Alberto Negri
Die von den Vereinigten Staaten durchgesetzte UN-Resolution besiegelt die zweite Nakba (Katastrophe) der Palästinenser. Sie streicht faktisch die Formel "zwei Völker, zwei Staaten" und hinterlässt einen sehr vagen "Weg zur Selbstbestimmung der Palästinenser", der nichts bedeutet.
19.11.2025
Die von den Vereinigten Staaten durchgesetzte UN-Resolution besiegelt die zweite Nakba (Katastrophe) der Palästinenser. Sie streicht faktisch die Formel "zwei Völker, zwei Staaten" und lässt einen sehr vagen "Weg zur Selbstbestimmung der Palästinenser" stehen, der nichts bedeutet.
Aber sie bestätigt nach dem Massaker der Hamas vom 7. Oktober den Völkermord an einem Volk, der militärisch von Israel exekutiert wird, mit dem politischen Segen Trumps und unserer Zustimmung. Es sei denn, man will wirklich glauben, dass ein multinationales Kontingent und die Entwaffnung der Hamas so grundlegend sind: Das sind Details, um einer internationalen Gemeinschaft Sand in die Augen zu streuen, die es kaum erwarten kann, geblendet zu werden und den Kopf wegzudrehen.
Betrachten wir die erste Katastrophe, denn sie ebnete den Weg für die zweite, die gerade stattfindet. Die UN-Resolution von 1947 teilte Palästina in zwei Staaten, aber der jüdische Staat besetzte 56 % des Landes, obwohl die palästinensischen Araber doppelt so zahlreich waren wie die jüdische Bevölkerung. Niemand konnte eine Lösung akzeptieren, bei der die Hälfte des Territoriums an eine Gruppe außerhalb der Region abgetreten wurde.
Die gängige Erzählung besagt, dass die Araber diese Resolution damals ablehnten. In Wirklichkeit wurde die palästinensische Bevölkerung unter britischem Mandat nie nach ihrer Meinung gefragt: Auch damals wurde das Prinzip der Selbstbestimmung der Völker in den Papierkorb geworfen, heute wird es in dieser letzten Resolution wiederbelebt, wohl wissend, dass es niemals umgesetzt werden wird.
Israel und sein Premierminister Netanjahu haben sich klar ausgedrückt: Es wird niemals einen palästinensischen Staat geben.
Die Pax Trumpiana, die nach dem israelischen Angriff auf Doha am 9. September dieses Jahres verhängt wurde, rettet Netanjahu und soll nicht das Leben der Palästinenser schützen, sondern die amerikanischen Interessen, wie der Besuch des saudischen Prinzen Mohammed Bin Salman im Weißen Haus zeigt – derjenige, der den Journalisten Jamal Kashoggi im saudischen Konsulat in Istanbul zerstückeln ließ – der beabsichtigt, die US-amerikanischen F-35 zu kaufen.
Was nach 1947 geschah, erinnert an das, was jetzt sowohl in Gaza als auch im Westjordanland geschieht.
1948 führten die zionistischen Milizen eine ethnische Säuberung Palästinas durch, zerstörten Städte und Dörfer und vertrieben sofort über 250.000 Palästinenser.
Heute besetzt Israel über 50 % des Gazastreifens, und im Westjordanland verwüsten radikale zionistische Milizen mit Unterstützung der Armee die besetzten Gebiete und bereiten den finalen Schlag vor: die Teilung des Westjordanlands in zwei Teile und die Verhinderung jeglicher territorialer Kontinuität für die Palästinenser. Die Annexion ist nur eine Frage der Zeit.
Laut historischen Dokumenten, die von israelischen Historikern wie Ilan Pappé ans Licht gebracht wurden, wurde die erste Katastrophe sorgfältig organisiert: Am Ende des britischen Mandats am 15. Mai 1948, dem Tag der ersten Nakba, der von Israel als Unabhängigkeitstag gefeiert wird, mussten Hunderttausende Palästinenser ihre Häuser und ihr Land verlassen, ohne jemals zurückkehren zu können (Jordanien besetzte damals das Westjordanland und Ostjerusalem, Ägypten den Gazastreifen). Alle wussten, was geschah, aber wie heute unternahm niemand etwas: Israel übernahm 78 % des britischen Mandatsgebiets, und 800.000 Palästinenser wurden Opfer ethnischer Säuberungen.
Wie viel die Resolutionen der Vereinten Nationen für Israel wert sind, zeigen uns die Präzedenzfälle. Die UNO beschloss, dass die Flüchtlinge in ihre Häuser zurückkehren können und Jerusalem unter internationale Kontrolle gestellt werden sollte. Nichts davon ist jemals geschehen, und nichts deutet heute darauf hin, dass Israel eine Rückkehr der Palästinenser zulassen könnte. Die Idee Israels ist eine ganz andere, nämlich ihre Deportation mit allen Mitteln voranzutreiben.
Interessant ist eine weitere Parallele zwischen der Vergangenheit und der heutigen Rolle der Vereinigten Staaten. Der Historiker Ilan Pappé unterstreicht dies eindrücklich in seinem kürzlich erschienenen Buch "Das Ende Israels“ (Fazi Verlag).
Der Sechstagekrieg von 1967, in dem Tel Aviv das Westjordanland, den Gazastreifen und die syrischen Golanhöhen besetzte, veränderte den Friedensprozess drastisch. Dieser Prozess wurde zu einem amerikanischen Monopol. Die USA, angetrieben von einem pro-israelischen Kongress, schlossen laut Pappé alle anderen Akteure aus der Region und der Welt aus, die in dem Konflikt vermitteln wollten. Aus diesem Grund wurden die Friedensprozesse, auch diejenigen, die zu den Osloer Abkommen von 1993 führten, zu einer tragischen Farce. Die Palästinenser wurden getäuscht und die internationale Gemeinschaft ein wenig zum Narren gehalten, während Israel nur ein Ziel hatte: Zeit zu gewinnen, die Besatzung zu normalisieren und durch Siedlungen weitere Gebiete zu rauben.
Die am Montag verabschiedete UN-Resolution wiederholt das gleiche Muster, nur mit einigen Varianten, die für die internationale Gemeinschaft und die Europäer attraktiver sind.
Deshalb ist es heute genauso, den USA und Trump zu glauben, wie dem Rattenfänger der Brüder Grimm zu glauben.
Die Resolution gefällt nämlich Israel - das sich wie üblich legibus solutus (von den Gesetzen gelöst) fühlt - und auch der Palästinensischen Autonomiebehörde, weil sie verspricht, dem Rivalen Hamas einen Schlag zu versetzen.
Es ist ein bereits bekanntes Drehbuch, das für einen bereits gesehenen Film umgeschrieben wurde. Das Ende ist bekannt.
Alberto Negri in il manifesto, 19.11.2025
zum Thema
- UN-Sicherheitsrat unterstützt US-Plan für Gaza: Eine "koloniale Ungeheuerlichkeit"
- Nach den Bombardierungen kommt das Wasser. Der Regen überschwemmt die Zeltlager der vertriebenen Palästinenser in Gaza
- "Miss Albanese, Sie sind eine Hexe"
Francesca Albanese legte der UN-Generalversammlung ihren Bericht "Völkermord in Gaza: Ein kollektives Verbrechen" vor - Mörder von Hind Rajab identifiziert und bei Internationalem Strafgerichtshof angeklagt
- Israel tötet in einer Nacht bei Bombenangriffen auf Gaza über 100 Menschen, darunter 46 Kinder
- Endlich Waffenstillstand in Gaza




