Wirtschaft

16.01.2024: Das 54. Weltwirtschaftsforum in Davos will das "Vertrauen" in ein fragmentiertes System wiederherstellen, das an Glaubwürdigkeit verloren hat. ++ Oxfam beweist Ausmaß globaler Ungleichheit und fordert Vermögenssteuer und gerechte Weltordnung

 

Das 54. Weltwirtschaftsforum in Davos will das "Vertrauen" in ein fragmentiertes System wiederherstellen, das an Glaubwürdigkeit verloren hat. Angst, Unbeständigkeit und Furcht vor Instabilität sind die bestimmenden Tendenzen des heutigen Kapitalismus. Eine Anspielung auf diese düstere Stimmung ist das Thema, das in Davos noch bis Freitag diskutiert werden wird: "Vertrauen".

"Wir befinden uns in einer zerrissenen Welt und einer sich vertiefenden sozialen Spaltung, was zu weit verbreiteter Unsicherheit und Pessimismus führt. Wir müssen das Vertrauen wiederherstellen", sagte der 85-jährige Klaus Schwab, ehemaliger Dozent an der Universität Genf und Schirmherr der erfolgreichen Schweizer Veranstaltung. Ein gewaltiges Programm für einen Kapitalismus, der von sozialer Ungleichheit zerrissen ist und diese immer weiter vertieft. 2.800 Spitzenmanager des globalen Kapitalismus und sechzig Staatsoberhäupter nehmen dieses Jahr an dem Spektakel in den Schweizer Bergen teil.

Das Kontrastprogramm liefert die Entwicklungsorganisation Oxfam, die den explodierenden Reichtum der Milliardäre und die Verarmung von großen Teilen der Bevölkerung anprangert.

Am ersten Tag des Schweizer Kongresses veröffentlichte die Nichtregierungsorganisation Oxfam ihren Bericht "Inequality, Inc." über Milliardäre, multinationale Unternehmen und multiple Ungleichheiten. "Die außer Kontrolle geratene Konzern- und Monopolmacht ist eine Ungleichheitsmaschinerie", sagte ihr Interims-Direktor Amitabh Behar. Er sprach von "obszönen Ungleichheiten".

"In diesem Papier", erklärt Oxfam, "wird unsere grundlegende Wahl dargelegt: zwischen einem neuen Zeitalter der Vorherrschaft von Milliardären, kontrolliert von Monopolisten und Finanziers, oder einer transformativen öffentlichen Macht die sich auf Gleichheit und Würde gründet." [1]

Eine brutale Welt für die Vielen

"Für die meisten Menschen auf der Welt war der Beginn dieses Jahrzehnts unglaublich hart gewesen. Zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Berichts sind 4,8 Milliarden Menschen ärmer als im Jahr 2019" heißt es in der Zusammenfassung.

Der US-Senator Bernie Sanders schreibt im Vorwort: "Noch nie in der Geschichte der Menschheit haben so wenige Menschen so viel besessen. Noch nie in der Geschichte der Menschheit gab es eine Klasse von Milliardären mit so viel politischer Macht."[2]

Die Milliardäre konnten ihr Vermögen seit 2020 um 34 Prozent steigern, heißt es in der Oxfam-Studie. In Zahlen wurden sie um insgesamt 3,3 Billionen US-Dollar – umgerechnet rund drei Billionen Euro – reicher, während die ärmeren knapp fünf (4,77) Milliarden Menschen im selben Zeitraum rund 20 Milliarden US-Dollar an Vermögen verloren haben.

Allein die fünf reichsten Männer der Welt, zu denen auch Jeff Bezos von Amazon gehört, konnten ihr Vermögen in den letzten Krisenjahren seit 2020 von 405 Milliarden US-Dollar auf 869 Milliarden US-Dollar mehr als verdoppeln. Die fünf reichsten Deutschen steigerten ihr Vermögen seit 2020 um rund drei Viertel (73,85 Prozent) von etwa 89 auf rund 155 Milliarden US-Dollar.

In den letzten Jahren haben Pandemien, Kriege, Inflation und die Klimakrise die Kluft "nicht so sehr zwischen den Reichen und den Armen, sondern zwischen den wenigen Oligarchen und der großen Mehrheit" vergrößert.

Oxfam schreibt: "Die enorme Konzentration von globaler Unternehmens- und Monopolmacht verschärft die Ungleichheit in der Wirtschaft. Sieben von zehn der größten Unternehmen der Welt haben entweder einen milliardenschweren CEO oder einen Milliardär als Hauptaktionär. Indem sie die Arbeiter auspressen, Steuern hinterziehen, den Staat privatisieren und den Klimazusammenbruch vorantreiben, treiben die Unternehmen die Ungleichheit voran und handeln im Dienste eines immer größeren Reichtums für ihre reichen Eigentümer. Um der extremen Ungleichheit ein Ende zu setzen, müssen die Regierungen die Macht der Milliardäre und Konzerne radikal an die einfachen Menschen zurückverteilen. Eine gerechtere Welt ist möglich, wenn die Regierungen den privaten Sektor wirksam regulieren und neu gestalten."

Oxfam schlägt mit einem eigenen "Steuermodell" vor, Reichtum von mehr als fünf Millionen US-Dollar mit zwei Prozent zu besteuern. Vermögen von mehr als 50 Millionen US-Dollar sollten mit drei und Vermögen ab einer Milliarde US-Dollar mit fünf Prozent besteuert werden. Nach Schätzungen der Organisation würden dadurch allein in der BRD Einnahmen von 93,6 Milliarden US-Dollar pro Jahr erzielt. In der BRD wären diese Abgaben von gerade einmal 0,24 Prozent der Bevölkerung zu entrichten, nur etwas mehr als 200.000 Menschen.

Die Verringerung der Ungleichheit würde eine Umkehrung der Beziehungen zwischen Kapital und Arbeit, eine Verkleinerung des Finanzsektors und eine starke Erholung der Reallöhne erfordern. In unmittelbarer Zukunft könnten mit den Instrumenten der nationalen Politik Maßnahmen auf zwei Hauptachsen ergriffen werden: Steuerprogressivität und Vermögensbesteuerung.

Im Jahr der Europawahlen gibt es "Tax the rich", eine europäische Bürgerinitiative - unter anderem von Thomas Piketty ins Leben gerufen -, die bis September 2024 eine Million Unterschriften für eine europäische Steuer auf große Vermögen zur Finanzierung des Abbaus von Ungleichheiten sammeln will.

Soziale Ungleichheit untergräbt die Demokratie

Die zunehmende soziale Ungleichheit "untergrabe" Demokratie und stelle Gesellschaften vor immer größere "Zerreißproben", erklärte die Vorsitzende von Oxfam Deutschland, Serap Altinisik. "Während Milliarden von Menschen die Schockwellen von Pandemie, Inflation und Krieg ertragen müssen, boomen die Vermögen der Milliardäre und Milliardärinnen“, sagte sie. Die Ungleichheit verstärke geschlechtsspezifische und rassistische Diskriminierungen, weil marginalisierte Gruppen wie Frauen oder nicht-weiße Menschen besonders betroffen seien. "Sie untergräbt die Demokratie und trägt maßgeblich dazu bei, dass die Klimakrise sich zu einer Katastrophe ausweitet“, sagte Altinisik.

Misha Maslennikov, politischer Berater von Oxfam, sieht in der verstärkten sozialen Ungleichheit den Grund für die zunehmende Wahlenthaltung ärmerer Bevölkerungsschichten und warum Menschen wählen, die diesem gigantischen Problem weniger Aufmerksamkeit schenken. "Weil die Enttäuschung über die sich verschlechternden Lebensbedingungen und das Gefühl, von denen im Stich gelassen zu werden, die sich um die Probleme der Bürger hätten kümmern sollen, es aber nicht getan haben, wächst. Und die Unzufriedenheit der Menschen und Regionen, die 'nicht zählen', nimmt zu. Dies fördert die Wahlenthaltung und die Attraktivität populistischer und ultra-rechter politischer Vorschläge."

"Welche politische Kraft von der sozialen Schieflage im Land profitiert, ist längst klar. Statt nur auf ein AfD-Verbot zu hoffen, muss die Ampel-Regierung endlich aufhören, Politik für Reiche und gegen die Mehrheit der Bevölkerung zu machen", sagt die Bundestagsabgeordnete Susanne Ferschl (DIE LINKE). Wolle die Bundesregierung konkret gegen das Erstarken rechter Tendenzen vorgehen, müsse sie "endlich aufhören, Politik gegen die Mehrheit und die Ärmsten in diesem Land zu machen", fordert sie in einer Mitteilung: "Weg mit den geplanten Bürgergeldsanktionen, her mit dem Klimageld und einer Vermögensabgabe für Superreiche."

 

Vorwort von Bernie Sanders:

Oxfam leistet jedes Jahr eine außergewöhnliche Arbeit, um die rasante Entwicklung hin zu einer globalen Oligarchie aufzuzeigen, in der eine Handvoll Milliardäre einen großen Teil der Weltwirtschaft besitzen und kontrollieren. Und jedes Jahr, wird die Bewegung hin zur globalen Oligarchie immer ausgeprägter und obszöner.

Das ist die harte wirtschaftliche Realität, der wir uns stellen müssen:
Noch nie zuvor in der Geschichte der Menschheit haben so wenige so viel besessen.
Noch nie zuvor in der Geschichte der Menschheit gab es eine solche Ungleichheit bei Einkommen und Vermögen.
Niemals zuvor in der Geschichte hatten wir eine so große Eigentumskonzentrationen.
Noch nie zuvor in der Geschichte gab es eine Milliardärsklasse mit so viel politischer Macht.
Und noch nie zuvor haben wir ein derartiges Ausmaß an der Gier, Arroganz und Verantwortungslosigkeit der herrschenden Klasse. (...)

Während seit 2020 weltweit fast fünf Milliarden Menschen auf der Welt ärmer geworden sind, sind die fünf reichsten Männer der Welt doppelt so reich geworden und besitzen nun ein Vermögen von mehr als 800 Milliarden US-Dollar. Mehr als 800 Milliarden US-Dollar an Reichtum - für nur fünf Menschen!

Während Millionen von Menschen auf der ganzen Welt in bitterer Armut leben, ohne sauberes Trinkwasser, angemessene Gesundheitsversorgung, angemessenen Unterkunft oder Bildung für ihre Kinder, haben die Milliardäre der Welt ihr Vermögen allein in den letzten drei Jahren um über 3 Billionen US-Dollar gesteigert.

Die Milliardäre werden reicher, die Arbeiterklasse hat zu kämpfen, und die Armen leben in Verzweiflung. Das ist der unglückliche Zustand der Weltwirtschaft.

Das ist die schlechte Nachricht. Aber hier ist die gute Nachricht. Dank Organisationen wie Oxfam erkennen immer mehr Menschen auf der ganzen Welt die Zusammenhänge zwischen der rauen wirtschaftlichen Realität ihres Lebens und der zerstörerischen Natur unseres superkapitalistischen Systems, das Gier und Profitgier über jeden anderen menschlichen Wert stellt.

Die Arbeiterinnen und Arbeiter in den Vereinigten Staaten und in der ganzen Welt machen deutlich, dass sie es satt haben, abgezockt und ausgebeutet zu werden. Sie werden sich nicht länger zurücklehnen und zulassen, dass große Unternehmen rekordverdächtige Gewinne machen, während sie immer weiter zurückfallen. Sie wehren sich, und viele von ihnen erreichen erhebliche Steigerungen der Löhne, Sozialleistungen und Arbeitsbedingungen.

Hier ist die einfache Wahrheit: Wenn wir in unserer gemeinsamen Menschlichkeit zusammenstehen, gibt es enorme Möglichkeiten für uns, um ein besseres Leben für alle zu schaffen.

Wir können jedem Mann, jeder Frau und jedem Kind eine Gesundheitsversorgung als Menschenrecht garantieren. Wir können den Klimawandel bekämpfen, den Planeten retten und dabei zig Millionen gut bezahlte grüne Arbeitsplätze schaffen. Wir können die Fortschritte in der Technologie und der Produktivität der Arbeiter nutzen, um unser Leben zu verbessern.
Wir können die Armut beseitigen und die Lebenserwartung erhöhen.

All das und noch viel mehr können wir erreichen, wenn wir bereit sind, die einkommensschwachen und arbeitenden Menschen auf der ganzen Welt zusammenzubringen um eine internationale Bewegung aufzubauen, die es mit der Gier und die Ideologie der Milliardärsklasse aufnimmt und uns zu einer Welt führt die auf wirtschaftlicher, sozialer und ökologischer Gerechtigkeit beruht.

Dieser Bericht bringt uns näher zusammen. Ich schätze sehr Oxfams Führungsrolle, um die globale Oligarchie zu bekämpfen und eine gerechtere Welt zu schaffen.

Bernie Sanders
Senator der Vereinigten Staaten


Die geheime Welt der Superreichen - Das Milliardenspiel

ZDF Die geheime Welt der Superreichen
Video: https://www.zdf.de/dokumentation/zdfzeit/zdfzeit-die-geheime-welt-der-superreichen-100.html 

 
 

 

 

Fußnoten

[1] Oxfam International, January 2024: INEQUALITY INC. How corporate power divides our world and the need for a new era of public action
https://oi-files-d8-prod.s3.eu-west-2.amazonaws.com/s3fs-public/2024-01/Davos%202024%20Report-%20English.pdf

 

 

Farkha Festival Komitee ruft zu Spenden für die Solidaritätsarbeit in Gaza auf

CfD communist solidarity dt
zum Text hier
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Farkha2023 21 Buehnentranspi

Farkha-Festival 2024 abgesagt.
Wegen Völkermord in Gaza und Staatsterror und Siedlergewalt im Westjordanland.
hier geht es weiter zum Text


 

 

UNRWA Gazakrieg Essenausgabe

UNRWA Nothilfeaufruf für Gaza
Vereint in Menschlichkeit, vereint in Aktion

Mehr als 2 Millionen Menschen, darunter 1,7 Millionen Palästina-Flüchtlinge, zahlen den verheerenden Preis für die Eskalation im Gazastreifen.
Zivilisten sterben, während die Welt zusieht. Die Luftangriffe gehen weiter. Familien werden massenweise vertrieben. Lebensrettende Hilfsgüter gehen zur Neige. Der Zugang für humanitäre Hilfe wird nach wie vor verweigert.
Unter diesen Umständen sind Hunderttausende von Vertriebenen in UNRWA-Schulen untergebracht. Tausende unserer humanitären Helfer sind vor Ort, um Hilfe zu leisten, aber Nahrungsmittel, Wasser und andere lebenswichtige Güter werden bald aufgebraucht sein.
Das UNRWA fordert den sofortigen Zugang zu humanitärer Hilfe und die Bereitstellung von Nahrungsmitteln und anderen Hilfsgütern für bedürftige Palästina-Flüchtlinge.
Dies ist ein Moment, der zum Handeln auffordert. Lassen Sie uns gemeinsam für die Menschlichkeit eintreten und denjenigen, die es am meisten brauchen, die dringend benötigte Hilfe bringen.

Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge

Spenden: https://donate.unrwa.org/gaza/~my-donation


 

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