Wirtschaft

Myanmar-Textilfabrik21.03.2017: Jahrzehntelang war Myanmar eine isolierte Militärdiktatur. Am 1. April 2016 gab das Militär einen Teil der Macht an Aung San Suu Kyi und ihre Nationale Liga für Demokratie (NLD) ab. Seit dem entwickelt sich das südostasiatische Land zum Boomland der Textilindustrie. Wöchentlich eröffnet eine neue Textilfabrik ihre Pforten. Jetzt kam es zu den ersten Arbeitskämpfen.

 
Nach Jahrzehnten einer repressiven Militärdiktatur gab das Militär nach den Parlamentswahlen vom 8.November 2015 einen Teil der Macht ab. Die bisherige Oppositionspolitikerin und Nobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi führt seit dem 1. April 2016 als "Staatsrätin" die Regierung. Die neue Regierung peitscht die bereits vom Militär eingeleitete wirtschaftliche Öffnung voran.

Myanmar wurde zum Boomland der Textilindustrie. In den Werbeprospekten geht es um den Aufbau einer nachhaltigen Textilindustrie mit sicheren und sozialen Arbeitsplätzen, niedrigem Energie- und Wasserverbrauch, Abfallrecycling, … . Gefördert wird dies von der Europäischen Union mit dem Projekt 'Smart Myanmar'; mit dabei sind auch die sequa gGmbH, eine weltweit tätige Entwicklungsorganisation der deutschen Industrieverbände, und die staatliche 'Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit' (GIZ).

Doch die Realität ist eine andere.

2,50 Euro – pro Tag
Mynamar ist das Niedriglohnland Südostasiens. In keinem Land der Welt seien die Arbeitskosten so gering wie in Myanmar, hat die Consultingfirma Verisk Maplecroft ermittelt. Der gesetzliche Mindestlohn liegt bei 3600 Kyat (umgerechnet etwa 2,50 Euro) – nicht pro Stunde, sondern pro Tag. Weil das auch in Myanmar nicht zum Leben reicht, müssen die ArbeiterInnen viele Überstunden machen. Der Arbeitstag dauert nicht acht Stunden am Tag, Samstags vier, sondern häufig von 8.00 Uhr bis 22.00 Uhr - 14 Stunden täglich, sechs Tage die Woche.

Es sind diese Niedriglöhne und fragwürdige Arbeitsbedingungen - nach einer kürzlich veröffentlichten Studie der niederländischen Organisation SOMO gehört auch Kinderarbeit dazu -, die Mynamar zum Boomland der Textilindustrie machen. Chinesische, taiwanesische und südkoreanische Firmen kommen in Scharen; in China sind die Löhne inzwischen zu hoch, auch Vietnam und Kambodscha mit Monatslöhnen zwischen 85 und 145 Euro pro Monat (Sechstagewoche) sind inzwischen zu "teuer" im Vergleich zu den durchschnittlich 60 Euro in Myanmar, Bangladesch hat nach dem Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza vor zwei Jahren mit mehr als 1.000 Toten und Bränden in verschiedenen Textilfabriken einen schlechten Ruf. Nahezu wöchentlich eröffnet eine neue Textilfabrik in Myanmar ihre Pforten. Dort wird Kleidung für den Weltmarkt produziert. Mehr als 400 Fabriken gibt es inzwischen, mit 400.000 Arbeitern, fast alles Frauen. Weltmarken wie der größte US-amerikanische Bekleidungseinzelhändler Gap Inc., das schwedische Textilhandelsunternehmen H&M und Adidas lassen dort produzieren, aber auch Aldi, Tchibo, Jack Wolfskin, die Rosenheimer Dessous-Firma Anita oder das deutsche Wäscheunternehmen ESGE aus Schwaben.

Fadenscheinige Kündigung als Zündfunke
Mittlerweile kam es in mehreren Fabriken zu Protesten gegen die Arbeitsbedingungen. Die Gewerkschaften verlangen von der Regierung eine Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns von 3.600 Kyat (etwa 2,50 Euro) auf 5.600 Kyat (etwa 3,86 Euro) - pro Tag.

Im Zentrum der Arbeitskämpfe steht die Firma Hundred-Tex, ein chinesisches Unternehmen, das exklusiv für die schwedische Marke H&M produziert. Hier schlugen ArbeiterInnen im Zorn über Entlassungen und ausbleibende Gehälter Maschinen, Fahrzeuge und Überwachungskameras kaputt. Bereits zuvor war ein chinesischer Fabrikmanager von einer Menge wütender ArbeiterInnen bedrängt und geprügelt worden. Die Produktion in der Fabrik steht seit Anfang Februar still.

Der Konflikt entzündete sich an ausstehenden Zahlungen für Überstunden, die über 14 Stunden Tagesarbeitszeit sechs Tage die Woche hinausgingen. Dabei ging es um umgerechnet etwa einen Wochenlohn pro Betroffenen. Niemand bestritt die Forderung, bezahlt wurde sie mit Billigung der Behörden nie. Als schließlich jene GewerkschaftsvertreterIn, die auf die Bezahlung drängte, wegen "unerlaubten Fernbleibens vom Arbeitsplatz" gekündigt wurde, hatte die Belegschaft genug. Der Funke sprang dann auf andere Fabriken in der Umgebung über, wo es ebenfalls zu Protesten gegen die schlechte Bezahlung und die miserablen Arbeitsbedingungen kam.

H&M verurteilt "jede Form von Gewalt"
Für H&M ist der Fall besonders brisant. "Es ist von größter Wichtigkeit für uns, dass all unsere Produkte unter guten Arbeitsbedingungen hergestellt werden." Und Kinderarbeit sei "absolut unakzeptabel", lässt H&M verlauten. Aber die übliche Argumentation der westlichen Konzerne, dass man selbst ja gerne für bessere Arbeitsbedingungen in den Fabriken sorgen würde, diese aber an jedem Tag für einen anderen Konzern fertigen und man deshalb alleine keine Regelung für Löhne und Arbeitsbedingungen durchsetzen könne, zieht diesmal nicht. Denn die betroffene Fabrik arbeitet exklusiv für H&M. Der Konzern sagte zu den Vorfällen aber lediglich, man beobachte die Lage, stehe im Dialog mit allen Beteiligten, verurteile aber "jede Form von Gewalt".

Enttäuschung über Aung San Suu Kyi
Diese Arbeitskämpfe in der Textilindustrie sind ein Aspekt der wachsenden Enttäuschung über die Regierung unter Aung San Suu Kyi. Vor ihrer Wahl hatte die international zelebrierte "Ikone der Demokratie" ein neues, demokratisches und gerechtes Myanmar versprochen, eine Regierung, die auf die Bevölkerung hört, die nationale Wiederaussöhnung vorantreibt und das Land zu einer föderalen, demokratischen Union umbaut.

Doch nun stellt sich heraus, dass auch mit Aung San Suu Kyi die erhoffte Demokratisierung nicht vorankommt. Die Armee hält bis heute wichtige Ministerien unter ihrer Kontrolle. In den letzten Monaten wurden kritische Journalisten und Anwälte ins Gefängnis gesteckt, ausgewiesen oder umgebracht. Der bewaffnete Konflikt zwischen ethischen Gruppen und der Armee eskaliert.

Die UNO-Sonderberichterstatterin für die Menschenrechtslage in Myanmar, Yanghee Lee, wirft der Regierung vor, sie versuche gezielt, die Menschen der muslimischen Minderheit der Rohingya zu vertreiben. Zehntausende sind vor der Gewalt nach Bangladesch geflohen. Von systematischen Massentötungen und Vergewaltigungen durch die Armee ist in einem Bericht die Rede. Menschenrechtsaktivisten sprechen von einem "schleichenden Völkermord"

Nur Myanmars Bekleidungsindustrie boomt. Das laufende Geschäftsjahr 2016/17, das diesen Monat endet, wird mit einem Rekord beendet werden. Das Handelsministerium erwartet Exporte von mehr als 1,8 Milliarden Dollar (etwa 1,7 Mrd. Euro), ein Großteil davon nach Europa. Im Vergleich zum Vorjahr bedeutet das ein Plus von mehr als 85 Prozent. Von einer "ethischen und nachhaltigen Produktion", wie es im Verhaltenskodex des nationalen Textilverbandes heißt, ist das Land jedoch weit entfernt. Die Kämpfe der TextilarbeiterInnen können einen Schritt in diese Richtung bedeuten.

Farkha2023 21 Buehnentranspi

Farkha-Festival 2024 abgesagt.
Wegen Völkermord in Gaza und Staatsterror und Siedlergewalt im Westjordanland.
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