Nato beendete Baltops - Manöver
23.06.2021: Am 18. Juni endete mit dem Einlaufen der US-Kriegsschiffe in den Kieler Hafen das Baltops-Manöver der Nato. Seit 1972 ist die Ostsee alljährlich Schauplatz dieser Kriegsübung. Bei der diesjährigen 50. Auflage des Manövers waren 40 Marineeinheiten, 60 Flugzeuge und rund 4.000 Soldat*innen aus den 16 Nato-Ländern sowie aus Schweden und Finnland beteiligt.
Das Manöver begann an den dänischen Meerengen und verlagerte sich dann weiter nach Osten – schließlich war an der Küste Litauens eine Landeoperation geplant. Gleichzeitig mit Baltops übte die USA eine möglichst zügige Verlegung von Material und Soldaten aus den USA nach Ost-Europa (Defender Europe 2021). Beide Manöver sind Teil einer militärischen Ausrichtung der NATO, die vor allem Stärke und Konfrontationsbereitschaft gegenüber Russland demonstrieren.
Auf der jüngst stattgefundenen "Nationalen Maritimen Konferenz" der Bundesregierung hatte Ministerin Kramp-Karrenbauer die Ostsee, den Nordatlantik und das Schwarze Meer als strategische Operationsgebiete der deutschen Marine hervorgehoben. Dabei entwickelt sich der Marinestützpunkt Kiel immer mehr zu einem Umschlagplatz für massive Truppenbewegungen der Nato-Staaten.
Um dagegen zu protestieren, hatte das Friedensforum Kiel mit weiteren friedensbewegten Gruppen und Personen am 18. Juni 2021 mit einer Mahn- und Menschenkette vor dem Marinestützpunkt Kiel aufgerufen.
In dem Aufruf dazu hieß es: "Gerade im 80. Jahr des Überfalls auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941, ist es an der Zeit, einen Dialog mit Russland zu führen, um Rüstungskontrolle und Abrüstung eine Chance zu geben. Die hohe Präsenz deutscher Marineschiffe lässt erkennen, dass dieses Ostseemanöver für die deutsche Marine einen hohen Stellenwert hat, schließlich möchte die deutsche Marine vor allem in der Ostsee eine dominierende Rolle übernehmen. Der Aufbau eines Seebattallions in Eckernförde und die geplanten extrem teuren Korvetten und Mehrkampfschiffe 180 sind Ausdruck eines solchen Anspruchs. Wir fordern, das ‚Säbelrasseln‘ in der Ostsee zu beenden; statt militärischer Konfrontation ist Diplomatie gefordert. Außerdem werden für derartige Militärübungen Steuergelder verschwendet, die anderswo - im Gesundheitswesen, Schulen etc. - fehlen. Auch stellt eine solche militärische Großübung von 30 Schiffen und Militärflugzeugen eine zusätzliche Klima- und Umweltbelastung für das gefährdete System der Ostsee dar."
Die Militarisierung der Ostsee - Aktuelle Broschüre der schleswig-holsteinischen Friedensbewegung
Einleitend schreibt der Autor: "Die Gefahr, die aus dem Ostseeraum nicht nur für den Frieden, sondern sogar für das Überleben Europas ausgeht, wird nicht zur Kenntnis genommen. Deshalb sollen in diesem Text die politischen und militärischen Verhältnisse im Ostseeraum beschrieben und dokumentiert werden."
Er konstatiert: Zu verstärkten Spannungen im Ostseeraum zwischen den Nato-Staaten und Russland ist es spätestens seit 2014 gekommen (in der Folge der politischen Veränderungen in der Ukraine). Die Anzahl der Manöver und ihre Größe wachsen seither auf beiden Seiten, insbesondere die Nato ist mit ihrem multinationalen Manöver Baltops jährlich in der Ostsee aktiv; ergänzt durch ständig neue Manöver, Übungen etc.
Eine zentrale Rolle kommt dabei der "Einsatzflottille 1" der Deutschen Marine zu. Diese befindet sich in Kiel; ihr zugeordnet ist das Nato-Excellence-Zentrum COE-CSW, das unter derselben Leitung steht. Zur "Einsatzflottille 1" gehören Korvetten, U-Boote und Minenjagdboote sowie das "Seebataillon" und das "Kommando Spezialkräfte der Marine". Alle diese Einheiten sind vor allem auf Einsätze in Küstennähe spezialisiert.
Ausführlich wird in der Broschüre dann beschrieben, welche Kriegsszenarien im Ostseeraum denkbar wären. Der Verfasser geht davon aus, dass ein möglicher Krieg zwischen Nato und Russland – neben dem Schwarzmeergebiet – in der Ostseeregion stattfinden würde. Als strategische Ziele der Nato sieht er das Gebiert um Kaliningrad und den sog. "Suwalki-Korridor", der sich im Dreiländereck Litauen-Polen-Weißrussland befindet. Aus Sicht der Nato wird befürchtet, dass Russland von dort aus im Konfliktfall sowohl die gesamte Schifffahrt in der Ostsee unterbinden als auch die baltischen Nato-Staaten von der Landverbindung mit dem Nato-Mitglied Polen abschneiden kann.
Gegen Ende der Broschüre werden politische Alternativen aus friedenspolitischer Sicht vorgestellt. Die Schlüsselbegriffe sind hierbei: Disengagement – Rüstungskontrolle – Inspektionen.
Leps beklagt, dass "die Politik sich aus dieser hoch gefährlichen geografischen Zone verabschiedet hat. Es wird gemacht, was die Militärs planen, die Politik steuert das Militär nicht, sondern folgt ihm."
Er verweist auf zurückliegende friedenspolitische Erfahrungen und zitiert Bernd Greiner/Bernd Rother [1] "Dass es auch anders geht, zeigt ein Blick auf den Kalten Krieg. Im Vergleich zu heute mutet ausgerechnet diese Zeit wie eine Schatzkammer politischer Phantasie an. Entmilitarisierte Zonen, gemeinsame Sicherheit, diplomatisches Dauergespräch. Vertrauensbildung bedarf einer auch und gerade in Schlechtwetterperioden haltbaren Grundlagen. Dazu leisten Gipfeltreffen und sonstige Kontakte zwischen Staats- und Regierungschefs einen Beitrag. Den Dialog zu verstetigen und unabhängig vom Diktat des Tagesgeschäfts zu institutionalisiere, ist die eigentliche Herausforderung."
Der Autor listet dann beispielhaft einige konkrete Maßnahmen auf, die einer Vertrauensbildung im Ostseeraum dienen könnten und appelliert an die "offizielle Politik" in Parteien und Parlament sowie an außerparlamentarische Friedensbewegung, diese Regin stärker im Blick zu haben.
Sehr bereichernd ist das umfangreiche Literaturverzeichnis zum Schluss der Broschüre.– und alles versehen mit den web-links zum Nachlesen.
txt: Günther Stamer
Die Militarisierung der Ostsee
Horst Leps (Zusammenarbeitsausschuss der Friedensbewegung Schleswig-Holstein),
65 Seiten (einschl. umfangreichem Literaturverzeichnisses), 5 Euro.
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Anmerkungen
[1] Mehr Vergangenheit wagen. Blätter für deutsche und internationale Politik 11/2019