08.04.2021: Nach den CDU-Lobbyaffären der vergangenen Tage kritisiert LobbyControl weitere Lobbyverflechtungen der Partei. In einer neuen Studie analysiert LobbyControl die problematische Nähe zwischen dem "Wirtschaftsrat der CDU" und der CDU.
Anders als sein Name suggeriert, ist der Wirtschaftsrat kein Parteigremium, sondern ein Lobbyverband für Unternehmen wie E.ON, Daimler und Deutsche Bank. Doch der Wirtschaftsrat agiert wie ein Parteigremium, da er privilegierte Zugänge zu den Machtzirkeln der CDU hat.
Christina Deckwirth, LobbyControl-Sprecherin, Expertin für Lobbyismus und Klimapolitik und Autorin der Studie, kommentiert:
"Der Wirtschaftsrat steht für einseitigen Lobbyismus im Machtzentrum der CDU. Ein Lobbyverband mit Sitz im Parteivorstand ist ein Unding. Mit seinen exklusiven Verbindungen in die Partei verfügt der Wirtschaftsrat dort über eine besondere Machtstellung. Von solchen privilegierten Zugängen können andere gesellschaftliche Gruppen nur träumen.
Eine solche Bevorzugung eines einzelnen Lobbyverbands befördert die einseitige Einflussnahme auf die Partei und führt damit zu unausgewogenen politischen Entscheidungen – zumal mit der Mittelstands- und Wirtschaftsunion bereits eine parteiinterne Gruppe Unternehmensforderungen an die Partei heranträgt.
Der Wirtschaftsrat nutzt seine Sonderstellung aus, um Klimaschutzmaßnahmen in Deutschland auszubremsen. Als mächtiger Bremsklotz in der Klimapolitik lobbyierte der Verband gegen schärfere Abgasgrenzwerte, höhere europäische Klimaziele oder Umweltstandards in globalen Lieferketten. Eine solche Nähe zwischen Lobbyverband und Partei ist schädlich für die Demokratie und das Klima.
Als Lobbyverband mit Parteianstrich steht der Wirtschaftsverband für einen fließenden Übergang zwischen Partei- und Lobbyfunktionen. Diese Doppelrolle kann der Verband gleich mehrfach zu seinen Gunsten ausnutzen: Sein Name verpasst dem Lobbyverband das Schein-Image eines Parteigremiums. Der Sitz im Parteivorstand sichert dem Verband einen direkten Zugriff auf das innerste Machtzentrum der Partei, CDU-Größen wie Wirtschaftsrats-Vizepräsident Friedrich Merz dienen als weitere Türöffner in die Partei.
Trotz seiner Parteinähe unterliegt der Wirtschaftsrat als Berufsverband nicht den Transparenzpflichten von Parteien, zudem profitiert er von Steuervorteilen. Es darf nicht sein, dass ein Lobbyverband seine Finanzierung im Dunkeln halten kann – noch dazu, wenn er de facto wie ein Parteigremium agiert."
Lobbycontrol fordert klare Trennung zwischen Partei und Lobbyverband.
Deckwirth weiter:
"Wir fordern die CDU auf, die Macht des Wirtschaftsrats in ihren eigenen Reihen zu beschränken. Die CDU muss sauber zwischen Lobbyorganisation und Parteigremien trennen. Wirtschaftslobbygruppen gehören nicht in Parteivorstände. Ein solches Techtelmechtel zwischen Wirtschaftslobby und Partei schadet der Demokratie und verzögert den dringend notwendigen Umbau der Wirtschaft in Richtung Pariser Klimaziele.
Die Doppelrolle des Verbands einschließlich seiner Namenswahl ist irreführend – das hat Folgen. Wir zeigen in unserer Studie, dass der Verband in den Medien überwiegend wie ein Parteigremium beschrieben wird und nicht als Lobbyverband bezeichnet wird. Hier braucht es dringend mehr Klarheit – sowohl von Seiten der CDU und des Wirtschaftsrats als auch in der Berichterstattung."
Hintergrund
Die CDU listet auf ihrer Webseite seit der Vorstandswahl im Januar 2021 nur die gewählten Mitglieder auf. Dem Vorstand gehören aber weitere beratende Mitglieder qua Amt an – so auch Wirtschaftsrats-Präsidentin Astrid Hamker (siehe auch hier: https://www.cdu.de/vorstand/astrid-hamker). Weitere beratende Mitglieder des Parteivorstands sind laut Parteistatut u.a. die Vorsitzenden der Bundesvereinigungen und Sonderorganisationen. Der Wirtschaftsrat der CDU ist weder eine Bundesvereinigung noch eine Sonderorganisation, sondern ein unternehmerischer Berufsverband, der laut Satzung nicht formal mit der CDU verbunden ist.
Die Studie finden Sie hier https://www.lobbycontrol.de/wp-content/uploads/Lobbycontrol-Studie-Wirtschaftsrat-Klimabremser.pdf
oder in der Anlage.
Text übernommen von Pressenza Berlin
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