Europa

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30.12.2013: Seit zwei Jahren versucht Merkel die Euroländer durch verbindliche Verträge auf »Strukturreformen« a la Griechenland zu verpflichten. Bisher erfolglos. Zum EU-Gipfel im Dezember startete sie einen erneuten Anlauf. Denn sie hatte den Vertretern der Hochfinanz den Pakt für Wettbewerbsfähigkeit auf dem Weltwirtschaftsforum 2013 in Davos versprochen. Aber wieder rannte sie gegen Mauern; Merkel kann nicht liefern. Das Thema wurde auf den EU-Gipfel im Oktober 2014 vertagt. Aufgeben will Merkel das Projekt nicht. "Wir werden da Millimeter für Millimeter vorankommen", sagte die Kanzlerin. Trotzdem ein Zeitgewinn, den gesellschaftliche Bewegungen, Gewerkschaften und linke Parteien nutzen können, um das Projekt endgültig zu beenden; am besten gleich zusammen mit dem transatlantischen Freihandels- und Investitionsabkommen TTIP.

Als 'europäische Kanzlerin' einer Koalition aus nationalen und europäischen Unternehmerverbänden, Finanzindustrie, EU-Kommission, neoliberalen Staatschefs und Europäischer Zentralbank (EZB) verfolgt Merkel die bedingungslose Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der Euro-Zone. So hat sich auch die Große Koalition einhellig auf Merkels Reformverträge festgelegt. CDU/CSU und SPD vereinbarten, sich für eine "bessere und verbindlichere Koordinierung" der Wirtschaftspolitik der Euroländer und für "Strukturreformen für mehr Wettbewerbsfähigkeit" einzusetzen und dafür, "dass die Eurostaaten verbindliche und durchsetzbare, demokratisch legitimierte vertragliche Reformvereinbarungen mit der europäischen Ebene schließen, die auf die Erreichung der Ziele Wettbewerbsfähigkeit, solide und nachhaltig tragfähige Finanzen, Wachstum und Beschäftigung verbunden mit Solidarität gerichtet sind." (Koalitionsvereinbarung, S. 157 u.f.)

Vor knapp einem Jahr hatte Kanzlerin Merkel beim Weltwirtschaftsforum 2013 in Davos den VertreterInnen der internationalen Banken und Konzerne ihren Plan des radikalisierten neoliberalen Umbaus der Eurozone vorgestellt: "Ich stelle mir das so vor – und darüber sprechen wir jetzt in der Europäischen Union –, dass wir analog zum Fiskalpakt einen Pakt für Wettbewerbsfähigkeit beschließen, in dem die Nationalstaaten Abkommen und Verträge mit der EU-Kommission schließen, in denen sie sich jeweils verpflichten, Elemente der Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern, die in diesen Ländern noch nicht dem notwendigen Stand der Wettbewerbsfähigkeit entsprechen. Dabei wird es oft um Dinge wie Lohnzusatzkosten, Lohnstückkosten, Forschungsausgaben, Infrastrukturen und Effizienz der Verwaltungen gehen – also um Dinge, die in nationaler Hoheit der Mitgliedstaaten der Europäischen Union liegen."

In diesen "Verträgen für Wettbewerbsfähigkeit" sollen die Regierungen mit der EU-Kommission vereinbaren, wie sie ihre Wirtschaft »wettbewerbsfähiger« machen wollen und sich verpflichten, die "länderspezifischen Empfehlungen" der EU-Kommission verbindlich zu befolgen und umzusetzen. Während diese Abkommen für die Euro-Staaten bindend sein sollen, könnten sich auch Nicht-Euro-Länder freiwillig anschließen. Die desaströse Kürzungspolitik mit ihren 'Strukturreformen' - Einschränkung sozialer Leistungen wie Renten oder Arbeitslosenunterstützung, Zerschlagung der Branchenkollektivverträge und Senkung der Löhne, Privatisierung von Wasser, Bildung, Energieversorgung -, die in Irland und den südeuropäischen Laboratorien Griechenland, Spanien oder Portugal erprobt wurden, soll nun auf ganz Europa ausgedehnt werden. Als Zuckerbrot und Ausgleich für soziale Härten soll es bei zeitgerechter Umsetzung der »Strukturreformen« eine kleine finanzielle Unterstützung aus einem neuen Fördertopf geben. Die Länder der EU sollen dadurch ihren Wettlauf um die billigsten Löhne, die niedrigsten Steuern und Sozialabgaben und die geringsten Arbeitsrechte auf die Spitze treiben. (1)

Der Wettbewerbspakt kommt nicht voran
Doch Merkels neoliberales Lieblingsprojekt zum Umbau der Eurozone zu einer 'echten' Währungsunion kommt nicht voran. Vom Oktobergipfel 2013 auf den Dezembergipfel verschoben und jetzt auf den Oktober 2014 vertagt. Damit droht der Großen Koalition ihre erste Pleite in der Europapolitik. Hauptproblem: Nachdem der EU-Haushalt gekürzt wurde und die Große Koalition in Berlin Gemeinschaftsanleihen (Eurobonds) ablehnt, ist für Ausgleichsfonds, mit denen die Euroländer zu verpflichtenden Strukturreformen nach dem Vorbild der Agenda 2010 geködert werden sollen, kein Geld da. Die von Frankreichs Staatschef Hollande ins Gespräch gebracht gemeinsame Arbeitslosenkasse der 17 Euroländer ist kein Thema mehr. Auch der vom EU-Gipfel im Oktober angekündigte 'Solidaritätsmechanismus', mit dem Reformen finanziell unterstützt werden können, steht bisher nur auf dem Papier. "Es geht um Zuckerbrot und Peitsche, aber das Zuckerbrot steckt noch im Ofen", kritisierte EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) beim EU-Gipfel.

Aber ohne diese Budgets geht die Neigung der Regierungen Frankreichs oder Italiens, sich vertraglich auf Reformen zu verpflichten, gegen Null. Wobei jedoch die Linien im Streit über diese Verträge nicht nach dem bekannten Schema Nord- bzw. Kerneuropa gegen Südeuropa verlaufen. Die niederländische Regierung, ansonsten ein treuer Partner im neoliberalen Umbau, lehnt die Pläne Merkels komplett ab. Auch Österreich und Finnland – Merkels traditionelle Alliierte – sagten nein. Belgiens Regierung will wissen "wie viel an Solidarität" man dafür bekomme. Spanien und Portugal lehnen neue Auflagen à la Troika ab.

Außerdem steht im Mai 2014 die Wahl zum Europäischen Parlament an; in Griechenland finden zudem Kommunalwahlen statt. Da mahnte Frankreichs Präsident Hollande "vorsichtig zu sein, mit solchen Vorschlägen vor der Europawahl zu kommen". Der langjährige Premierminister Luxemburgs und ehemalige Vorsitzende der Euro-Gruppe Jean-Claude Juncker hatte bereits früher bei diesem Thema gewarnt: "Wir wissen natürlich, was wir zu tun haben. Aber wir wissen nicht, wie wir dann wieder gewählt werden können". Da fiel dann der Vorschlag von François Hollande, die Sache mit der Wettbewerbsfähigkeit zu vertagen, auf fruchtbaren Boden.

In den »Schlussfolgerungen« des Gipfels konnten sich die Regierungschefs nur auf eine »Partnerschaften für Wachstum, Beschäftigung und Wettbewerbsfähigkeit« einigen. Jede Regierung könne sich selbst überlegen, ob sie für selbst ausgewählte Reformen Selbstverpflichtungen mit der EU-Kommission und dem Europäischen Rat abschließe. „Die in die einvernehmlichen vertraglichen Vereinbarungen aufgenommenen wirtschaftspolitischen Ziele und Maßnahmen sollten von den Mitgliedstaaten im Einklang mit ihren institutionellen und konstitutionellen Regelungen konzipiert werden, und ihre uneingeschränkte nationale Eigenverantwortung sollte durch eine geeignete Einbindung der nationalen Parlamente, der Sozialpartner und anderer relevanter Akteure gewährleistet werden“, heißt es in dem Text. Im Klartext: Stimmen die Gewerkschaften einer »Maßnahme« nicht zu, dann bleibt es so, wie es ist. "Ich sage ganz frank und frei, hier wird noch viel Arbeit notwendig sein", sagte Merkel am Rande des Gipfels in Brüssel.

Die Zeit nutzen und den Widerstand verbreitern
Viel Arbeit steht auch vor Gewerkschaften, Bewegungen und linken Parteien. Die Zeit muss genutzt werden, meint Bettina Jürgensen von kommunisten.de. Denn mit der Verschiebung auf Oktober kann der europaweite Widerstand gegen Merkels Pläne organisiert werden. Schließlich sehe man in Griechenland, wohin die autoritären, von der Troika verordneten »Memoranden« führen, meint Jürgensen. Die Wahl zum Europäischen Parlament im Mai 2014 biete eine Gelegenheit, am Aufbau einer gemeinsamen europäischen Front gegen die Austeritätspolitik und für ein solidarisches Europa zu arbeiten und die Öffentlichkeit gegen den Wettbewerbspakt zu mobilisieren.

Auch im Europäischen Parlament werden die Vereinbarungen der Regierungschefs auf Widerstand stoßen. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) hatte bereits auf dem EU-Gipfel die Beschlüsse zur Bankenunion heftig als unzureichend kritisiert. "Eine Bankenunion macht man entweder richtig oder besser gar nicht", sagte er in einer Rede vor den Staats- und Regierungschefs. "Deshalb wird das Europäische Parlament die Beschlüsse in dieser Form nicht mittragen." Die Zustimmung des Europäischen Parlaments ist jedoch Voraussetzung für das Inkrafttreten. Eine stärkere Fraktion der Vereinigten Linken (GUE/NGL) – der parlamentarische Zusammenschluss linker und kommunistischer Parteien – wäre da sicherlich nützlich.

Militärgipfel
Dieser EU-Gipfel war auch ein Militärgipfel. Erstmals seit fünf Jahren beschäftigten sich die EU-Regierungschefs wieder mit dem Thema Militärpolitik. Mit dem vorgeschobenen Argument, durch Synergieeffekte Kosten einzusparen, wird einer Supermacht EU das Wort geredet – mit dem Ziel gemeinsamer Kriegseinsätze in der ganzen Welt. Dafür fordern die Regierungschefs zentrale EU-Rüstungsprogramme, insbesondere auf dem Gebiet der militärischen Drohnentechnologie, des Cyberkrieges und der Luftbetankung. Dazu die Pressemitteilung des Bundesausschusses Friedensratschlag.

(1) zitiert nach isw Report Nr. 95, Die Krise und die Spaltung Europas. Europa am Scheideweg

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foto: EPP


Farkha Festival Komitee ruft zu Spenden für die Solidaritätsarbeit in Gaza auf

CfD communist solidarity dt
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Farkha2023 21 Buehnentranspi

Farkha-Festival 2024 abgesagt.
Wegen Völkermord in Gaza und Staatsterror und Siedlergewalt im Westjordanland.
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