24.11.2011: Mit dem Euro kommt die Schuldendiktatur, so titelt die Steirische Volksstimme, Zeitung der KPÖ Steiermark, in der November-Ausgabe ihren Artikel zur Finanzkrise.
Die 2007 ausgebrochene Krise des Kapitalismus ist noch lange nicht vorbei. Derzeit hat sie über die gewaltig gestiegenen Staatsschulden der EU -Länder den Euro erreicht und stellt dessen Fortbestand in Frage. Es sind vor allem die gewaltigen wirtschaftlichen Ungleichgewichte zwischen den europäischen Kernländern wie Deutschland, Frankreich und den Staaten an der Peripherie, die das Gebälk des Euro zum Einsturz bringen könnten.
Kein Wunder. Der Kapitalismus verstärkt Ungleichheit, statt sie abzubauen. Solange die Staaten ihre eigenen Währungen besaßen, war die mangelnde Konkurrenzfähigkeit schwächerer Länder, wie Griechenland oder Italien kein Problem, konnten sie doch ihre Währungen abwerten und damit konkurrenzfähig bleiben. Mit dem Euro war das vorbei. Da fragt sich: Wer profitiert von der neuen Situation? In erster Linie Deutschland, aber auch andere Exportnationen wie Österreich. Profitiert haben aber nicht die Arbeiter und Angestellten dieser Länder, sondern die privaten Aktionäre der exportorientierten Konzerne. Es sind vor allem deutsche Produkte, von Rüstungsgütern bis zu Hi-Tech-Produkten, die Griechenland mit Krediten bezahlt hat. Gleichzeitig waren die griechischen Produkte am Weltmarkt kaum wettbewerbsfähig. Das ist die wesentliche Ursache der griechischen Schuldenmisere. Es sind vor allem deutsche und französische Banken, bei denen der griechische Staat in der Kreide steht und die mit den gewaltigen Rettungspaketen, wofür auch Österreich und damit in erster Linie der österreichische Lohnsteuerzahler haftet, gerettet werden sollen.
Rettung der Banken
Es geht bei den ganzen Rettungsmaßnahmen nicht um die Rettung Griechenlands und schon gar nicht um die Rettung seiner Arbeiter und Angestellten und Pensionisten vor deren endgültiger Verarmung. Es geht um die Rettung privater Banken.
Und es geht um die Rettung des Euro. Eine Währung, die vom deutschen Kapital, mit den Franzosen im Schlepptau, kreiert wurde, um bessere Karten im Kampf um die ökonomische Weltherrschaft und Einflusszonen zu besitzen. Nach der deutschen Pfeife tanzt der Rest der EU-Staaten. Gleichzeitig braucht das deutsche Kapital den Euro wie die Butter auf das Brot.
Bisher haben die deutschen Konzerne den Euro zum Nulltarif bekommen. Diese Zeiten sind vorbei. Vom Euro ohne eigene Kosten zu profitieren, das geht trotz des ökonomischen Übergewichtes von Deutschland nicht mehr – zu groß sind die Widersprüche inne rhalb der EU. Darum dreht sich die Debatte um Eurobonds und um Rettungsschirme.
Eurobonds sind Anleihen, die alle Euro- Staaten gemeinsam ausgeb en. Eurobonds würden günstigere Zinsen für Griechenland und die angeschlagenen Peripherieländer, aber höhere Zinsen für Deutschland oder auch Österreich bedeuten. Aber auch bei einem Ausscheiden Griechenlands aus der Euro-Zone müsste Deutschland einen gewaltigen Preis zahlen. Seine Produkte wären in Griechenland über Nacht nicht mehr konkurrenzfähig. Deshalb setzt man in Berlin vorläufig eher auf gemeinsame europäische Anleihen. Der Aufkauf von griechischen, italienischen und spanischen Staatsanleihen durch die Europäische Zentralbank (EZB) bzw. die gewaltigen „Rettungsschirme“ sind nichts anderes als die Einführung von Eurobonds auf Umwegen.
Deutschland als größter Anteilseigner der EZB haftet mit dem größten Betrag aller EU-Staaten, sollte die EZB im Falle einer griechischen oder portugiesischen Staatspleite auf diesen Papieren sitzen bleiben. Dabei wird der Bevölkerung eingeredet, dass der Euro für unseren Wohlstand verantwortlich sei und eine Rückkehr zu Schilling, Drachme & Co. uns ins Chaos stürzen würde.
Der Euro ist ein Teuro
Die Wahrheit schaut anders aus: Die österreichischen Arbeiter, Angestellten und Pensionistinnen und Pensionisten haben mit dem Euro ihre eigenen, meist schlechten Erfahrungen gemacht. Nicht umsonst gibt es das geflügelte Wort „Der Euro ist ein Teuro“. Die Konzerne wünschen sich den Fortbestand der Eurozone, gibt er ihnen doch die Chance, im internationalen Wettstreit mit den USA zu bestehen. Was den Reichen und Superreichen nutzt, muss für die arbeitenden Menschen noch lange nicht gut sein. Der Euro ist das Geld der Banken und Konzerne, nicht unser Geld. In den Medien wird uns vorgegaukelt, die Euro-Staaten und ihre Politiker müssten endlich mit einer Stimme sprechen und die EU sollte eine Finanz- und Wirtschaftsunion werden, um die Probleme zu lösen. Eine gemeinsame Wirtschafts- und Finanzpolitik aller EU-Länder ist jedoch schon allein deshalb unmöglich, weil die EU ein Bündnis miteinander konkurrierender Nationalstaaten ist. Sie finden deshalb zu keiner einheitlichen Lösung, weil die Kapitaleliten Deutschlands grundlegend andere Interessen haben als jene Italiens. Mit jedem Tag Krise brechen diese Widersprüche deutlicher auf.
Nicht mehr, sondern weniger EU-Europa!
Die Antwort im Sinne der Interessen der Arbeiter, Angestellten und Pensionistinnen und Pensionisten kann nur lauten: nicht mehr, sondern weniger EU-Europa wird ihre Lebenslage verbessern. Nicht eine Vertiefung der kapitalistischen Konzentration innerhalb der EU ist angesagt, sondern ein Ausbrechen aus diesem Klub. Das würde Raum schaffen für eine Politik, wo sich Staaten auf Augenhöhe begegnen, statt in demütigende neokoloniale Abhängigkeit zu geraten. Liest man die Erklärungen des jüngsten Euro-Gipfels, wird diese Einschätzung vollauf bestätigt; dort heißt es unter anderem: „Aufforderung an die nationalen Parlamente, den auf EU-Ebene angenommenen Empfehlungen zur Durchführung der Wirtschafts- und Haushaltspolitik Rechnung zu tragen....Wir sagen zu, den Empfehlungen der Kommission ....Folge zu leisten.“
Was tun?
Kurzfristig muss alles unternommen werden, damit die Kosten der Euro-Rettung nicht auf die Lohnsteuerpflichtigen abgewälzt werden. Geht es nach den Herrschenden, ist genau das mit den weiteren Euro- Rettungsschirmen und der geplanten Kapitalausstattung der Banken geplant: die Zeche zahlt die Masse der Bevölkerung über weitere Belastungspakete, während die Superreichen ihre Schäfchen ins Trockene bringen. Mittel- und langfristig muss für einen Umbau der Wirtschaft, weg vom Export, hin zu mehr Binnenkonsum, weg von der Profitorientierung, hin zu einer Wirtschaft, welche die Bedürfnisse der Mehrheit der Bevölkerung befriedigt, gekämpft werden. Wer die Macht der privaten Konzerne und Banken auf Dauer brechen will, wird das nur jenseits der EU können.
Text: Steirische Volksstimme 11/2011