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Chile-allende-dignidad Quetzal12.09.2013: Zehntausende Menschen haben in der chilenischen Hauptstadt Santiago de Chile am Mittwoch der Opfer des Militärputsches vor 40 Jahren gedacht. Am 11. September 1973, einem Dienstag, war der demokratisch gewählte Präsident Salvador Allende in einem von den USA unterstützten Putsch gestürzt worden. Allende war eines der ersten Opfer der Militärdiktatur, die unter Führung von General Augusto Pinochet bis 1990 währte. Der Sozialist Allende fand in den Ruinen des von Luftangriffen zerstörten Präsidentenpalast La Moneda am Morgen des Putsches den Tod. "Ich habe die Gewissheit, dass mein Opfer nicht vergeblich sein wird", sagte er in seiner letzten Radioansprache. Die nach dem Ende der Diktatur eingesetzte Wahrheitskommission erkannte knapp 28.000 politische Gefangene an, von denen ein großer Teil Opfer schwerer Folter wurde. Mehr als 3.000 Menschen wurden ermordet.

Am Mittwoch zogen allein in Santiago de Chile zehntausende Menschen zum Präsidentenpalast, um vor dem dortigen Denkmal Allendes Blumen niederzulegen. Tausende Menschen versammelten sich auch vor dem Eingang des Regierungssitzes, dem Portal Morandé 80, aus dem am 11. September 1973 die Leiche Allendes getragen wurde. Später hatte der Diktator Pinochet das inzwischen wieder geöffnete Portal zumauern lassen. Auch auf dem Platz der Verfassung der chilenischen Hauptstadt legten Menschen an einem Denkmal Allendes Blumen nieder. Zugleich versammelten sich in anderen Städten des Landes zehntausende Menschen, um der Regierung der Unidad Popular zu gedenken.

Zu den Gedenkmärschen hatten Opferverbände ebenso aufgerufen wie Gewerkschaften, Lehrerverbände, Studentenorganisationen, die Sozialistische Partei Chiles, die Kommunistische Partei Chiles und andere Gruppen der Linken. Die Studentenvereinigung ACES forderte Mitglieder und Kommilitonen im ganzen Land auf, Universitäten und Schulen im Gedenken an die tausenden Jugendlichen zu besetzen, die der Militärdiktatur zum Opfer gefallen waren. Es gehe auch darum, das "von den Putschisten aufgezwungene Bildungsmodell zu beseitigen", sagte Eloísa Gonzálzes, eine der Sprecherinnen der ACES.

Die Gedenkveranstaltungen zum 40. Jahrestag des Putsches hatten am Sonntag mit einer Großdemonstration begonnen. Dabei waren mehr als 30.000 Menschen zum Zentralfriedhof der Hauptstadt gezogen, um Allende zu ehren. Der Protestzug war mehrfach von den Carabineros (Militärpolizei) angegriffen worden. Mehrere Dutzend Demonstranten wurden verletzt, 68 Menschen wurden festgenommen. Am Montag hatten das Oppositionsbündnis Nueva Mayoría unter Führung der Sozialdemokratin und Ex-Präsidentin Michelle Bachelet (2006-2010) und die amtierende Rechtsregierung unter Präsident Sebastián Piñera des Putsches gedacht.

Massive Kritik provozierte der inzwischen äußerst unpopuläre Rechtskonservative Piñera am Mittwoch. Am Morgen trat er in lockerer Runde im Frühstücksfernsehen eines Privatsenders auf und erzählte scherzend über seine Erinnerungen an den 11. September 1973, den er als Student an der US-amerikanischen Universität Harvard erlebt hatte. Als ein Professor ihm von den Geschehnissen berichtete, habe er seine spätere Frau angerufen und um ihre Hand angehalten, sagte Piñera lachend: "Ich verdanke dem Putsch meine Ehe", fügte er an. Bei einer späteren Ansprache gelang es dem ehemaligen Anhänger der Militärdiktatur, nicht mit einem Wort den Namen Allendes zu erwähnen. Zugleich schob er dem gestürzten Staatschef die Schuld für den blutigen Umsturz zu. Schließlich habe er, Allende, das geltende Recht zu brechen versucht. Piñera wiederholte damit eines der Hauptargumente der Putschisten.

Über die gesellschaftliche Entwicklung nach dem Putsch und die gegenwärtigen Lebensbedingungen des Volkes in Chile gibt ein Bericht von Medico International einen bedrückenden Eindruck. Auf den Putsch gegen Allende 1973 folgten drastische neoliberale Reformen unter Diktator Pinochet, die als 'Schock-Politik' weltweit traurigen Ruhm erlangt haben. Dennoch argumentiert der chilenische Intellektuelle Carlos Pérez Soto, dass der Neoliberalismus erst unter den demokratischen Regierungen der neunziger Jahre zum umfassenden gesellschaftlichen Projekt werden konnte. In seiner Analyse der 40 Jahre Neoliberalismus in Chile legt Pérez Soto die katastrophalen Folgen unter anderem für Bildung und Gesundheit dar. Nachstehend zentrale Aussagen des Berichtes:

Seit fast vierzig Jahren ist Chile Schauplatz eines tiefgreifenden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Experiments. In einem durch den Staatsstreich im September 1973 und die darauf folgende blutige Repression geprägten Land konnten die zivilen Minister der Militärregierung auf brutale Weise jede institutionelle Hürde beiseite schieben und ein Wirtschaftsmodell implementieren, das der chilenischen Tradition völlig fremd war. Dafür gab es weltweit keinen Präzedenzfall. Viele der von den neoliberalen Theoretikern in den letzten Jahrzehnten entwickelten Wirtschafts- und Sozialformeln wurden erstmalig in Chile angewandt. Der viel gepriesene "Erfolg" des chilenischen Modells verschleiert aber die soziale Katastrophe, die es für die meisten Chilenen bedeutet, und verschweigt, dass es auf der Plünderung der nationalen Ressourcen beruht. Laut Angaben der Steuerbehörde verfügen heute 99 Prozent der Chilenen über ein monatliches Durchschnittseinkommen von 680 Dollar, das restliche Prozent von 27.400 Dollar. Und unter der Mehrheit gibt es ebenfalls beträchtliche Unterschiede: 81 Prozent leben von einem Durchschnittslohn von nur 338 Dollar. Dies zeigt den Betrug, der sich hinter den vermeintlich "erfolgreichen" makroökonomischen Zahlen verbirgt.

Die verschiedenen linken Analysen des neoliberalen Modells beschäftigen sich vor allem mit seinen gewalttätigen Ursprüngen und betonen die extreme Gewalt der lateinamerikanischen Diktaturen der siebziger Jahre. Das hat jedoch dazu beigetragen, die zweite und viel tiefergehende Phase zu vertuschen, in der sich das Modell ausweiten und konsolidieren konnte. Tatsächlich ist es Schritt für Schritt von zivilen Regierungen vertieft worden, mit "demokratischen" Mitteln und von politischen Koalitionen, die sich als "mitte-links" ausgeben. Lagos und Bachelet sind die perfekten Erben Pinochets und seiner Finanzminister. Genauso sind die Kirchners in Argentinien die perfekten Nachfolger von Menem und Lula in Brasilien von Cardoso. Es ist also diese zweite Phase, in der Chile erneut Modellcharakter trägt, die dringend analysiert und kritisch reflektiert werden muss. Denn das chilenische Modell ist in fast allen "Auswegen" präsent, die weltweit für die Folgen der sich seit 2008 entwickelnden Finanzkrise angeboten werden.

Die in Chile zu beobachtende Prekarisierung der Beschäftigung, die Entnationalisierung der natürlichen Ressourcen und die Privatisierung der staatlichen Güter sind Folgen einer tiefgreifenden Neuorganisierung der internationalen kapitalistischen Arbeitsteilung. Dabei ist der doktrinäre neoliberale Diskurs weder Ursache noch Motor dieser Reorganisierung, sondern eher ihre Legitimierung: Die "Ineffizienz des Staates"; der Zwang, sich in die "Globalisierung" einzureihen; das angebliche Unheil, das durch den "Protektionismus" heraufbeschworen würde; die vermeintlichen Vorteile der "Eigeninitiative" und "des unternehmerischen Selbst" – all das sind Argumente, die aus dem Prozess der Neuordnung der Produktion entspringen und ihm dienlich sind.

Ein wesentlicher Bestandteil ist die vollständige Unterordnung des Staates unter die Interessen der Privatwirtschaft. Der Staat privilegiert bei der Auftragsvergabe die Unternehmen zum Nachteil seiner eigenen Dienstleistungen und Dienstleister. Unter diesem Regime ist es dem Großkapital gelungen, auch Dienstleistungen in Geschäftsfelder zu verwandeln, die traditionell als soziale Rechte vom Staat bereitgestellt und garantiert werden. Im Zuge dieser Kommodifizierung genehmigt der Staat die Profitmacherei mit grundlegenden Gütern, bürgt für deren Erträge und wälzt die Kosten auf die Allgemeinheit ab. In Chile zeigt sich das in so sensiblen Bereichen wie dem öffentlichen Personenverkehr, in der Lebensmittelindustrie und besonders im Bildungs- sowie im Gesundheitswesen. ...

Verschuldung, Unterdrückung und Wucher prägen das Leben des Einzelnen in Chile. Vieles ist über die Auswirkungen dieser alltäglichen Unterdrückung auf die Subjektivität veröffentlich worden. Chile weist Rekordzahlen bezüglich Kindesmisshandlung, Gewalt in der Familie und Aggressivität im öffentlichen Raum auf. Auch die individuellen Folgen sind erschreckend. Wachsende Depressionsraten, die Zunahme psychosomatischer Erkrankungen, Dysfunktionen in der Kommunikation und emotionale Beziehungsstörungen kennzeichnen die psychische Lage. Geradezu unheimlich ist, dass diese Entwicklungen selbst zu einem riesigen Geschäft geworden sind. Chile ist wahrscheinlich eines der wenigen Länder, in dem man zwei oder drei Apotheken an ein und derselben Straßenecke finden kann. Angstlösende Mittel, Antidepressiva, Schlaftabletten und sonstige Tabletten, um sich wach zu halten – alles geht hier über den Ladentisch. Arzneimitteln ersetzen den sozialen Protest. Die Empörung, die nicht äußern lässt ohne die Entlassung oder Lohneinbußen zu riskieren, kommt schließlich als Somatisierung des Unbehagens zum Ausdruck.

Chile ist das Land des depressiven Zusammenbruchs. Von der einfachsten Arbeiterin bis zum faschistoiden Präsidentschaftskandidaten – alle stehen unter einem gemeinsamen Zeichen: Jede plötzliche Steigerung des ständigen Stressniveaus führt zum Kollaps. Unter solchen Umständen kann es nicht verwundern, dass die Schüler und Studenten oder die absolut Armen in den Randzonen der Städte oder die Fußballfans die mit allen Mitteln unterdrückte soziale Gewalt öffentlich machen. Die Schüler- und Studentenproteste bringen ihr Unbehagen und das ihrer Familien ans Tageslicht. Die absolut Armen entladen ihren Zorn bei jeder öffentlichen Massenveranstaltung. Und so ist Chile eine zutiefst gewalttätige Gesellschaft. Jene, die, ergriffen von einem blinden Gefühl von Allmächtigkeit und Straflosigkeit, andere missbrauchen, können nicht unbegrenzt dunkle Winde säen. Früher oder später werden sie die von ihnen entfachten Stürme ernten. Erst dann wird endlich Chiles Stunde schlagen.

Quellen: Lateinamerikaportal amerika21.de und Medico International  /  Foto: Quetzal

Farkha Festival Komitee ruft zu Spenden für die Solidaritätsarbeit in Gaza auf

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Farkha-Festival 2024 abgesagt.
Wegen Völkermord in Gaza und Staatsterror und Siedlergewalt im Westjordanland.
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Dies ist ein Moment, der zum Handeln auffordert. Lassen Sie uns gemeinsam für die Menschlichkeit eintreten und denjenigen, die es am meisten brauchen, die dringend benötigte Hilfe bringen.

Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge

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