16.03.2022: Arbeiter*innen auf dem Flughafen in Pisa weigern sich, als humanitäre Hilfe deklarierte Kisten mit Waffen zu verladen ++ Gewerkschaft USB stellt sich an die Seite der Ladearbeiter*innen und ruft zur Anti-Kriegs-Kundgebung vor dem Flughafen auf ++ ManifestA-Fraktion fordert Stellungnahme des Verteidigungsministers ++ Mehrheit der Italiener*innen gegen Waffenlieferungen an die Ukraine ++ Mauricio Acerbo (PRC): "Wir arbeiten an einer großen Friedensbewegung, die die Völker vom Atlantik bis zum Ural vereint."
In ihrer Verurteilung des Angriffskrieges Russlands auf die Ukraine machen sich die deutschen Gewerkschaften dafür stark, "solidarisch an die Seite der Menschen in der Ukraine zu stellen und ihnen alle humanitäre Hilfe zukommen zu lassen", befürworten zwar "scharfe wirtschaftliche Sanktionen", lehnen aber "Waffenlieferungen in die Konfliktregion ... strikt ab" [1]
In Italien belassen es die Gewerkschaften nicht bei Resolutionen. Die Basisgewerkschaft Unione Sindacale di Base USB stellt sich an die Seite der Arbeiter*innen, die sich weigern, Waffen für die Ukraine zu verladen.
Vom Flughafen in Pisa gehen Waffen in die Ukraine. Getarnt als "humanitäre Hilfe"!
Die Arbeiter*innen, die auf dem Flughafen Galilei in Pisa mit dem Be- und Entladen der Flugzeuge von Waren beschäftigt sind, stellten fest, dass vom Flughafen nicht nur humanitäre Flüge mit Lebensmitteln und Medikamenten für die ukrainische Bevölkerung abfliegen. Als sie bemerkten, dass sich unter dem Hilfsmaterial Kisten mit verschiedenen Arten von Waffen, Munition und Sprengstoff befanden, weigerten sie sich, die Waffen zu verladen und meldeten den Vorfall der Basisgewerkschaft Unione Sindacale di Base USB.
Die Gewerkschaft, die für Samstag (19.3.) zu einer Antikriegsdemonstration am Flughafen aufruft, hat die Flugsicherung des zivilen Flughafens aufgefordert, "diese als 'humanitäre' Hilfe getarnten Todesflüge sofort zu stoppen". An die Beschäftigten appelliert die Gewerkschaft, "sich weiterhin zu weigern, Waffen und Sprengstoff zu verladen, die eine Kriegsspirale nähren, die wir nur durch einen sofortigen Waffenstillstand und die Wiederaufnahme von Friedensgesprächen stoppen können".
Erklärung der Gewerkschaft USB:
"Vom Cargo Village des Zivilflughafens gehen 'humanitäre' Flüge ab, die mit Lebensmitteln, Vorräten, Medikamenten und allem anderen Nützlichen für die von wochenlangen Bombardierungen und Kämpfen geplagte ukrainische Bevölkerung beladen werden sollen. Das ist aber nicht der Fall!
Als die Verladearbeiter*innen das Flugzeug beladen sollten, sahen sie sich mit Kisten voller verschiedener Waffen, Munition und Sprengstoff konfrontiert.
Dies war eine bittere und schreckliche Überraschung, die das Kriegsklima bestätigt, in das uns die Regierung Draghi hineinzieht.
Angesichts dieser schwerwiegenden Tatsache weigerten sich die Arbeiter*innen, die Flugzeuge zu beladen, die in diesen Tagen zunächst auf US/NATO-Stützpunkten in Polen landen und dann in die Ukraine geschickt werden, um dort von der russischen Armee bombardiert zu werden, was zum Tod anderer Arbeiter*innen führt, die in den von den Angriffen betroffenen Stützpunkten beschäftigt sind.
Wir verurteilen auf das Schärfste diese Fälschung, die auf zynische Weise den Deckmantel der 'humanitären' Hilfe nutzt, um den Krieg in der Ukraine weiter anzuheizen.
Wir fordern:
1) die Flugsicherungsstrukturen des zivilen Flughafens auf, diese als 'humanitäre' Hilfe getarnten Todesflüge sofort zu stoppen;
2) die Arbeiter*innen auf, sich weiterhin zu weigern, Waffen und Sprengstoff zu verladen, die eine Kriegsspirale anheizen, die wir nur durch einen sofortigen Waffenstillstand und die Wiederaufnahme von Friedensgesprächen stoppen können;
3) die Bürgerschaft zur Teilnahme an der Demonstration auf, die am Samstag, den 19. März, vor dem Flughafen G. Galilei (15 Uhr) unter dem Motto "Aus der Toskana Brücken des Friedens, nicht Flüge des Krieges" stattfinden wird.
Unione Sindacale di Base - Verband von Pisa
Montag, 14. März 2022
ManifestA-Fraktion fordert Stellungnahme des Verteidigungsministers
Die Angelegenheit hat bereits das Parlament erreicht. "Gemeinsam mit den Abgeordneten der ManifestA-Fraktion [2] haben wir den Verteidigungsminister bereits aufgefordert, vor dem Parlament Bericht zu erstatten, und eine parlamentarische Anfrage vorbereitet", erklärt Maurizio Acerbo, nationaler Sekretär von Rifondazione Comunista PRC.
Eine ähnliche Initiative auf lokaler Ebene haben in Pisa der Vorsitzende der Stadtratsfraktion Una Città in Comune-PRC, Francesco Auletta, und der Rifondazione-Sekretär in Pisa, Giovanni Bruno, ergriffen: "Wir befragen den Bürgermeister Conti, denn es ist inakzeptabel, dass diejenigen, die die Stadt regieren, nichts wissen, nichts sagen oder sich nicht darum kümmern, was hier in unserer Stadt passiert, und uns alle betrifft."
Die toskanischen M5S-Abgeordneten Irene Galletti und Silvia Noferi haben eine Anfrage an den Regionalrat angekündigt: "Wir wollen wissen, ob Präsident Giani sich der Fakten bewusst ist und wie er sie beurteilt, auch angesichts des derzeitigen komplexen internationalen Szenarios und der bisher erfolglosen Versuche, den Konflikt zu deeskalieren".
"Die NATO benutzt ein Volk als Kanonenfutter, um den Konflikt mit Putin durch einen Stellvertreterkrieg fortzusetzen."
Maurizio Acerbo, Rifondazione Comunista
Dem italienischen Netzwerk für Frieden und Abrüstung zufolge, so Acerbo, "scheint es sich um den Teil einer internationalen Militärluftbrücke zum Stützpunkt Rzeszow in Ostpolen zu handeln, wo seit Anfang Februar ein US-Logistikkommando operiert. Auch Flugzeuge aus anderen Ländern kommen nach Rzeszow, vor allem aus Großbritannien, Frankreich, Belgien, Spanien und Kanada. In Italien sind die zentralen Drehscheiben der Flughafen von Pisa und der Flughafen Mario de Bernardi in Pomezia, einer der größten Militärflughäfen Europas". Erschwerend kommt hinzu, dass "wir immer noch nicht wissen, welche Art von Waffen wir in die Ukraine schicken" begründet Maurizio Acerbo die Aufforderung an die Regierung von Mario Draghi: "Die Regierung muss vor dem Parlament und dem Land unverzüglich klarstellen, dass wir diese Kriegsspirale stoppen müssen".
"Die Waffen werden eingesetzt, um Putins Sieg zu verzögern und ihn einen politischen Preis dafür zahlen zu lassen, dass er für 'Tausende von unschuldigen Opfern' verantwortlich ist" verurteilt Acerbo die Waffenlieferungen der NATO an die Ukraine. "Die NATO benutzt ein Volk als Kanonenfutter, um den Konflikt mit Putin durch einen Stellvertreterkrieg fortzusetzen." Dazu werden "Gefühle der Solidarität und Menschlichkeit gegenüber den Angegriffenen manipuliert, um die öffentliche Meinung im Westen für sich zu gewinnen."
"Weder mit Putin, noch mit der Nato"
Sowohl die Gewerkschaft wie auch die linken Abgeordneten können sich mit ihren Initiativen auf eine Mehrheit in der italienischen Bevölkerung stützen. Zwar befürworten 69 Prozent der Italiener*innen Wirtschaftssanktionen gegen Russland, aber nur 42 Prozent sind für Waffenlieferungen an die Ukraine. Maurizio Landini, Generalsekretär des Dachgewerkschaftsbundes CGIL, rief zusammen mit dem Verband der ehemaligen Partisan*innen und Antifaschist*innen ANPI am 5. März zu einer Großdemo auf, deren beherrschender Slogan war: "Weder mit Putin, noch mit der Nato".
"Italien ist das Land der vielen Putin-Versteher, die der Ukraine die Kapitulation nahelegen, um Menschenleben zu retten", diffamiert das deutsche ntv Nachrichtenfernsehen die Ablehnung der Italiener*innen, in den Krieg um die Ukraine verwickelt zu werden. (ntv, 14.03.2022)
Die Weisheit der Bevölkerung gegen den Wahnsinn der Regierung
Giorgio Cremaschi
Giorgio Cremaschi, Ex-Vorsitzender der Metallgewerkschaft FIOM und Aktivist von Potere al Popolo dazu:
"Trotz der hämmernden Kriegskampagne sind die Italiener*innen, die gegen Waffenlieferungen an die Ukraine sind, in der Überzahl.
Es ist die Weisheit der Bevölkerung gegen den Wahnsinn der Regierung, der politischen Klasse und der Eliten, die uns Schritt für Schritt in den dritten Weltkrieg führen, indem sie dem Wahn des Krieges folgen.
Wir sind die Mehrheit, verschaffen wir uns Gehör, nein zu den Kriegstreibern, NEIN ZUM KRIEG!"
Mauricio Acerbo meint: "Ein friedliches Europa lässt sich sicherlich nicht mit der Kriegslogik der NATO aufbauen. Wir arbeiten an einer großen Friedensbewegung, die die Völker vom Atlantik bis zum Ural vereint. Die enormen Ressourcen, die für die Aufrüstung aufgewendet werden, sollten besser für den Aufbau einer gemeinsamen Zukunft in Frieden verwendet werden."
Anmerkungen:
[1] Deutscher Gewerkschaftsbund, 25.02.2022: "Den Krieg in der Ukraine beenden – jetzt! Erklärung des DGB-Bundesvorstandes zur militärischen Eskalation des Konflikts in der Ukraine"
https://www.dgb.de/themen/++co++4d7d97da-8d7e-11ec-87de-001a4a160123
[2] ManifestA: Alternative Linke wieder im Parlament vertreten