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Greenwashing23.09.2019: Bevor morgen in New York die alljährliche UNO Generalversammlung beginnt, hat der Generalsekretär der Vereinten Nationen für den heutigen Montag zu einem Klima-Aktions-Gipfel geladen. Mit dabei: Vorstandschefs multinationaler Konzerne und internationaler Großbanken.

 

Nachdem am Freitag weltweit Millionen - allein in Deutschland waren 1,4 Millionen auf der Straße - für eine radikale Politik zum Klimaschutz demonstrierten, treffen sich auf Einladung von UNO-Generalsekretär António Guterres in New York Regierungsvertreter*innen zum UN-Klimagipfel 2019.

Nach dem Mechanismus des Pariser Abkommens müssten spätestens dann alle Staaten ihre Pläne vorlegen, um die globale Erwärmung auf unter 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen. Aber derzeit liegt so gut wie kein Land im Plan.

"Die Menschen leiden, sie sterben, ganze Ökosysteme brechen zusammen. Wir befinden uns im Anfang eines Massenaussterbens, und alles, woran ihr denken könnt, sind Geld und Märchen von ewigem Wachstum. Wie könnt ihr es wagen!
... Der Wandel muss jetzt passieren, wenn wir die schlimmsten Konsequenzen vermeiden wollen. Die Klimakrise ist nicht nur das Wetter. Sie bedeutet auch Mangel an Nahrung und Mangel an Wasser, unbewohnbare Orte und dadurch Flüchtlingsbewegungen.
... Die Welt wacht auf. Der Wandel kommt, ob ihr wollt oder nicht."

Greta Thunberg in New York


Ein aktueller Bericht des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC 2018) warnt davor, dass die globale Erwärmung zwischen 2030 und 2052 1,5°C erreichen und von dort aus weiter steigen wird. "Angesichts extremer Unsicherheiten kann sich das Klima viel schneller erwärmen", befürchtet sogar der Internationale Währungsfond IWF und warnt davor, dass das "Risiko einer katastrophalen und irreversiblen Katastrophe steigt, was potenziell unendliche Kosten des ungemilderten Klimawandels mit sich bringt, einschließlich, im Extremfall, des menschlichen Aussterbens." (siehe kommunisten.de: "Internationaler Währungsfond: Markt versagt bei Kampf gegen Klimaerwärmung") 

 

"Es ist zu spät, den unkontrollierten Klimawandel zu stoppen"
Jem Bendell, Nachhaltigkeitsforscher

Professor Jem Bendell, Nachhaltigkeitsforscher an der University of Cumbria in Großbritannien, geht sogar davon aus, "dass es zu spät ist, den unkontrollierten Klimawandel zu stoppen" und dass "wir uns auf zerstörerische und unkontrollierbare Ausmaße des Klimawandels zubewegen, die Hunger, Zerstörung, Bevölkerungswanderungen, Krankheiten und Krieg mit sich bringen werden". Er fordert auf, "zu erkennen, dass der gesellschaftliche Zusammenbruch bereits im Gange ist, aber ungleich verteilt" und verweist darauf, "dass bereits Millionen von Menschen schrecklich unter dem Klimachaos leiden". So durchlitt Indien in diesem Sommer eine noch nie dagewesen Hitzewelle mit Temperaturen von bis zu 50 Grad Celsius. Und die kaum erträglichen Temperaturen werden in den nächsten Jahrzehnten wohl noch weiter steigen.

Doch Bendell sieht den Zusammenbruch nicht nur im globalen Süden. "Wenn man sich die aktuellen klimatischen Veränderungen, die steigenden Emissionen und die Zerstörung von Lebensräumen, die biologischen Auswirkungen, die wärmenden Rückkopplungen, die landwirtschaftlichen Auswirkungen, die Langsamkeit der Reaktion, die Unnachgiebigkeit des Kapitalismus und seiner abhängigen Politiker*innen, die kulturelle Abhängigkeit von Fortschritts- und Kontrollideen und die Zunahme von Schuldgefühlen ansieht, die die Realität vermeiden und Unwissenheit und Hass fördern, dann denke ich, dass ein Zusammenbruch wahrscheinlich oder fast sicher ist." "Unsere Verhaltensnormen – das, was wir 'Zivilisation' nennen – könnten sich auch auflösen", schreibt er in der Studie "Deep Adaptation: A Map for Navigating Climate Tragedy" (deutsche Übersetzung hier

Roter Teppich für die Klimazerstörer

Doch trotz der dramatischen Entwicklung ist vom UN-Klimagipfel wenig bis nichts zu erwarten. Ausdruck der Hilflosigkeit der herrschenden Politik ist die Einladung von Vorstandschefs multinationaler Konzerne und internationaler Großbanken zum Klimagipfel. "Wir laden diese visionären Unternehmer ein, sich ihre Klimapläne auf dem Uno-Klimagipfel anerkennen zu lassen" schreibt die Chefin des UNO-Klimasekretariats Patricia Espinosa in einem offenen Brief.

Zu diesen "visionären Unternehmen" zählen Unilever, SAP und Vodafone. Insgesamt 28 Multis und 24 internationalen Banken rollt die UNO den roten Teppich aus, weil sie versprechen, ihre Produktion auf das im Weltklimavertrag festgelegte 1,5-Grad-Ziel auszurichten. Natürlich unverbindlich.

"Greenwashing", nennt das Kathrin Hartmann, Autorin des Buches "Die Grüne Lüge". Diese Konzerne sehen "Weltrettung als profitables Geschäftsmodell", so die Autorin. Besonders gut kennt sie Unilever, jahrelang hat sie dem grünen Image des 50 Milliarden schwere Unternehmen mit Sitz in London hinterherrecherchiert. "Unilever gehört zu den größten Waldzerstörern, denn der Konzern benötigt für seine Produkte vor allem Rindfleisch, Soja und Palmöl. … Für seine Kosmetikprodukte und Fertignahrung holzt sein Palmöllieferant Wilmar International riesige Mengen Regenwald in Indonesien seit Jahren auch illegal ab", so Hartmann. Dass Unilever sich nun auf den Weltklimavertrag und das 1,5-Grad-Ziel verpflichtet, sei eine PR-Maßnahme - "Greenwashing" eben.

"Aus Zerstörern werden keine Klimaretter"
Katrin Hartmann

Neben den Vorstandschefs der 28 Multis sind auch 34 Chefs internationaler Großbanken eingeladen. Sie versprechen ebenfalls, ihre Unternehmensstrategie auf das Weltklimaabkommen und die Uno-Nachhaltigkeitsziele auszurichten.

Banken finanzieren Klimazerstörung

Doch bisher stecken die meisten von ihnen noch Milliardensummen in fossile Geschäfte wie Ölbohrungen in der Arktis oder Kohlekraftwerke - sogar mit steigender Tendenz seit es den Pariser Weltklimavertrag gibt. Dies belegt eine Untersuchung von NGOs unter der Leitung des Rainforest Action Network, die zeigt, dass seit dem Pariser Klimaabkommen vom Dezember 2015 die Bankfinanzierung fossiler Brennstoffe stetig gestiegen ist, auf 612 Milliarden Dollar im Jahr 2016, 646 Milliarden Dollar im Jahr 2017, 654 Milliarden Dollar im Jahr 2018. Seit dem Paris-Abkommen 2015 finanzierten33 kanadische, chinesische, europäische, japanische und US-amerikanische Banken fossile Projekte mit 1,9 Billionen Dollar, wobei die Finanzierung jedes Jahr steigt, heißt es in dem Bericht.

Die "schlimmsten Banken", so der Bericht, sind vier amerikanische Mammutbanken - JPMorgan Chase, Wells Fargo, Citi und Bank of America (auf Platz sechs ist Barclays die führende europäische Bank auf der Liste). JPMorgan übernimmt die Führung bei der Finanzierung von Projekten, die auf den Ausbau der Gewinnung fossiler Brennstoffe abzielen. JPMorgan ist die Nummer eins unter den Banken für die Finanzierung der Gewinnung von extrem klimaschädlichem Teersandöl, von Öl- und Gasbohrungen in arktischem und ultratiefem Wasser sowie von Anlagen für verflüssigtes Erdgas und ist die Nummer zwei unter den Banken für Fracking, direkt hinter Wells Fargo. Auch einige Mitglieder der neuen UNO-Allianz für "verantwortliches Banking" wie die französische Societé General gaben mehr Geld in fossile Geschäfte aus als in den Vorjahren. (siehe Rainforest Action Network and others, 2019: Banking on Climate Change - Fossil Fuel Finance Report Card 2019")

Banking on Fossil Fuels


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