutz und Gebäudesicherheit zustimmen. Sie fordert deshalb die Unternehmen nochmals auf, umgehend das Bangladeschische Abkommen zum Brandschutz und Gebäudesicherheit zu unterzeichnen und umzusetzen. Zusammen mit lokalen wie internationalen Gewerkschaften und Arbeitsrechtsorganisationen hat die 'Kampagne' ein umfassendes Aktionsprogramm entwickelt, das unter anderem unabhängige Gebäudeinspektionen, Trainings zu Arbeitsrechten, öffentliche Auskunftspflicht und eine Überarbeitung der Sicherheitsstandards vorsieht. Das Abkommen wurde von Tchibo und PVH (Tommy Hilfiger und Calvin Klein) unterzeichnet.
IndustriALL Global Union: enorme Profite aus tödlichen Arbeitsbedingungen und Hungerlöhnen
An dem Gebäude Rana Plaza waren bereits am Vortag große Risse aufgetreten, worauf die Behörden zur Evakuierung des Gebäudes aufforderten. Die Gebäude- und die Fabrikbesitzer ignorierten die Warnungen und bestanden auf der Weiterarbeit der Beschäftigten. Der Druck auf die Beschäftigten ist so groß, dass in Bangladesch nur ein Prozent der TextilarbeiterInnen es wagen, sich gewerkschaftlich zu organisieren und für sicherere Arbeitsplätze, bessere Arbeitsbedingungen und höhere Löhne zu kämpfen.
Der Gewerkschaftsbund IndustriALL Global Union fordert das Recht auf Arbeit in Sicherheit, volle Freiheit der gewerkschaftlichen Organisierung und kollektive Tarifverhandlungen, einschließlich einer deutlichen Erhöhung des gegenwärtigen Mindestlohns von 38 USD im Monat für die mehr als drei Millionen TextilarbeiterInnen in Bangladesch. IndustriALL Global Union erklärte, dass es starke Hinweise gebe, dass die Textilfabriken im Rana Plaza Gebäude für die weltbekannten Marken wie Mango, British Primark, C&A, KIK and Wal-Mart arbeiteten. Er fordert, dass die westlichen Markenfirmen, die enorme Profite aus den tödlichen Arbeitsbedingungen und den Hungerlöhnen ziehen, zur Verantwortung gezogen werden. Bisher habe die Textilindustrie mit ihrer Lobbyarbeit alle Versuche verhindert, auf gesetzlichem Weg die Arbeitsbedingungen der TextilarbeiterInnen sicherer und besser zu machen.
Jyrki Raina, Generalsekretär der IndustriALL Global Union sagte: "Diese furchtbare Tragödie verdeutlicht die Dringlichkeit, das Rennen nach immer billigerer Produktion internationaler Markenartikel zu stoppen; ein Rennen das bereits Hunderten von ArbeiterInnen das Leben gekostet hat. Globale Markenkleidungsfirmen und Einzelhändler tragen die Verantwortung für ihre gesamte Lieferkette. Es ist höchste Zeit für sie, sich mit Lieferanten, der Regierung von Bangladesch und der IndustriALL Global Union und ihren angegliederten Gewerkschaften zusammen zu setzen und ein Sicherheitsprogramm zu vereinbaren, damit so eine Katastrophe nie wieder passiert."
Die IndustriALL Global Union fordert:
- eine gerichtliche Untersuchung der Katastrophe
- Bestrafung der Besitzer des Gebäudes und der Fabriken wegen krimineller Nachlässigkeit
- Sichere Arbeitsplätze, die nicht zu tödlichen Fallen für die ArbeiterInnen werden
- Entschädigung der Familien der Opfer
- medizinische Behandlung der Verletzten
Unterstützt die Forderungen!
In Kooperation mit IndustriALL Global Union, die 50 Millionen ArbeiterInnen aus dem Bergbau, Energieversorgung und dem Fabriksektor in 140 Ländern vertritt, hat ActNOW eine Kampagne zur Unterstützung dieser Forderungen gestartet. Unter 'Macht die Kleidungsfabriken in Bangladesch sicher' ruft ActNOW zur Solidarität und Unterstützung für die Forderungen auf. 'kommunisten.de' bittet alle LeserInnen, diese Kampagne zu unterstützen.
txt: lm
foto: labourstart