15.04.2024: Kaum hatte der Palästina-Kongress am Freitag begonnen, wurde er von der Polizei aufgelöst und verboten ++ Jud:innen wegen "Antisemitismus" von deutscher Polizei verhaftet ++ Einreiseverbot und Verbot politischer Betätigung für Yanis Varoufakis und Dr. Ghassan Abu Sittah, Chirurg in Gaza und Rektor der Universität von Glasgow ++ Deutschland will Zeugen "zum Schweigen bringen", sagt Dr. Ghassan Abu Sittah ++ Dokumentiert: Resolution des Palästina Kongress 2024
"Die staatlichen Repressionen gegen den Palästina Kongress zeigen, dass der deutsche Staat nicht will, dass wir seine Mitschuld am Genozid in Gaza ansprechen und anklagen. Während die deutsche Regierung schamlos und vor den Augen der Welt einen Völkermord unterstützt, werden demokratische Rechte hier in Deutschland ausgehebelt, um Proteste von Jüd:innen und Palästinenser:innen, die einen Waffenstillstand fordern und für ein Ende des der Besatzung Palästinas ihre Stimme erheben, zum Schweigen zu bringen." So beginnt eine Erklärung der Organisator:innen des Palästina-Kongresses in Berlin, der am vergangenen Freitag (12.4.) kurz nach Beginn von der Polizei aufgelöst und verboten wurde.
Der Kongress hatte am Freitag erst nach endlosen Verhandlungen und enormen Verzögerungen beginnen können. Obwohl sich über 800 Menschen laut Veranstalter eine Karte für die Veranstaltung gekauft hatten, konnten viele nicht eingelassen werden, weil die Polizei mit fadenscheinigen Sicherheitsbedenken die Teilnehmerzahl auf 250 Personen beschränkt hatte. Die Polizei hatte sich auf mit rund 2.500 Polizistinnen und Polizisten auf den Kongress vorbereitet und dafür Verstärkung aus Nordrhein-Westfalen angefordert.
Zwei Stunden nach Beginn der Veranstaltung stürmte die Polizei den Saal, um einen Video-Vortrag zu unterbrechen, stellte den Strom ab und forderte eine halbe Stunde später die Anwesenden auf, den Raum zu verlassen.
Gegen den wenige Minuten vorher per Video zugeschalteten 87-jährigen Autor und Forscher Salman Abu Sitta gebe es in Deutschland ein "politisches Betätigungsverbot", erklärte eine Polizeisprecherin später der Öffentlichkeit. Es bestünde die Gefahr, dass es im weiteren Verlauf "antisemitische, gewaltverherrlichende und den Holocaust verleugnenden Redebeiträge“ geben könne. Die für drei Tage geplante Veranstaltung wurde deshalb ganz verboten.
"Statt den Grundlagen rechtsstaatlichen Handelns zu folgen und diese nur zu bestrafen, wenn ggf. eine Tat auch wirklich begangen wurde, reicht hier die Vermutung einer Behörde im Vorfeld, um ein Veranstaltungsverbot durchzusetzen", kritisieren die Organisator:innen.
Zwei Mitglieder des Vereins Jüdische Stimme wurden von der Polizei festgenommen. Dass Jud:innen unter dem kuriosen Vorwurf des "Antisemitismus" von der deutschen Polizei festgenommen werden, passiert nicht zum ersten Mal. In Deutschland werden jüdische Menschen verleumdet, festgenommen und politisch verfolgt, wenn sie nicht "die richtige Juden und Jüdinnen" sind, d.h. wenn sie in Opposition zur Netanjahu-Regierung stehen, Unterdrückung der Palästinenser:innen, Besatzung und Apartheid in Israel sowie den israelischen Vernichtungskrieg in Gaza verurteilen.
Wie bei vorangegangenen Demonstrationen wurden auch während des Kongresses jüdische Aktivist:innen wegen eines Transparentes "Juden gegen Genozid" festgenommen. Insgesamt wurden siebzehn Personen – manche mit Kippa als Jud:innen erkennbar – verhaftet, wie die Polizei mitteilte.
In Deutschland wird die Meinungsfreiheit der ultrarechten Netanjahu-Regierung und der "Staatsräson" geopfert.
"Wir haben deutlich gemacht, dass Hass auf Israel in Berlin keinen Platz hat", schrieb der Bürgermeister der Stadt, Kai Wegner, auf X. "Jeder, der sich nicht an diese Regeln hält, wird die Konsequenzen spüren."
"Es ist richtig und notwendig, dass die Berliner Polizei hart durchgreift beim sogenannten Palästina-Kongress. Wir dulden keine islamistische Propaganda und keinen Hass gegen Jüdinnen und Juden", hatte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) bereits am Freitag nachmittag auf X erklärt und hinzugefügt: "Wir behalten die islamistische Szene sehr eng im Visier." Ein absurdes Statement, zum einen, weil bei dem Kongress mehr jüdische Teilnehmer:innen waren, als etwa im Vorstand der "Deutsch-Israelischen Gesellschaft“ zu finden sind. Und zum anderen, weil es völlig haltlos ist, eine Verbindung zwischen der "islamischen Szene" und den Veranstalter:innen des Palästina-Kongresses zu konstruieren, zu denen die Vereinigung Jüdische Stimme für Gerechten Frieden in Nahost, verschiedenen linke Zusammenschlüssen sowie säkularen palästinensischen Gruppierungen zählen.
Gegenüber den Organisator:innen habe die Berliner Polizei zu verstehen gegeben, dass sie unter dem Druck der Politik den Palästina Kongress aufgelöst habe, berichtet die Jüdische Stimme.
"Putin und Netanjahu wären stolz auf die Berliner Polizei.“
Wieland Hoban von der Jüdischen Stimme für einen gerechten Frieden
Polizei, Berliner Senat und Bundesregierung setzten damit ein klares Signal der Unterdrückung politischer Meinungsfreiheit, die der ultrarechten Netanjahu-Regierung geopfert wird. "Solche Polizeistaatsmethoden könnten jetzt auch bei jeder anderen Veranstaltung passieren, wenn die Regierung es willkürlich fordert", warnt Ahmed Abed, Rechtsanwalt und Abgeordneter in der BVV Neuköln für Die Linke.
"Der Faschismus ist zurück, und er braucht nicht einmal eine Regierung, um an die Macht zu kommen.“
Yannis Varoufakis in einem Video-Statement zu seinem Einreise- und Redeverbot (siehe kommunisten.de, 14.4.2024: Yanis Varoufakis zum Palästinakongress: "Ich darf nicht einreisen und nicht mit euch reden")
Internationale Organisationen wie Amnesty International und Human Rights Watch haben das Verhalten der Polizei im Auftrag des deutschen Staates bereits massiv kritisiert. "Wir sind zutiefst besorgt über Berichte über ein Eingreifen der Polizei beim Palästina Kongress und darüber, dass dem eingeladenen Redner Dr. Ghassan Abu Sitteh die Einreise nach Deutschland verweigert wurde. Diese schwerwiegenden Risiken für die Meinungsfreiheit und Diskriminierung müssen von den deutschen Behörden dringend untersucht werden", erklärte Amnesty.
"Der Grund für das Verbot ist, dass das, was Nicaragua vor dem Internationalen Gerichtshof behauptet - dass Deutschland ein Komplize der völkermörderischen Verbrechen Israels ist - wahr ist."
Dr. Ghassan Abu Sittah, Chirurg und Rektor der Universität von Glasgow
Palästina-Kongress - Wir klagen an!
Der Palästina-Kongress war schon mit seiner Ankündigung ins Visier der Israel-Lobby geraten. Die Absicht, gemeinsam "mit Stimmen der palästinensischen Bewegung und der internationalen Gemeinschaft Anklage gegen die israelische Apartheid, Genozid und die deutsche Mitschuld" zu erheben und zur Vernetzung der Bewegung beizutragen, ließ die Alarmglocken läuten.
Deutschland ist nach den USA der zweitgrößte Waffenlieferant Israels und hat nach Angaben des israelischen Wirtschaftsministeriums im vergangenen Jahr Ausrüstung und Waffen im Wert von 326,5 Millionen Euro (353,7 Millionen Dollar) an Israel geliefert. Den Löwenanteil nach dem 7. Oktober. Deutschland muss sich in Den Haag vor dem Internationalen Gerichtshof gegen den Vorwurf der Beihilfe zum Völkermord wehren.
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Boulevardmedien hetzten gegen den Kongress, in Berlin würden sich "Israel-Hasser“ und "Antisemiten" treffen. Viele andere Medien griffen das auf, die FAZ zog sogar Parallelen zur Wannseekonferenz. Politiker:innen aller Parteien, von Union bis Linkspartei, verlangten ein Verbot. Die Berliner Innenverwaltung bezeichnete die Organisator:innen als "israelfeindliches Boykott-Spektrum“. Den besonderen Hass zieht dabei der Verein "Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost“ auf sich. Die Berliner Sparkasse sperrte das Konto des Vereins, über das Spenden zur Finanzierung des Kongresses gesammelt wurden, und forderte die Herausgabe der Mitgliederlisten der Organisation. Aus der CDU wird gefordert, dem Verein die Gemeinnützigkeit zu entziehen. (siehe kommunisten.de, 29.3.2024: Jüdische Stimme soll in Deutschland zum Schweigen gebracht werden)
Vorgesehene Hauptredner:innen des Kongresses waren international renommierte Persönlichkeiten wie die frühere spanische Gleichstellungsministerin Irene Montero von der linken Partei Podemos, der ehemalige griechische Finanzminister und Mitbegründer von DiEM25 und der Partei MERA25, Yanis Varoufakis, der irische Abgeordnete Richard Boyd Barrett oder der palästinensisch-britische Arzt und Rektor der Universität Glasgow, Ghassan Abu Sitteh. Abu Sitteh war nach dem 7. Oktober und dem Beginn der Bombardierungen 43 Tage mit den “Ärzten ohne Grenzen” in Gaza und hat dort im Al-Shifa Krankenhaus gearbeitet. Er sollte als Zeitzeuge berichten, ihm wurde aber am Berliner Flughafen die Einreise verweigert. Die US-amerikanische Journalistin und Aktivistin Hebh Jamal war der einzige Gast, der zu Wort kam. Sie nannte Israel einen "faschistischen, siedlerkolonialen Staat“ und sagte, sie hätte sich das Ausmaß des Horrors in Gaza nicht vorstellen können.
Deutschland will Zeugen "zum Schweigen bringen"
Dem Rektor der Universität Glasgow, Dr. Ghassan Abu Sittah, der eine Rede halten sollte, wurde die Einreise nach Deutschland verweigert. Dr. Ghassan Abu Sittah ist nicht dieselbe Person wie der Gründer der Palestine Land Society, Dr. Salman Abu Sitta, der über Video zum Kongress zugeschaltet werden sollte.
Dr. Ghassan Abu Sittah ist ein angesehener palästinensischer Arzt mit Spezialisierung auf plastische und rekonstruktive Chirurgie sowie seit dem 11. April 2024 Rektor der Universität Glasgow. Der britisch-palästinensische Chirurg sollte über seine Erfahrungen in Gaza während der Bombardierungen berichten, wo er sechs Wochen lang Verwundete behandelte und manche Eingriffe ohne Betäubung vornehmen musste, weil Israel die medizinischen Hilfslieferungen blockiert. "Irgendwann ging alles zur Neige. Anfangs haben wir die antiseptische Lösung durch Spülmittel und Essig ersetzt", so Abu Sitta in einem Interview mit der Zeitung Middle East Eye MEE. "Dann ging das Morphium aus und wir mussten Eingriffe ohne Narkose durchführen. Die Situation war mittelalterlich."
Seit er Ende November den Gazastreifen verlassen hat, macht der Arzt auf die Auswirkungen des israelischen Vernichtungskrieges aufmerksam, in dem inzwischen mehr als 33.000 Palästinenser:innen, darunter mehr als 13.000 Kinder, ermordet wurden, und Tausende unter den Trümmern verschüttet sind.
In einem Interview mit dem SPIEGEL am 6. Dezember 2023 sagte er: "Wir mussten Triage machen, entscheiden, welches Leben wir retten und welches nicht." (https://www.spiegel.de/ausland/israel-gaza-krieg-chirurg-ghassan-abu-sitta-erzaehlt-was-er-im-schifa-krankenhaus-erlebt-hat-a-b9a0fada-1fc6-49e4-a037-e975576e8944)
Doch der renommierte Chirurg wurde am Flughafen Berlin festgenommen, sein Pass beschlagnahmt und nach einem dreieinhalbstündigen Verhör wieder nach Großbritannien zurückgeschickt.
"Die deutsche Polizei hat mich am Flughafen dreieinhalb Stunden befragt, um mir dann mitzuteilen, dass ich Einreiseverbote habe, und dass dieses Verbot den ganzen April andauern werde", sagte Ghassan Abu Sittah. Er dürfe auch nicht einmal virtuell per Video an der Konferenz teilnehmen, da dies "einen Verstoß gegen deutsches Recht" darstelle und entweder eine Geldstrafe oder bis zu einem Jahr Gefängnis zur Folge haben könne, berichtete Ghassan Abu Sittah. Deutschland will Zeugen "zum Schweigen bringen", klagt Dr. Ghassan Abu Sittah an.
"Dies ist genau das, was Komplizen eines Verbrechens tun. Sie verstecken die Beweise und bringen die Zeugen zum Schweigen oder schikanieren oder schüchtern sie ein."
Ghassan Abu Sittah
Ghassan Abu Sittah beschuldigt Deutschland ein "Komplize des Völkermords" zu sein. Er verwies darauf, dass sich Deutschland derzeit vor dem Internationalen Gerichtshof gegen die von Nicaragua vor gebrachten Vorwürfe verteidigt, Berlin sei wegen seiner Unterstützung Israels in einen Völkermord verwickelt. "Das ist genau das, was Komplizen eines Verbrechens tun. Sie verstecken die Beweise und bringen die Zeugen zum Schweigen oder schikanieren oder schüchtern sie ein", sagte er.
"Anscheinend wollte das deutsche Regime, das den Völkermord in Gaza aktiv mit Waffen unterstützt, einen wichtigen Zeugen einschüchtern, und verhindern, dass abscheuliche Verbrechen an die breite Öffentlichkeit gelangen", vermutet die Zeitung Middle East Eye, die Ghassan Abu Sittah nach seiner Rückkehr in London interviewte.
Nach Abu Sittahs Rückkehr nach London fand am Freitagabend eine Protestaktion vor der deutschen Botschaft statt. Die Demonstrant:innen begrüßten den Chirurgen mit Sprechchören wie "Say it clearly, say it loud, Dr. Ghassan makes us proud" (Sagt es deutlich, sagt es laut, Dr. Ghassan macht uns stolz).
In einer Rede an die Versammelten betonte Abu Sittah, dass er trotz der Abschiebung weiterhin seine Stimme erheben werde.
"Sie werden uns niemals zum Schweigen bringen. Sie wollen uns dazu bringen, das, was wir gesehen haben, nicht zu sehen", rief er aus. "Sie wollen, dass wir die Körper dieser Kinder nicht mehr sehen, die durch die Waffen, die sie weiterhin an Israel liefern, dauerhaft geschädigt wurden."
Zu seinem Einreiseverbot nach Deutschland sagte Abu Sittah: "Wir werden die Angelegenheit sowohl rechtlich als auch diplomatisch mit der deutschen Regierung weiterverfolgen."
Einreise- und Redeverbot für Varoufakis
Auch dem ehemaligen griechischen Finanzminister Yanis Varoufakis wurde von Deutschland die Einreise verweigert und ein politisches Betätigungsverbot auferlegt, das ihn daran hinderte, an dem Kongress teilzunehmen oder über Zoom teilzunehmen.
"Leider hat das gesamte deutsche politische System beschlossen, dies nicht zuzulassen. In einer gemeinsamen Erklärung haben sich nicht nur die CDU/CSU oder die FDP, sondern auch die SPD, die Grünen und bemerkenswerterweise zwei Spitzenpolitiker der Partei Die Linke zusammengetan, um sicherzustellen, dass eine solche zivilisierte Debatte, in der wir durchaus unterschiedlicher Meinung sein können, in Deutschland niemals stattfinden wird.
Ich sage zu ihnen: Ihr wollt uns zum Schweigen bringen. Uns verbieten. Uns dämonisieren. Uns anklagen. Ihr lasst uns also keine andere Wahl, als euren Anschuldigungen mit unseren Anschuldigungen zu begegnen. Ihr habt euch das ausgesucht. Nicht wir", erklärte Varoufakis
kommunisten.de hat die Stellungnahme von Varoufakis sowie seine geplante Rede zum Kongress hier veröffentlicht:
Yanis Varoufakis zum Palästinakongress: "Ich darf nicht einreisen und nicht mit euch reden"
Resolution des Palästina Kongress 2024
Berlin, den 14. April 2024
Wir klagen an.
Die Palästinenser:innen erleiden einen Völkermord.
Israel vernichtet Gaza und seine Bevölkerung. Mehr als 40000 Palästinenser:innen wurden bis Ende März durch das israelische Militär getötet. In Gaza starben seit Oktober 2023 mehr Kinder als in allen weltweiten Konflikten von 2019 bis 2022. Fast alle Bewohner:innen Gazas wurden aus ihren Wohnorten vertrieben. Mehr als eine Million Menschen leiden an schwerem Hunger. Der Zugang zu sauberem Trinkwasser und Medizin ist unterbrochen. Infrastruktur, Krankenhäuser, Universitäten, Schulen, Verwaltungsgebäude und Wohnblocks wurden zerbombt.
Die Ermordung Zehntausender und die Vertreibung Hunderttausender konstituieren einen Genozid. Die israelische Kriegsführung zielt auf die Zerstörung der palästinensischen Nation und darauf, deren mit der Nakba 1948 begonnene Vertreibung aus Palästina zu vollenden und zur Flucht nach Ägypten oder in andere Länder zu zwingen.
Die Bundesregierung leistet Beihilfe zum Völkermord.
Deutschland ist der zweitwichtigste Waffenlieferant für den Genozid. Seit Oktober 2023 verzehnfachte der Bundessicherheitsrat bestehend aus Olaf Scholz, Wolfgang Schmidt, Annalena Baerbock, Boris Pistorius, Christian Lindner, Nancy Faeser, Marco Buschmann, Robert Habeck und Svenja Schulze, sowie seinen Beisitzern Carsten Breuer, Dörte Dinger, Steffen Hebestreit und Günter Sautter die Waffenlieferungen an Israel.
Deutschland leugnet den Genozid. Nach der Entscheidung des Internationalen Strafgerichtshofes, der Anzeichen für genozidale Bestrebungen seitens des israelischen Staates sah, war es Vizekanzler Robert Habeck, der erklärte, dass der Vorwurf des Völkermordes jeglicher Grundlage entbehre. Die Mehrheit der privaten und öffentlich-rechtlichen Radio- und Fernsehsender, als auch deutscher Zeitungen beteiligt sich an einer Desinformationskampagne.
Deutschland unterstützt die genozidale Hungerpolitik der israelischen Regierung. Während sich bereits im Januar 2024 die Hungersnot in Gaza ausbreitete, erklärte die Ministerin für Zusammenarbeit Svenja Schulze, die humanitäre Unterstützung Deutschlands an die Palästinenser:innen und die UNRWA einzustellen. Die westliche Notversorgung durch eine Luftbrücke und auf dem Seeweg fungieren letztlich als humanitäre Flankendeckung für den Krieg.
Die Versammlungsfreiheit, die Organisationsfreiheit, die Freiheit von Presse und Wissenschaft werden eingeschränkt, um Proteste für einen Waffenstillstand zum Schweigen zu bringen. Dies geschieht durch Verordnungen der Innenminister. Es geschieht auch mit der Unterstützung regionaler und lokaler Politiker:innen, sowie der bereitwilligen Ausführung deutscher Polizist:innen und Verwaltungsbeamt:innen. Dass viele dieser Verordnungen legal sind, zeigt, wie groß der repressive und antidemokratische Spielraum in Deutschland bereits seit Jahrzehnten ist. Heute werden Gesetze in Bundes- und Landesparlamenten debattiert, die fundamentale demokratische Rechte für jede und jeden dauerhaft und tiefgreifend einschränken werden.
Nie Wieder für alle.
Der Genozid in Gaza stellt daher ähnlich wie der Vietnam Krieg eine Zäsur in Deutschland dar. Die Regierung unterstützt schamlos und vor der Weltöffentlichkeit einen Völkermord. Der Lärm der Bombardements in Palästina wird nur durch das Verharmlosen, ja das vielfach dröhnende Schweigen zu den Kriegsverbrechen übertroffen. Deutsche Politiker:innen bemühen eine zynische Neuinterpretation der Geschichte und rechtfertigen im Namen des Nie Wieder ihre Unterstützung eines Genozids.
Wer mit der Tötung von israelischen Zivilist:innen am 07. Oktober die Zerstörung und Ermordung der gesamten palästinensischen Zivilisation in Gaza rechtfertigt, begräbt auch jeden Anspruch auf Menschlichkeit und Demokratie. Die deutsche Regierung versucht diesen Genozid mit dem Recht auf Selbstverteidigung zu rechtfertigen. Gleichzeitig spricht sie allerdings den Palästinenser:innen, die seit 76 Jahren Entrechtung und Vertreibung erleben, jedwedes Recht ab. Diese werden vielmehr rassistisch diffamiert, Protest wird unter den Generalverdacht des importierten Antisemitismus gestellt. Hinter dieser Hetze und Diffamierung steht ähnlich wie zu Zeiten des Vietnam-Kriegs kalte geo-strategische Berechnung, insbesondere des deutschen und US-amerikanischen Imperialismus. In solchen Berechnungen gelten nicht alle Menschenleben gleichviel. Wir stellen uns gegen diese Entmenschlichung und die hinter ihnen stehenden Interessen.
Widerstand ist gerechtfertigt.
Wir, die Teilnehmer:innen des Palästina Kongresses erklären unseren Widerstand gegen diese aggressive und verbrecherische Politik. Wir verpflichten uns, alles in unserer Macht Stehende zu tun, um die Vollendung des palästinensischen Genozids und damit eines weiteren Genozids unter deutscher Beihilfe zu verhindern.
Wir erklären, die Namen der Verantwortlichen deutschen Entscheidungsträger:innen nie zu vergessen. Ihre Schuld ist nicht reinzuwaschen. Heute klagen wir sie moralisch an. Doch wir werden nie ruhen, bis sie zur Rechenschaft gezogen wurden.
Wir wissen, dass eine Mehrheit der deutschen Bevölkerung die Waffenlieferungen an Israel und die Kriegstreiberei der Regierung ablehnt. Trotz Lügen, Diffamierung und Hetze wird mehr und mehr Menschen bewusst, dass die Politik der deutschen Regierung zum Völkermord und zur Vertreibung von Millionen Menschen fu?hrt. Wir wenden uns an diese Menschen, unsere Kolleg:innen, Nachbar:innen, Mitschüler:innen: Erheben wir uns gemeinsam, damit der Genozid gestoppt wird, damit die Menschen Gazas, die Menschen Palästinas leben können. Durchbrecht gemeinsam mit uns das Schweigen und erhebt diese Forderungen. Schließt euch unserer Bewegung gegen Genozid und Krieg an.
Vereinen wir unsere Kräfte mit den Palästinenerser:innen, die für ihre Freiheit kämpfen und mit der internationalen Bewegung gegen den Genozid. Schließen wir uns Millionen von Menschen an, die weltweit auf die Straße gehen, um ihre Regierungen unter Druck zu setzen. Vereinen wir unsere Kräfte mit den Protesten von Arbeiter:innen in Katalonien, Italien, Belgien und Indien, die sich geweigert haben, an Flughäfen und Häfen Kriegsgeräte zu beladen. Vereinen wir unsere Kräfte mit den Aktivist:innen, die in England Blockaden und Besetzungsaktionen gegen die britische und israelische Rüstungsindustrie organisiert haben.
Unser Kampf für die Lebenden, für die Befreiung und Selbstbestimmung Palästinas!
• Sofortiger Waffenstillstand, sofortiger Rückzug der israelischen Armee · Vollständige Aufarbeitung aller begangener Kriegsverbrechen.
• Sofortige Aufhebung jeglicher Beschränkungen humanitärer Hilfe nach Gaza und die volle Ausfinanzierung der UNRWA.
• Sofortige Öffnung aller Grenzübergänge von Rafah bis Allenby. Reißt die Apartheidsmauern ein.
• Vollständige Reparationen Israels, Deutschlands und weiterer Verbündeter an das palästinensische Volk.
• Sofortige Einstellung jeglicher militärischer, diplomatischer und wirtschaftlicher Unterstützung Israels durch den deutschen Staat sowie ein umfassendes Militärembargo.
• Sofortiger Rückzug der Bundeswehr, der US-Armee und aller NATO-Truppen aus dem Roten Meer und dem Nahen Osten! Nein zu Aufrüstung und Sondervermögen der Bundeswehr für den Krieg!
• Nein zu der Verwendung der zionistischen IHRA-Definition durch jegliche Institutionen oder staatliche Behörden, nein zur Legitimierung des Genozids im Schulunterricht. Stoppt die Exmatrikulation von Studierenden und Entlassungen von Lohnabhängigen, die sich mit Palästina solidarisieren!
• Schluss mit der Kriminalisierung und Repressionen der Palästina-Solidaritätsbewegung in Deutschland. Sofortiger Stopp jeder Kriminalisierung palästinensischer Organisationen und Individuen sowie aller Abschiebungen. Öffnung der Grenzen und Aufnahme aller Geflüchteten bei vollem Recht auf Wohnen, Bildung und Arbeit.
• Durchsetzung des Rückkehrrechts der palästinensischen Geflüchteten sowie Ende des seit über 76 Jahren andauernden zionistischen Siedlerkolonialismus und ethnischer Säuberung des gesamten besetzten Palästinas.
Wir rufen dazu auf, diese Forderungen in Vereinen, Parteigliederungen, Gewerkschaften, Betriebsversammlungen, Studierenden- und Schüler:innenvertretungen, in Kollektiven und Clubs einzubringen, zu diskutieren und zu unterstützen.
Denn die Verantwortung liegt bei uns. Zur Verwirklichung dieser Ziele rufen wir zu einer breiten Kampagne von Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen gegen den israelischen Staat in Deutschland auf. Wir fordern die Offenlegung aller Geschäftsbeziehungen und Verträge deutscher Unternehmen mit Israel!
Wir rufen Gewerkschaften, Beschäftigte und die Bevölkerung dazu auf, Waffenlieferungen aus Deutschland zu stoppen. Wir fordern die Gewerkschaften auf, dem Aufruf ihrer palästinensischen Schwesterorganisationen zu folgen und eine international koordinierte Kampagne gegen das Morden zu organisieren. Jegliche Rechtfertigung und Unterstützung des Genozids in jedweder Form sind durch Streiks, Blockaden, Besetzungen oder zivilen Ungehorsam zu stoppen.
Beteiligt euch an der bundesweiten Aktionswoche vom 15.-22. April anlässlich des Tages der palästinensischen Gefangenen. Heute hält der israelische Staat weit über 10'000 palästinensische Menschen, darunter viele Minderjährige, im Verstoß gegen internationales Recht und Kriegsrecht als Geiseln.
Zentrale Großdemonstrationen am 15. und 18. Mai in Berlin, Hamburg, Frankfurt am Main und weiteren Städten.
Mobilisiert und organisiert gemeinsam mit uns zentrale Großdemonstrationen am 15. und 18. Mai in Berlin, Hamburg, Frankfurt am Main und weiteren Städten. Wir rufen euch auf, die europaweite Nakba-Demonstration am 19. Mai in Brüssel zu unterstützen. Lasst uns anlässlich des 76. Jahrestages der Nakba, der Vertreibung des palästinensischen Volkes aus ihren Heimstätten und Dörfern, bundesweit und international koordiniert ein Zeichen gegen Genozid, Vertreibung und Spaltung setzen.
Denn wir, palästinensische und jüdische, deutsche und internationale Stimmen wissen: Frieden kann es nur auf Basis von Gleichheit und Gerechtigkeit herrschen, nur wenn die Unterdrückung der Palästinenser:innen voll und ganz beendet ist. Wir kämpfen für ein Ende des zionistischen Siedlerkolonialismus und seiner Apartheidpolitik vom Jordanfluss bis zum Mittelmeer, einschließlich des Rückkehrrechts aller palästinensischen Geflüchteten.
Quelle: https://palaestinakongress.de/
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