08.09.2021: IWF schüttet 650 Milliarden US-Dollar Sonderziehungsrechte aus ++ reiche Länder sollen ihren Anteil den armen Ländern zur Verfügung stellen ++ Bundesbank sperrt sich gegen die Weitergabe
Am 23. August hat der Internationale Währugsfond IWF 650 Milliarden US-Dollar in Form von Sonderziehungsrechten SZR in die Weltwirtschaft injiziert, die größte Ausschüttung in der Geschichte des IWF. Jedes Land hat mit seinen zugeteilten SZR ein Guthaben gegenüber dem IWF von dem er Fremdwährung, z.B. USD oder Euro erhalten kann. ″Insbesondere Schwellen- und Entwicklungsländern wird ein neuer Schub bei der Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie gegeben,″ erklärte Bundesfinanzminister Scholz (SPD).
Doch gemäß ihrer Quote im IWF geht der Löwenanteil der Mittel nicht an die bedürftigen, sondern an die reichen Länder. Da die reichen Länder diese Mittel nicht benötigen, fordert der IWF seine reichen Mitglieder auf, die Mittel ärmeren Länder zur Verfügung zu stellen. Auch die G7 haben sich bereits darauf verständigt.
Deutschland erhält rund 36 Milliarden US-Dollar, mehr als alle Niedrigeinkommensländer zusammen. Doch anstatt die deutschen Sonderziehungsrechte den armen Ländern zur Verfügung zu stellen, wie IWF und G7 vorschlagen, bunkert sie der deutsche Finanzminister bei der Bundesbank, um deren Fremdwährungsreserven zu erhöhen.
Die Bundesbank, die für die Verwaltung der deutschen Währungsreserven zuständig ist, sperrt sich gegen die Weitergabe. Sie beruft sich u. a. darauf, dass entwicklungspolitische Initiativen nicht zu ihren Aufgaben gehören.
Malina Stutz, politische Referentin von erlassjahr.de sagt: "Finanzstarke Mitglieder des IWF waren nicht die intendierten Empfänger der Sonderallokation. Es gibt kein Gesetz, das der Bundesbank die Weitergabe der Sonderziehungsrechte ausdrücklich verbietet. Reiche Länder wie Deutschland, die sich Liquidität zum Nulltarif am Kapitalmarkt beschaffen können, müssen dafür sorgen, dass ihre Zuteilungen an ihr eigentliches Ziel gebracht werden, also einkommensschwächere und von COVID-19 besonders betroffene Länder.″
Zudem muss vermieden werden, dass durch die Ausweitung der globalen Liquidität eigentlich überschuldete Länder kurzfristig weiter zahlungsfähig gehalten werden und somit eine nachhaltige Lösung für die globale Schuldenkrise weiter hinausgezögert wird.
Zwar haben die G20-Finanzminister*innen im April eine Verlängerung des Schuldenmoratoriums DSSI für die 73 ärmsten Länder bis Dezember 2021 beschlossen, aber Zahlungsaufschub ist keine Lösung - die Schulden bleiben bestehen und die privaten Gläubiger (Banken, Pensionsfonds, Hedge-Fonds) bestehen weiterhin auf der Bedienung des Schuldendienstes. Die Regelung verschiebe die Zahlungen nur in die Zukunft, aber die Schulden würden nicht reduziert, kritisiert sogar Weltbankpräsident David Malpass.
Da zudem durch die im Vorjahr beschlossenen Initiativen gerade einmal 0,07 Prozent der von den Vereinten Nationen zu Beginn der Pandemie geforderten Schuldenerlasse umgesetzt wurden, sind mehr als 100 Entwicklungs- und Schwellenländer dieses Jahr gezwungen, drastische Sparmaßnahmen zu ergreifen, um ihren Schuldendienst aufrechterhalten zu können. 2021 werden in Entwicklungs- und Schwellenländern Schuldendienstverpflichtungen von mehr als 350 Milliarden US-Dollar fällig, 2022 noch einmal fast genauso viel.
Stutz dazu: "Damit die Finanzspritze auch wirklich ihren Zweck erfüllt, anstatt erneut lediglich den Bailout privater Gläubiger zu finanzieren, darf sie nicht als Alternative zu echten Schuldenerleichterungen betrachtet werden. Diese müssen gleichzeitig allen überschuldeten Ländern ermöglicht werden.″
verwendete Quellen: u.a. Pressemitteilungen von erlassjahr.de
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