Literatur und Kunst

03.03.2025: Der eindrucksvolle palästinensisch-israelische Dokumentarfilm "No Other Land" hat den Oscar für den besten Dokumentarfilm gewonnen. Der Film ist ein fesselndes und authentisches Porträt der Palästinenser im Westjordanland – und ihres Widerstandes gegen Besatzung und Apartheid.

 

Bei der Berlinale 2024 sorgte die Verleihung des Dokumentarfilmpreis an "No Other Land" für Aufregung und Empörung bei der Israellobby. Massenmedien, CDU, SPD und Grüne waren empört über die "israelfeindlichen und antisemitischen Ausfälle" bei der Berlinale. Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) und Bundespolitiker von CDU/CSU und Grünen forderten Konsequenzen für die Berlinale, damit "sich solche Vorfälle nicht wiederholen". Der jüdische Regisseur Yuval Abraham rechnete daraufhin mit Deutschland ab: "Es schmerzt mich zu sehen, wie ihr nachdem ihr den Großteil meiner Familie im Holocaust ermordet habt, das Wort Antisemitismus seiner Bedeutung beraubt, um Kritiker der israelischen Besatzung im Westjordanland (das Thema unseres Films) zum Schweigen zu bringen und Gewalt gegen Palästinenser zu legitimieren.“ (siehe kommunisten.de, 26.2.2024: "Berlinale: Stars fordern Waffenstillstand in Gaza | Pro-Israel-Lobby mit Schaum vor dem Mund")

Beim Europäischen Filmpreis in Luzern im Dezember vergangenen Jahres räumte "No Other Land" als bester Dokumentarfilm ab. Und jetzt als Krönung hat das vierköpfigen palästinensisch-israelischen Filmemacherteam von "No other land" in Los Angeles den Oscar für den besten Dokumentarfilm gewonnen.

Trotz dieser Auszeichnungen hat der Film hat in den USA bislang keinen Vertrieb gefunden. In Deutschland kam er am 14. November 2024 in die Kinos.

Los AngelesNo other land Oscar2025 FilmteamFamilieLos Angeles, 2.3.2025: Filmemacherteam und Familienangehörige

 

Die Regisseure Basel Adra und Yuval Abraham nutzten die Bühne in Los Angeles, um auf die Situation in ihrer Region hinzuweisen. Sie sprachen von der Ungleichbehandlung von Israelis und Palästinensern im Westjordanland, die aufhören müsse. "Und ich muss sagen, dass die Außenpolitik in diesem Land dazu beiträgt, diesen Weg zu blockieren", kritisierte Abraham die Außenpolitik der USA.

No other land Oscar2025 Basel AdraVor rund zwei Monaten sei er Vater geworden, sagte der palästinensische Filmemacher Basel Adra in seiner Dankesrede. Seine Hoffnung für seine Tochter sei, dass sie nicht das Leben werde führen müssen, das er nun führe - "immer in Angst vor Gewalt durch Siedler, vor der Zerstörung von Häusern und vor Zwangsumsiedlungen, die meine Gemeinde Masafer Yatta unter der israelischen Besatzung täglich erlebt und denen sie sich täglich gegenübersieht". "No Other Land spiegelt die harte Realität wider", fuhr er fort, "die wir seit Jahrzehnten ertragen und die immer noch andauert, während wir die Welt auffordern, ernsthafte Maßnahmen zu ergreifen, um diese Ungerechtigkeit zu beenden und die ethnische Säuberung des palästinensischen Volkes zu stoppen."

"Wir leben in einem Regime, in dem ich nach dem Zivilrecht frei bin, Basel jedoch dem Militärrecht unterliegt, das sein Leben zerstört."
Yuval Abraham

No other land Oscar2025 Yuval AbrahamYuval Abraham sagte: "Wir Palästinenser und Israelis haben diesen Film gemacht, weil unsere Stimmen gemeinsam stärker sind. Wir sehen einander. Die grausame Zerstörung von Gaza und seiner Bevölkerung muss ein Ende haben; die israelischen Geiseln, die bei dem Verbrechen vom 7. Oktober brutal entführt wurden, müssen freigelassen werden.
Wenn ich Basel anschaue, sehe ich meinen Bruder, aber wir sind ungleich. Wir leben in einem Regime, in dem ich nach Zivilrecht frei bin, Basel jedoch dem Militärrecht unterliegt, das sein Leben zerstört und das er nicht kontrollieren kann. Es gibt einen anderen Weg: eine politische Lösung ohne ethnische Vorherrschaft, mit nationalen Rechten für unsere beiden Völker. Die Außenpolitik in diesem Land trägt dazu bei, diesen Weg zu blockieren."
"Sehen Sie nicht, dass wir miteinander verflochten sind?", fuhr er fort. "Dass mein Volk nur dann wirklich sicher sein kann, wenn Basels Volk wirklich frei und sicher ist? Es ist noch nicht zu spät für das Leben, für die Lebenden. Es gibt keinen anderen Weg."

No other land Oscar2025 FilmteamBasel Adra, Rachel Szor, Hamdan Ballal, Yuval Abraham
Auf der Bühne forderten der palästinensische Journalist und Regisseur Basel Adra und sein israelischer Co-Regisseur Yuval Abraham ein Ende des anhaltenden Unrechts im Westjordanland und im Gazastreifen.
Video der Reden: https://x.com/MiddleEastEye/status/1896469931337875761

Die Äußerungen der Filmemacher stießen beim Publikum in Hollywood auf begeisterte Zustimmung; ungewöhnlich bei politischen Oscar-Reden.

Der israelische Kulturminister Miki Zohar reagierte wenig überraschend negativ auf die Auszeichnung. Es sei ein "trauriger Moment für die Welt des Kinos", schrieb Zohar in einem Post auf der Plattform X. Bei dem Film handele es sich um "Sabotage gegen den Staat Israel". Andere fordern die israelische Regierung auf, mehr in die Hasbara (Propaganda) zu investieren. Der Journalist Shai Golden sagte, der Oscar-Gewinn des Films sei ein "Warnsignal" für Israel, dass es "versagt" habe, "die israelische Geschichte auf überzeugende Weise zu präsentieren".

Trotz dieses seltenen Erfolgs für das israelische Kino ernten der Film und seine Macher wütende Reaktionen auch aus der israelischen Filmindustrie. Der Schauspieler Aki Avni, der in der Vergangenheit in einer Reihe von Hollywood-Filmen mitgewirkt hat, schrieb: "Man hört und versteht, wie der Holocaust 1933 begann, wie in der 'aufgeklärten und bewussten' Welt das Bild immer noch auf die verzerrteste Weise verdreht ist.“
Ein anderer israelischer Schauspieler, Yadin Gellman, warf Abraham vor, er habe "sein Volk verkauft", um Aufmerksamkeit und Lob zu erhalten.

Ein Moment der Hoffnung und Solidarität

Der Oscar für "No other land" ist eine große Auszeichnung für das palästinensisch-israelische Filmemacherteam, ein wichtiger Meilenstein im Kampf um die Rettung von Masafer Yatta und ein Symbol der Hoffnung in Israel-Palästina für alle, die Teil des binationalen Kampfes für Gerechtigkeit sind.

Basel Adra begann im Alter von 15 Jahren, die israelische Besetzung und die Hauszerstörungen seines Dorfes in Masafer Yatta zu filmen. Seit Jahrzehnten versuchen die israelischen Behörden, die etwa 1.000 palästinensischen Einwohner aus Masafer Yatta gewaltsam zu vertreiben, um eine militärische "Schießzone" oder ein Übungsgelände für israelische Streitkräfte zu schaffen.

No.other land Film  

 
"No Other Land": Ein israelisch-palästinensisches Duo kämpft darum, Apartheid aufzudecken, während im Gazastreifen der Krieg tobt

Der Film dokumentiert die Auseinandersetzungen um Masafer Yatta, eine Siedlung aus 19 palästinensischen Dörfern im Süden des Westjordanlandes. Der Heimatort des palästinensischen Aktivisten Basel Adra soll einem militärischen Übungsplatz der israelischen Armee weichen.

 

Die Filmemacher zeigen israelische Streitkräfte, die palästinensischen Familien immer wieder mitteilen, dass ihre Häuser nun plötzlich illegal und in einer israelischen "Militärzone" liegen.

Wir sehen den Terror, den Siedler in der Gemeinschaft auslösen, und die grundlosen Angriffe – und sogar Morde –, die auf jede Form von Protest gegen Ungerechtigkeiten abzielen, und stellen sicher, dass sich die Zuschauer, die den Film gesehen haben, diese traumatisierenden Bilder einprägen.

Archivaufnahmen aus Adras Kindheit sind wunderschön in die Szenen der militärischen Gewalt eingeflochten und geben den Zuschauern einen Einblick in eine Zeit, in der die Gemeinschaft nicht von der drohenden Vertreibung beherrscht wurde, und zeigen gleichzeitig, wie die Wunden der Besatzung Generationen durchdrungen haben.

Wir sehen Rückblenden von Adras Vater, der sein Leben lang mehrfach von den israelischen Behörden wegen seines Aktivismus inhaftiert wurde, dieselben Dinge sagt und für dieselben Rechte kämpft wie Adra im heutigen Palästina.

Wie sehr "No Other Land" die "harte Realität widerspiegelt", wird auch daran deutlich, dass die israelische Besatzungsarmee zur gleichen Zeit über 40.000 Palästinenser im Westjordanland zwangsvertrieben, die Infrastruktur in Jenin, Tulkarem und anderen palästinensischen Städten zerstört, Häuser ab- und die Straßen mit Bulldozern aufgerissen hat. Der israelische Kriegsminister Katz hat vor wenigen Tagen verkündete, dass die vertriebenen Palästinenser nicht zurückkehren dürfen und die israelische Besatzungarmee dauerhaft in den Flüchtlingslagern stationiert wird. Auch in Masafer Yatta, dem Heimatort von Basel Adra, sind wieder die Bulldozer angerückt und haben Häuser und Wassertanks zerstört.

Palestina Video Basel Adra Zerstoerung Masafer Yatta 2025 02 10-------------------------------------------------------------------------
Adra Basel, Co-Autor und Co-Regisseur des Dokumentarfilms No Other Land postete am 10.2.2025: "Jeder, dem No Other Land am Herzen liegt, sollte sich auch dafür interessieren, was vor Ort tatsächlich passiert: Heute wurden unsere Wassertanks, 9 Häuser und 3 alte Höhlen zerstört. Masafer Yatta verschwindet vor meinen Augen. Für diese Aktionen gibt es nur einen Namen: ethnische Säuberung."
Video: https://x.com/basel_adra/status/1888973373771800916

 

Abraham, eine israelische Anomalie

"No Other Land" hinterlässt bei den Zuschauern je nach ihrem Engagement für die palästinensische Sache unterschiedliche Eindrücke, kommentiert Maysa Mustafa in der Zeitung Middle East Eye.[1]

"Diejenigen, die gerade erst begonnen haben, den Konflikt zu verstehen, werden zum Nachdenken über die Unterdrückung angeregt, der Palästinenser seit der Gründung Israels ausgesetzt sind, und darüber, dass dies nicht "erst am 7. Oktober 2023" begann.

Diejenigen, die sich daran gewöhnt haben, Bilder von palästinensischen Leichen zu sehen, von Kindern, die israelischen Soldaten gegenüberstehen, während sie versuchen, ihre Häuser und Familien zu schützen, von Eltern, die die Presse anflehen, etwas für ihre sterbenden Kinder zu tun, werden sich fragen, wo der Rest der Abrahams ist.

Würde es vielleicht einen Unterschied machen, wenn mehr Israelis Arm in Arm stünden und ein palästinensisches Haus bewachten, anstatt nur eine Person? Dies wirft dann die noch größere Frage auf: Gibt es überhaupt so viele Israelis, die gegen die Besatzung sind?"

"Adra mag das Leben der meisten Palästinenser im Westjordanland repräsentieren, aber Abraham ist in Israel eine völlige Anomalie", schreibt Maysa Mustafa und kritisiert, dass der Film sich "nur" mit dem durch die israelische Armee und den Behörden, und den durch die Besatzung verursachten Schrecken auseinandersetzt, sich aber nicht mit den Wurzeln des Problems befasst: einer Gesellschaft, die im Großen und Ganzen die Aktionen der Besatzung und ihr Endziel, die ethnische Säuberung der Palästinenser aus dem Land, unterstützt.

80Prozent fuer Vertreibung JP 2025 02 03Jerusalem Post, 3.2.2025: Nur 3 Prozent der jüdischen Israelis halten den Plan von US-Präsidenten Trump zur Deportation der Palästinenser aus Gaza für "unmoralisch".

 

"Während No Other Land die Schrecken, die Israel im besetzten Westjordanland verursacht, gut darstellt, übersieht er, dass die israelische Gesellschaft insgesamt die Unterdrückung der Palästinenser nicht nur als 'unglückliche Realität', sondern als gerechtfertigte Behandlung unterstützt", kritisiert Maysa Mustafa.

Die Weltgemeinschaft und viele Regierungen haben Israel so scharf kritisiert und Palästina so deutlich unterstützt wie nie zuvor. Doch die israelische Gesellschaft bleibe selbst nach mehr als 75 Jahren Besatzung und Massenvertreibung von Palästinensern und dem Völkermord im Gazastreifen weitgehend ungerührt.


Anmerkungen:

[1] Middle East Eye, 2.3.2025: 'No Other Land' captures the Palestinian spirit but falls short on Israeli society
https://www.middleeasteye.net/discover/no-other-land-documentary-captures-palestinian-spirit-fails-depiction-israelis


zum Thema auf kommunisten.de

 

 

Wir werden in unsere Heimat zurückkehren

Palestina Wir werden zurüückkehren

Viva Palästina

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Solidaritätskampagne mit der Palästinensischen Volkspartei für Gaza: 30.000 Euro überwiesen. Die Solidarität geht weiter!

Gaza Soliaktion 2024 12 09 5
zum Text hier
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