Deutschland

Rente67 UZ Extra 201122.03.2013: Zum 1. Juli sind bei den Rentnern in Deutschland Freud und Leid eng beieinander: Die gesetzlichen Renten werden im Osten um 3,29 Prozent erhöht, im Westen dagegen um mickrige 0,25 Prozent. Die hohen Abweichungen zwischen Ost und West erklärt die Deutsche Rentenversicherung (DRV) mit „Eigenheiten der Rentenberechnung“. z.B. Nachholung von angeblich unterbliebenen Rentenkürzungen vergangener Jahre und höheren Steigerungen beitragspflichtiger Löhne und Gehälter im Osten. Für die Rentner in Westdeutschland bedeutet das nominale Miniplus eine weitere drastische Kürzung der realen Renten um mehr als 1,5 Prozent (Rentenerhöhung minus Inflation, die mit 1,8% prognostiziert wird). Es ist die neunte reale Minusrunde seit dem Jahr 2000. Nur in drei Jahren – 2002: + 0,56%, 2009: + 1,51%; 2012: + 0,2% - gab es minimale Real-Renten-Zuwächse.

Renten: Seit 2000 17 Prozent weniger Kaufkraft (im Osten: 22%)

Wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken-Bundestagsfraktion hervorgeht, sank die Kaufkraft der Rentner seit dem Jahr 2000 im Westen um 17 Prozent, im Osten um 22 Prozent (Spiegel-online, 13.10.12). Danach lagen die durchschnittlichen Rentenzahlbeträge nach Abzug der Sozialbeiträge in den alten Bundesländern zuletzt bei 1062 Euro und in den neuen Ländern bei 1047 Euro. Gegenüber 2000 waren sie in West um 17 Euro höher, in Ost um 23 Euro niedriger. Gleichzeitig stieg aber in im selben Zeitraum der Verbraucherpreisindex um etwa 20 Prozent, was den genannten Kaufkraftverlust erklärt. Ein Rentner im Westen hat also gegenüber dem Jahr 2000 zwei volle Monatsrenten an Kaufkraft verloren, im Osten noch etwas mehr.

Diese Entwicklung ist einmal Folge der relativ niedrigen Lohnabschlüsse, zum anderen wirkten sich die verschiedenen  Rentenreformen, insbesondere von Rot-Grün und der  Großen Koalition mit ihren verschiedenen Dämpfungsfaktoren aus:  „Riestertreppe“, „Nachhaltigkeitsfaktor“ und schließlich „Nachholfaktor“ - alle mit dem Ziel, das Rentenniveau zu senken. Betrug das Rentenniveau im Jahr 2000 noch 52,6% der durchschnittlichen Nettobezüge, so ist es bis heute auf 49,6% (FAZ, 14.11.12) gesunken. Bis 2020 soll es auf 48% runtergehen und 2030 auf 43%.

In Verbindung mit der Zunahme an schlechter Arbeit – geringfügige Beschäftigung, Teilzeitarbeit, Zeitlohn - führt das dazu, dass die Rente kein auskömmliches Einkommen im Alter garantiert, sondern zunehmend zur Armutsrente wird. Bereits jetzt arbeiten 800.000 Rentner als Mini-Jobber, um im Alter über die Runden zu kommen. Die Zahl der Ruheständler, die Grundsicherung (688 Euro im Monat) in Anspruch nehmen müssen, hat sich seit 2003 um zwei Drittel auf 436.000 erhöht. Die Sozialverbände warnen vor der steigenden Gefahr von Altersarmut. Der Armutsforscher Professor Butterwegge (Buch: Armut im Alter, 2012) schreibt dazu: „Altersarmut ist kein „unsozialer Kollateralschaden“ der Globalisierung oder des demografischen Wandels. Sie ist das Ergebnis ökonomischer Krisen und einer Verteilungsschieflage, die politisch erzeugt und insofern funktional ist, als sie Opfer von Maßnahmen zur Deregulierung des Arbeitsmarktes beziehungsweise zur Restrukturierung des Sozialstaats trifft sowie Menschen, die für den Wirtschaftsstandort „nutzlos“, weil angeblich unproduktiv sind“ (SZ, 12.11.12).

Altersarmut nicht erst ein Zukunftsproblem

Altersarmut ist also heute schon ein Massenphänomen und nicht erst ein „Zukunftsproblem“. Das Problem wurde bisher weggewischt – keiner Rentnergeneration gehe es so gut wie der jetzigen, so die Bundesregierung. Da Gewerkschaften und Sozialverbände immer beweiskräftiger vor dem Problem warnen, das Menetekel sich immer sichtbarer an der Wand abzeichnet, zeigt nun auch die Politik beflissene Betriebsamkeit - zumal Landtags- und Bundesttagswahlen ins Haus stehen. Von der Leyen gibt plötzlich die Kassandra: Ein Versicherter mit 35 Beitragsjahre, der immer 2500 Euro brutto verdient hat, bekommt heute 816 Euro Rente, so ihr Beispiel. Bis 2030 sinkt jedoch das Rentenniveau auf 43 Prozent. Die Rente eines 2500-Euro-Verdieners sinkt auf 688 Euro – Grundsicherung!

Doch weder die „Zuschussrente“ (jetzt „Lebensleistungsrente“) Ursula von der Leyens noch die „Solidarrente“ des SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriels sind ein Ausweg aus der Misere. Sie sind nicht einmal eine kosmetische Korrektur, sondern bestätigen nur das Versagen der Politik. Die Hürden  dafür sind nur für ganz wenige zu überwinden: Mindestens 30 Jahre (von 2023 an sogar 35 Jahre) in die Rentenkasse eingezahlt, Kinder großgezogen und zusätzlich vorgesorgt haben. Und dann winkt eine Aufstockung auf bis zu 850 Euro, was Armutsniveau bedeutet (ähnlich sind die Bedingungen bei der Solidarrente).

Eine demokratische und soziale Reform der gesetzlichen Rente, muss zum stringenten beitragsfinanzierten Umlageverfahren zurückkehren, das sich in den vergangenen Jahrzehnten in allen Situationen bewährt hat. Alle bisherigen Reformen haben dieses Prinzip durchlöchert, steuerfinanzierte Bestandteile eingebaut, Beitragssätze gekürzt, um die Arbeitgeber von Lohnnebenkosten zu entlasten. Vor allem aber haben sie die Menschen zur privaten Vorsorge gezwungen, zur Anlage ihres Geldes auf den volatilen Finanzmärkten, in der Hoffnung, am Lebensabend davon etwas wiederzusehen.

 Am deutlichsten ist das bei der Riester-Rente nachzuvollziehen: Hier wurde das Rentenniveau der gesetzlichen Rente abgesenkt, die Senkung sollte durch eine freiwillige kapitalgedeckte Riesterrente ausgeglichen werden. Die Schwächeren können sich diese aber nicht leisten, müssen aber die Niveau-Senkung mittragen. Die Stärkeren werden bei der Eigenvorsorge mit staatlichen Mitteln gefördert. „Die Solidarität steht Kopf“ schreibt Norbert Blüm (SZ, 20.912). „Die Riester-Rente ist nicht Lösung des Problems der Altersarmut, sondern eine ihrer Ursachen“. Und er zeigt auf, dass der Gesamtbeitrag, den Arbeitnehmer für Rente plus Riester zahlen höher ist als zuvor, das Gesamt-Alterseinkommen aus Rente plus Riester aber niedriger. „Denn bei der Riester-Rente entfällt der Arbeitgeberbeitrag von zwei Prozent und die Abschluss- und Verwaltungskosten der Privatversicherung sind erheblich höher als in der Rentenversicherung. Bei der gesetzlichen Rente machen sie 1,5 Prozent aus, bei einer Privatversicherung bis zu 25 Prozent“ (ebenda).

„Solidarische Bürgerversicherung“

Soll die Rente im Alter ein auskömmliches Einkommen garantieren, müssen die Konterreformen der vergangenen Jahre zurückgedreht werden, durch

  • Rücknahme der Dämpfungsfaktoren;
  • einen flächendeckender Mindestlohn und Re-Regulierung des Arbeitsmarktes, um den Niedriglohnsektor einzudämmen;
  • Erhöhung der Rentenbeiträge, um die Arbeitgeber stärker an der Rentenfinanzierung zu beteiligen. Der DGB fordert einen Rentenbeitrag von 22 Prozent.
  • Lohnabschlüsse mit echten Reallohnzuwächsen;
  • Ausdehnung der Sozialversicherungspflicht;

Professor Butterwegge dazu: Um das finanzielle Fundament der gesetzlichen Rentenversicherung zu stabilisieren, kann man diese zu einer solidarischen Bürgerversicherung ausbauen. Sie würde im Idealfalle alle Wohnbürger, also auch jene Gruppen umfassen, die bisher in Sondersystemen beziehungsweise zu besonderen Bedingungen abgesichert sind (Beamte, Landwirte, Handwerker, Künstler und freie Berufe). Sie würde darüber hinaus Beiträge auf sämtliche Einkunftsarten ohne Bemessungsgrenze erheben sowie eine bedarfsgerechte und armutsfeste Grundsicherung integrieren. Altersarmut ist eine große sozialpolitische Herausforderung , zu deren Bewältigung es vermehrter Anstrengungen aller Bevölkerungsgruppen bedarf.

Fred Schmid,isw
(Der Artikel ist Teil des isw-wirtschaftsinfos „Bilanz 2012 – Ausblick 2013 / Bilanz der schwarz-gelben Bundesregierung“, das Mitte April bei isw erscheint).

Grafik: UZ-Extra von 2010 (im Download-Bereich)

Siehe auch:
DGB-Stellungnahme zur Rentenerhöhung
DGB-Rentenmodell 2013 Zahlen und Fakten (Download)

Farkha Festival Komitee ruft zu Spenden für die Solidaritätsarbeit in Gaza auf

CfD communist solidarity dt
zum Text hier
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Farkha2023 21 Buehnentranspi

Farkha-Festival 2024 abgesagt.
Wegen Völkermord in Gaza und Staatsterror und Siedlergewalt im Westjordanland.
hier geht es weiter zum Text


 

 

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Vereint in Menschlichkeit, vereint in Aktion

Mehr als 2 Millionen Menschen, darunter 1,7 Millionen Palästina-Flüchtlinge, zahlen den verheerenden Preis für die Eskalation im Gazastreifen.
Zivilisten sterben, während die Welt zusieht. Die Luftangriffe gehen weiter. Familien werden massenweise vertrieben. Lebensrettende Hilfsgüter gehen zur Neige. Der Zugang für humanitäre Hilfe wird nach wie vor verweigert.
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Dies ist ein Moment, der zum Handeln auffordert. Lassen Sie uns gemeinsam für die Menschlichkeit eintreten und denjenigen, die es am meisten brauchen, die dringend benötigte Hilfe bringen.

Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge

Spenden: https://donate.unrwa.org/gaza/~my-donation


 

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