Aus Bewegungen und Parteien

Bln Vi Schule keine Priv10.01.2018: Am 3. Januar startete die Volksinitiative 'Unsere Schule' gemäß der Berliner Landesverfassung. Sie zielt auf die Sammlung von Unterschriften und von konstruktiven Ideen der Betroffenen in einer öffentlichen Debatte, gestützt auch auf Medieninformationen aus der begleitenden Pressekonferenz. An der öffentlichen Auseinandersetzung soll sich der Senat durchaus beteiligen. Während dieser sechs Monate dürfe er die Initiative allerdings nicht behindern und bis dahin auch keine neuen Tatsachen im Sinn seines erklärten Ziels schaffen. Eine online abrufbare Serie von konkreten Fragen ließ der Senat bis heute komplett unbeantwortet.

Damit die Experten von "Gemeingut in BürgerInnenhand (GiB), Berliner Wassertisch und attac in den zuständigen Ausschüssen des Berliner Abgeordnetenhauses angehört werden können, sind in den kommenden sechs Monaten 20.000 gültige Unterschriften zu sammeln. Vorrangig ist dabei auch an Berufs- und in Oberschulen gedacht, um vor allem Jugendlichen ab 16 und Heranwachsenden praktische Erfahrungen in direkter Demokratie zu ermöglichen. Die Berliner Organisatoren zählen auf die tatkräftige Mithilfe von Menschen aus 85 institutionell verbundenen Netzwerk-Initiativen.

Unterschriftsberechtigt sind Personen, die am Tag der Unterschrift das Mindestalter haben und mit alleiniger Wohnung oder mit Hauptwohnung in Berlin im Melderegister verzeichnet sind. Die ausgefüllten Listen und die Eintragungen dürfen nur zur Prüfung der Unterschriftsberechtigung durch das jeweils zuständige Bezirksamt verwendet werden.

Damit das Parlament nicht versagt

Anhörung – das ist sicherlich vorerst nicht viel. Aber die Organisatoren setzen ihre Hoffnungen in ein Instrument der direkten Demokratie "in einem Moment, in dem die Politik gerade dabei ist, sie weiter abzubauen". Denn die Abgeordneten der rot-rot-grünen Regierungsfraktionen in Berlin und der faktisch nicht vorhandenen Opposition von CDU und FDP fragen nicht selbst. Kein einziger Abgeordneter, der für die Bürger kämpft. Und der Senat antwortet gleichzeitig nicht auf eine Vielzahl von BürgerInnen-Anfragen. In dieser Zwickmühle werden essentielle Informationen zum Schulbau in Berlin vorenthalten, die grundlegend für einen demokratischen Entscheidungsprozess sind.

Die Linkspartei ließ intern zwar ihren Landesausschuss dazu diskutieren, sie forderte auch Senatoren zur Stellungnahme auf, doch beides nach außen ohne wesentliche Folgen. Harald Wolf, Bundesgeschäftsführer der Partei DIE LINKE, hatte sich zusammen mit einem kritischen Vertreter der Berliner Linken und einem Mitglied des Rats der Bürgermeister in Neukölln zu einer Podiumsdiskussion bereiterklärt. Sie wurde jedoch von heute auf morgen ohne Begründung abgesagt.

Es zeigt sich, dass über die moralischen Gewissensappelle hinaus mehr benötigt wird, um dem GmbH-Phänomen Einhalt zu gebieten, bevor es auf Schulen in ganz Deutschland übergreift.

Bln Vi PKAuf der Pressekonferenz begründeten mehrere VertreterInnen der Initiative ihre Kritik an den Plänen des Senats und ihre Alternativen. Carl Waßmuth (links im Bild), einer der fünf Vertrauenspersonen der Initiative und Sprecher von GiB, rief zur Unterzeichnung der Volksinitiative auf, weil mit deren Forderung "der schnellste Weg und auch das sicherste, günstigste und demokratischste Vorgehen" zur Sanierung der Berliner Schulen im öffentlichen Eigentum und mit öffentlichen Geldern eröffnet werde.

Außerdem ergriffen Dorothea Härlin (Studienrätin und Vorstandsmitglied von GiB), Herbert Storn (Mitglied im GEW-Bezirksvorstand Frankfurt a. M.) und der Publizist Werner Rügemer und das Wort (im Bild von links nach rechts).

Die Initiatoren der Volksinitiative erwarten nun, dass es in den parlamentarischen Ausschüssen doch noch offene Ohren und eine Bereitschaft zum Umdenken gibt. Sie halten es für selbstverständlich, dass der Senat keine weichenstellenden Maßnahmen trifft, solange die Volksinitiative läuft, und dass dadurch Zeit für eine öffentliche Debatte entsteht. Sie sind bereit, schon vor Abschluss der Volksinitiative mit PolitikerInnen im direkten Gespräch ihre Bedenken und konstruktiven Alternativen vorzutragen und nach Auswegen zu suchen.

Die zentralen Forderungen sind:
"Schulen endlich sanieren: JA! Neue Schulen bauen: JA! Schulen in öffentlicher Hand: JA!
Übertragung von Schulimmobilien in das Privatrecht: NEIN! Gründung einer Schul-GmbH: NEIN!
Unsere Schulen müssen öffentlich bleiben!

  • Keine Übertragung von Schulimmobilien in das Privatrecht!"
  • Schulen öffentlich bauen, erhalten, betreiben und finanzieren statt Schulen in eine privatrechtliche GmbH zu übertragen
  • Die Schulen und Bauämter in öffentlicher Hand benötigen dringend einen Ausbau des Personals und kein Spardiktat oder ein Abwerben von Fachkräften durch die GmbH
  • Schulgrundstücke sind im Eigentum der Bezirke zu belassen, statt die Bezirke zu Mietern ihrer Schulen zu machen.

"Gemeingut in BürgerInnenhand" tritt ein für die Bewahrung und Demokratisierung öffentlicher Einrichtungen der Daseinsvorsorge. Gemeingüter wie Wasser, Bildung, Mobilität, Energie, öffentliches Grün und vieles andere sollen zurückgeführt werden unter demokratische Kontrolle. Ein inhaltlicher Schwerpunkt der Arbeit gegen Privatisierung von GiB ist die Aufklärung über öffentlich-private Partnerschaft (ÖPP) oder Public-private-Partnership (PPP). Wenn die Beteiligten neuerdings nicht nur von ÖPP, sondern auch von ÖÖP – öffentlich-öffentlichen Partnerschaften – sprechen, meinen sie doch verkappt öffentlich-private, wie das Negativ-Beispiel im Bereich Schulbau in Hamburg zeigt.

Bln Vi Bautechniker Dieter Arbeiter Bln Dieter Arbeiter Privatisierungsgeier Bln Dieter Arbeiter Schul Fundament


Dieter Arbeiter
, vor 40 Jahren verantwortlicher Bauleiter für Werterhaltung und Modernisierung von 28 Schulbauten beim Bezirksamt Kreuzberg, unterstützt die öffentlichen Unterschriftensammlungen gegen die Schulprivatisierung einmal als „Privatisierungsgeier“ und einmal als Bautechniker:
"Wir wollen instandgesetzte, modernisierte, gesunde Schulen in öffentlicher Hand, jetzt und sofort. In den 70er Jahren wurden für Ersatzbauten Millionen kalkuliert und es kamen Milliarden raus. Heute gibt man gleich Milliarden an in kleineren Tranchen und es kommen später ebenfalls Milliarden raus, nur leider in private Hände. Privatisierung macht alles kaputt, ich bin dagegen. Ich werde den Jugendlichen sagen, wo sie aufpassen müssen, um vernünftig lernen zu können."

 

Dorothea Härlin, Studienrätin und im Vorstand von Gemeingut in BürgerInnenhand, erklärte

Schulprivatisierung – jetzt nicht tatenlos zusehen – Volksinitiative!

Dorothea HaerlinEs ist sehr erfreulich, dass der Berliner Senat endlich nach so vielen Jahren des Kaputtsparens mehr Geld in den Schulbau und in die Bildung steckt. Er sollte das allerdings ohne formelle Privatisierung, ohne Kapitalmarktkredite und ohne ÖPP tun – auch nicht verkappt als ÖÖP. Der Weg über eine Schulbau-GmbH als Tochtergesellschaft der Wohnungsbaugesellschaft Howoge führt geradewegs in die Privatisierung.

Dass es sich bei der Überführung öffentlicher Aufgaben und Grundstücke in eine GmbH um Privatisierung handelt, ist ausreichend begründet und auch breit bekannt. Dass nun etwas anderes behauptet wird ist also der Versuch einer gezielten (und umfassenden) Täuschung. Die zentrale Frage heute ist: Warum wiederholen die PolitikerInnen dieser rot-rot-grünen Regierungskoalition unisono und gebetsmühlenartig, die Gründung der Schul-GmbH als Tochter der Howoge sei keine Privatisierung?

Könnte es sein, dass der Begriff Privatisierung in der Bevölkerung so verpönt ist, dass PolitikerInnen das Wort nicht mehr in den Mund nehmen wollen? Sie haben deshalb neue Begriffe erfunden: PPP, ÖPP, ÖÖP; und jetzt sagen sie, es handle sich um eine harmlose Gründung einer GmbH, die auch noch zu 100 Prozent in der Hand des Landes Berlin sei.

Dadurch führen sie die Bevölkerung bewußt hinters Licht. Denn wie immer sie das Konstrukt nennen, es gibt nur Privatrecht und öffentliches Recht, und aus letzterem sind sie dabei, sich herauszustehlen. Sie wollen das öffenliche Gut Bildung auf den Markt werfen. Die Kommerzialisierung der Bildung ist ein gravierender Paradigmenwechsel. Die Gründung einer GmbH ist der Sündenfall. Es ist immer das gleiche Konzept: Private Konzerne beschreiben ein reales Problem, rechnen die Kosten zu seiner Beseitigung auf bis zu 30 Jahre zu Mammutsummen hoch und bieten zugleich Hilfe von außen an.

Auf der Grundlage ihres „Gebäudescanns“ (in wessen Auftrag, zu welchen Extra-Kosten?) soll der Senat bis zu 1,5 Milliarden Euro für Neubau und Sanierung bereitstellen. (GiB-Vorstand Carl Waßmuth: Im Bau-Länderrecht des Bundes ist von einem „Gebäudescann“ keine Rede. Demnach seien für anstehende Sanierungsprojekte zwei Planungsphasen zu durchlaufen, zum Kostensatz von plus 40 Prozent. „Diese Leistungen wurden für die Berliner Schulen bisher nicht ansatzweise erbracht.“)

Das Argument der „Schuldenbremse“ zieht nicht, weil im Haushalt 2017/18 fast eine Milliarde für Schulbau bereitgestellt ist. Das Geld zum Renovieren und für Neubauten ist da, es kann sofort begonnen werden ohne den Umweg einer GmbH-Gründung. Der Berliner Bezirk Neukölln hat seit längerem sein Fachpersonal in den öffentlichen Planungsämtern aufgestockt und auch besser als anderswo bezahlt. Daher wird er keine sanierungsbedürftige Schule in eine GmbH geben. Die Stadtbezirke Lichtenberg und Marzahn-Hellersdorf wollen Schulprojekte über 10 Millionen Euro nicht in eine GmbH geben.

Nach den unrühmlichen Skandalen in Berlin seit dem Mauerfall, dem Bankenskandal, der Wasserprivatisierung und dem BER (mit der gleichen GmbH-Struktur) droht jetzt ein neues Chaos, nämlich Zentralisierung in einer Stadt, die mehr Einwohner hat als sieben in der EU mitregierende Länder. In Malta leben beispielsweise so viele Menschen wie in anderthalb Berliner Bezirken.

Jahrelange Versäumnisse durch sträfliche Sparpolitik sind nicht allein mit Geld zu korrigieren. Das Wissen und die konstruktiven Ideen der Betroffenen in den Schulen sind gefragt. Wir brauchen eine breite öffentliche Deatte, die den Namen „Berliner Schuloffensive“ verdient. Sie verzögert nicht, weil das Geld da ist und mit dem Bauen sofort begonnen werden kann. Die Gründung einer GmbH würde dagegen nach Aussagen des Finanzsenators Kollatz mindestens zwei Jahre dauern. Die Schaffung dieser Parallelstruktur verzögert also.

Mit Bildung macht man keinen Profit! Noch ist es nicht zu spät. Abstimmungsgespräche zur Bildung der GmbH dauern, wie verlautet, noch an. Deshalb zieht Gemeingut in BürgerInnenhand jetzt die demokratische Notbremse. Wir starten die Volksinitiative „Unsere Schulen“ und erwarten ihr Ergebnis zur Jahresmitte.

 

 

Werner Rügemer, Publizist und interventionistischer Philosoph, ordnet die Vorgänge in die bisherige und teure staatliche ÖPP-Förderung an Schulen in ganz Deutschland ein.

ÖPP ist ein finanzieller Irrsinn

Werner RuegemerDer Staat kann heute Kredite praktisch zum Nullzins aufnehmen. Er könnte Projekte durch einen Infrastrukturfonds finanzieren. Sie sollen aber durch beauftragte private Investoren finanziert werden. Das wird teuer. Die Privaten müssen in ÖPP nicht nur einen Gewinn erwirtschaften, sondern auch weitaus höhere Kreditzinsen zahlen. Zu den erstattenden Kosten kommen dann auch noch Mieten für die Schulen. Die „Schuldenbremse“ führt also langfristig zu einer noch höheren öffentlichen Verschuldung als bisher.

In Deutschland gibt es offiziell rund 300 ÖPP-Projekte, die zum Teil schon 20, 15, 10 Jahre laufen. Noch nicht einmal in Ansätzen ist der tatsächliche Sanierungsbedarf zu erfassen. Eine Kölner Liste weist 203 Schulgebäude als sanierungsbedürftig aus. Die Stadt hat rund eine Million Einwohner. Hochgerechnet auf die Bevölkerungsdichte der gesamten Bundesrepublik müssten somit bei rund 80 Millionen insgesamt etwa 16 000 sanierungsbedürftige Schulgebäude veranschlagt werden.

ÖPP-Verträge sind geheim. Bisher gibt es keine öffentliche finanzielle Auswertung. Wo ausnahmsweise etwas bekannt wird wie beim größten Schulprojekt des Landkreises Offenbach, ist das Ergebnis katastrophal. Wir haben einige Hinweise in Frankfurt am Main und auch in Köln, wo es keine offiziellen Informationen darüber gibt, wie sich die Kosten entwickelt haben: Die Mieten verteuern sich und das gesamte Anfangsversprechen bei ÖPP bricht in sich zusammen.

Schon zwischen 2005 und 2007 vergab der Kölner Stadtrat die Sanierung und den Betrieb von sechs Schulen nach dem ÖPP-Muster an den Investor Hochtief bzw. dessen Tochter PPP-Beteiligungs-GmbH & Co KG, mit Laufzeiten von 25 Jahren. Diese bisherigen Projekte wurden bis 2017 vor der Neuvergabe von weiteren vier Kölner Schulen für die Sanierung und den 25jährigen Betrieb an den Konzern Vinci finanziell nicht ausgewertet. Zwar hat eine Beratungsgesellschaft auftragsgemäß die bisherigen ÖPP-Schulen in Köln im Ergebnis bewertet. Es sind aber im Wesentlichen Befragungsnoten – Seid ihr zufrieden, Eltern, Schüler, dass eure Schulen neu gemacht wurden? Ja. Es gibt aber keinerlei Angaben über die Mietentwicklung und über die finanzielle Situation.

Nun hat die Stadt Köln also weitere vier Schulen vergeben, diesmal an die größte Baufirma der westlichen Welt, den französischen Baukonzern Vinci, bzw. dessen Tochtergesellschaft Vinci Facilities SKE GmbH, wie sie in Deutschland heißt. Vinci ist hierzulande der aggressivste ÖPP-Investor. Beispielsweise ist er mit seiner Tochtergesellschaft Cofiroute am größten ÖPP-Projekt in Deutschland beteiligt. Sie kennen es: Tollcollect, die Autobahn-LKW-Maut in Deutschland, wo die Investoren mit bis zu acht Milliarden Euro beim Staat verschuldet sind. Wegen Nichtleistung. Und der Staat bzw. der Verkehrsminister von der SPD waren bzw. sind nicht in der Lage, diese Schulden einzutreiben. Im Gegenteil: Sie haben etwa 110 Millionen Euro an Beratungskosten bezahlt für eine erfolglose Beratung im Umgang mit diesen Firmen. An diesen Investor, der ebenso für das finanziell katastrophale ÖPP-Schulprojekt im Landkreis Offenbach verantwortlich ist, vergab also die Stadt Köln vier Schulen neu zur Sanierung.

Projekt-GmbH als Verdummungsinstrument

Eine Bemerkung zur organisatorischen ÖPP-Struktur: Jedes Projekt – jede Schule, jeder Schulkomplex – wird vom Investor in einer eigens zu gründenden Projekt-GmbH organisiert. Diese bekommt in der Regel eine gesetzlich vorgeschriebene Mindesteinlage von 25 000 Euro. Das ist ja nun das relativ neue Verdummungsinstrument, auch der Berliner Landesregierung, wenn gesagt wird: Ja, wenn wir eine solche GmbH haben, dann haben wir ja noch einen staatlichen Teil und dann ist das eben keine Privatisierung.

Aus der 20jährigen Erfahrung, was bisherige Projekt-GmbH bei ÖPP-Projekten gemacht haben, wird aber ersichtlich, was solch rechtliche Konstruktion ermöglicht. Erstens wählt die GmbH die Subunternehmer für die verschiedenen Gewerke aus, beispielsweise für die Anstellung von Hausmeistern und Reinigungskräften, für Energiemanagement, Reparaturen, Grünflächenpflege, Security. Sie ist natürlich bestrebt, das billig zu machen. Ich habe Verträge beispielsweise mit Reinigungs-Subunternehmern gesehen. Die laufen ein, zwei Jahre, bis der Investor einen noch billigeren gefunden hat. Aus dem üblichen Werklohn-Dumping folgen häufig Insolvenzen und Stillstand der Arbeiten. Die stören auch den Schulbetrieb, weil vielleicht ein Jahr nicht geputzt wird. Die GmbH kann Kredite aufnehmen, sie kann die für die Zukunft vereinbarten Mieten an Investoren verkaufen (Forfaitierung mit Einredeverzicht), und sie kann auch verschiedene unternehmerische Tätigkeiten entfalten, um selber Einkommen zu generieren. CocaCola könnte gegen Gebühren Werbung betreiben, Räume außerhalb des Schulbetriebs können anderweitig vermietet werden, was störend auf den Schulbetrieb zurückschlagen kann. Die GmbH kann Auflagen für Innenausstattungen machen, beispielsweise wieviele Grünpflanzen in einem Klassenraum stehen dürfen, damit die Reinigungskräfte möglichst schnell durchwedeln können.

In finanzieller Hinsicht ist das Hauptproblem: Die GmbH kommt in eine Überschuldungslage über die sogenannte Haftungssumme, nämlich die Mindesteinlage von 25 000 Euro, hinaus. Dann sagt der Investor beispielsweise, entweder er schlägt nachträglich zur vereinbarten Miete noch mal 10 Prozent drauf, oder er muß seine kleine GmbH pleite gehen lassen und somit Folgekosten produzieren. Mit dieser geringen Mindesthaftungssumme ist das ja leicht möglich. Ebenso kann er die GmbH ganz oder auch teilweise verkaufen. All diese Varianten wurden schon oft „erprobt“. Das ist das normale Erpressungsinstrument, um die Erhöhung zu generieren. Das erwartet der Bürger so erst mal nicht.

(Werner Rügemers Standardwerk: "Heuschrecken“ im öffentlichen Raum. Public Privat Partnership – Anatomie eines globalen Finanzinstruments. Transcript Verlag, 2. Auflage, Bielefeld 2012.
Mit Untersuchungen von etwa 30 ÖPP-Projekten vor Ort, darunter Schulprojekte, Schwimmbäder, Tunnels, Gefängnisse und Rathäuser sowie eine Analyse der GmbH-Tricks und der mit ÖPP verbundenen Geheimhaltung, Finanzierung, Einsatz von privaten Beratern und Subunternehmern.)

 


Herbert Storn, Mitglied im GEW-Bezirksvorstand Frankfurt am Main, stellte klar, dass es um weit mehr als um Berlin geht:

Berliner Senats-Vorgehen auch für Gewerkschaften bundesweit bedeutend

Herbert StornEs ist absurd: In Berlin und bald in ganz Deutschland werden Schulen für 25 bis 30 Jahre an Wohnungsbaugesellschaften verkauft. Man fasst sich an den Kopf. Sollen die Schulen jetzt wohnlicher gemacht werden?

Staat und Kommunen stehen vor dem Scherbenhaufen ihrer Staatsabbau-Politik. Vom „Sparen, bis es quietscht“ bis zu den Klagen über den „aufgeblähten Staatsapparat“ und die „hohen Personalkosten“ führte der Weg geradewegs in eine völlig vernachlässigte Infrastruktur. In Frankfurt am Main wurde nicht zuletzt wegen des Versagens bei den Schulbauten die Koalition aus CDU und den Grünen 2016 mit 17 Prozent Stimmverlusten abgestraft. Es gab und gibt Schülerdemonstrationen in allen größeren Städten in Hessen, zuletzt in Kassel.

Statt aber die Politik des Staatsabbaus zu korrigieren, wird mit der „Schuldenbremse“, die den Staat mit einem Kreditaufnahmeverbot knebelt, dieselbe Privatisierungspolitik weiter betrieben. Schulden werden in Schattenhaushalte ausgelagert, wo sie über die Staatshaftung irgendwann wieder beim Steuerzahler landen. Und es kommt zu solchen Absurditäten, dass jetzt Wohnungsbaugesellschaften in privater Rechtsform zu Schuleigentümern werden.

Muss man eigentlich alle Fehler wiederholen – Berlin mit der Wasserprivatisierung, Cross-Border-Leasing mit der Frankfurter U-Bahn – auch auf die Gefahr hin, dass aus der Tragödie eine Farce wird?

Die jahrzehntelange Transferierung von gemeinnützigen staatlichen Einrichtungen wie Schulen auf private Gesellschaften – und seien sie noch so hundertprozentig in staatlichem Eigentum – verschiebt gemeinnützige staatliche Bildung ins private Geschäftsmodell und entzieht sie der demokratischen Transparenz.

Privatrechtlich konstruierte „Black boxes“ und Schattenhaushalte

Der Landrat des Kreises Offenbach mit seinem einst preisgekrönten PPP-Modell von 90 Schulen über 15 Jahre beklagt, dass er bis zum 1. Oktober 2019 (bzw. bis zum 1.1.2020) warten muß, bis er endlich an die Unterlagen der beiden Projektgesellschaften kommt. Der Landkreis, von der einst zweitreichsten zur zweitärmsten Kommune abgestürzt, ist an den Projekten noch als Miteigentümer beteiligt. Da nützt der ganze Gesellschafteranteil nichts, wenn Unterlagen für den eigenverantwortlichen Weiterbetrieb nach 2019 vorenthalten werden!

Hierzu Auszüge aus der Mitschrift zur Kreistagssitzung vom Mai 2017: „Kein Einblick in Verträge und Abrechnungen. Kostenkalkulation unseriös. Die CDU bemängelt den fehlenden Einblick in die Zahlen; die Grünen, dass nicht einmal kreiseigene Unterlagen an den Staat als Miteigentümer zurückgegeben werden.“

Wie schwierig es prinzipiell ist, staatliche bzw. kommunale Unternehmen parlamentarisch zu kontrollieren, zeigt schon ein Blick in den jährlichen Beteiligungsbericht der Stadt Frankfurt. Besonders, wenn man jahrelang das Fachpersonal abgebaut hat.

Solche privatrechtlich konstruierten Gesellschaften werden sehr schnell zu einer „black box“, und sie breiten sich aufgrund der „Schuldenbremse“ mit einzig verbleibenden „Schattenhaushalten“ aus. Abgesehen von der privatrechtlich gesicherten Vertraulichkeit: Wie sollen 557 Unternehmens-Beteiligungen – darunter 226 mit 20 Prozent und mehr, 26 Unternehmen mit Mehrheit – in einem demokratischen Prozess kontrolliert werden?

Der Frankfurter SPD-Oberbürgermeister hat sich nachdrücklich zu einer ÖPP-freien Stadt bekannt. Die hessische GEW verlangt zum Beispiel vehement, endlich den Umfang der Fraport-Spekulationen (Firma im Eigentum des Landes) in sogenannte Panama-Papers aufzudecken.

Alternative Finanzpolitik wird gebraucht

Tatsächlich geht es einzig um das herausspringende Finanzprodukt. Ich will es mal am Beispiel des kleinen Bruders des Landkreises Offenbach, dem „PPP Hessencampus“, zeigen. Dieses PPP hat nur ein veranschlagtes Volumen von 56 Millionen Euro (63 Prozent nach dem Verkaufsprospekt des Immobilienfonds!). Es läuft von 2008 bis 2038 und soll Zinsen von 5,5 Prozent (2009) bis 7 Prozent (2023) bringen. Involviert sind neun GmbH und die Landesbank Hessen-Thüringen. Dort tummeln sich viele Firmen, die alle verdienen wollen. Sogar an den Lehrern: Die sind ausdrücklich aufgefordert, sich finanziell an einer Kommandit-Gesellschaft zu beteiligen. (siehe Anlage: Schaubild PPP-als Finanzprodukt)

Für ein solches Finanzprodukt ist es gleichgültig, ob es aus einem ÖPP oder aus einem ÖÖP-Projekt hervorgeht. Deshalb gibt es gegen den Plan der Berliner Landesregierung auch keine Kritik und keinen Gegenwind aus den Lobbyorganisationen!

Wenn wir den Weg des Ausverkaufs staatlicher Güter endlich stoppen wollen, dann muß die „Schuldenbremse“, das weitgehende gesetzliche Verbot staatlicher Kreditaufnahme, zumindest revidiert werden. Die Verschuldungskurve geht nach oben. Die öffentlichen Mittel dürfen für selbstverwaltete Werterhaltung und Neuinvestitionen nicht mehr ausgegeben werden, und ihre Weiterschiebung Jahr um Jahr erscheint risikolos. Es ist also Heuchelei pur, wenn überfällige staatliche Investitionen über Schattenhaushalte die Steuerzahler belasten sollen.

Gewerkschaftliche Alternativen zur Kenntnis nehmen

Ein alternativer Plan liegt vor: Die Gewerkschaften haben 2015 die „Konsolidierungspolitik“ im Gefolge der grundgesetzlichen „Schuldenbremse“ seit 2009 als faktische „Investitionsbremse“ charakterisiert. Über ein Minderheiten-Votum in der „Fratzscher-Kommission“ – damals standen Autobahn-Privatisierung und weitere PPP-Vorhaben auf der Tagesordnung – plädierten sie daher

  • für eine Modifizierung der „Schuldenbremse“, wonach öffentliche Investitionen in die Infrastruktur von der „Schuldenbremse“ auszunehmen wären.
  • Öffentliche Geldbeschaffung: Infrastrukturfonds oder Bürgerfonds sollen vollständig im öffentlichen Besitz bleiben und mit ausreichendem Eigenkapital, einer Staatsgarantie und mit eigenen Einnahmen ausgestattet sein. Der Fonds begibt Anleihen, die institutionelle Anleger und Private zeichnen können.
  • Selbstverwaltungsgarantie gemäß Verfassungsrang: Prüfung der Einrichtung einer haushaltsrechtlichen Verpflichtung zu öffentlichen Investitionen in einer bestimmten Höhe, die zumindest Abschreibungen auf das Vermögen der öffentlichen Hand kompensiert. Diese Selbstbindung darf nicht zu Lasten der Beschäftigten oder hoheitlicher Aufgaben gehen. Sofern Infrastrukturgesellschaften, dann öffentlich-rechtliche.

Es wird Zeit, die teils tabu-belegten Alternativen zur Kenntnis zu nehmen und – wie in der hessischen GEW vereinbart – über die Landesverbände eine solide verankerte Kampagne gegen die „Schuldenbremse“ zu organisieren! Gerade auch für die Gewerkschaften kommt dem Vorgehen des Berliner Senats eine bundesweite Bedeutung zu.

 

Txt: Hilmar Franz
Fotos: Klaus Ihlau, H.Franz


siehe auch

Farkha Festival Komitee ruft zu Spenden für die Solidaritätsarbeit in Gaza auf

CfD communist solidarity dt
zum Text hier
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Farkha2023 21 Buehnentranspi

Farkha-Festival 2024 abgesagt.
Wegen Völkermord in Gaza und Staatsterror und Siedlergewalt im Westjordanland.
hier geht es weiter zum Text


 

 

UNRWA Gazakrieg Essenausgabe

UNRWA Nothilfeaufruf für Gaza
Vereint in Menschlichkeit, vereint in Aktion

Mehr als 2 Millionen Menschen, darunter 1,7 Millionen Palästina-Flüchtlinge, zahlen den verheerenden Preis für die Eskalation im Gazastreifen.
Zivilisten sterben, während die Welt zusieht. Die Luftangriffe gehen weiter. Familien werden massenweise vertrieben. Lebensrettende Hilfsgüter gehen zur Neige. Der Zugang für humanitäre Hilfe wird nach wie vor verweigert.
Unter diesen Umständen sind Hunderttausende von Vertriebenen in UNRWA-Schulen untergebracht. Tausende unserer humanitären Helfer sind vor Ort, um Hilfe zu leisten, aber Nahrungsmittel, Wasser und andere lebenswichtige Güter werden bald aufgebraucht sein.
Das UNRWA fordert den sofortigen Zugang zu humanitärer Hilfe und die Bereitstellung von Nahrungsmitteln und anderen Hilfsgütern für bedürftige Palästina-Flüchtlinge.
Dies ist ein Moment, der zum Handeln auffordert. Lassen Sie uns gemeinsam für die Menschlichkeit eintreten und denjenigen, die es am meisten brauchen, die dringend benötigte Hilfe bringen.

Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge

Spenden: https://donate.unrwa.org/gaza/~my-donation


 

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