19.11.2021: Die Pharmakonzerne Biontech, Pfizer und Moderna machen mit ihren Corona-Vakzinen 1.000 Dollar Gewinn jede Sekunde ++ People’s Vaccine Alliance: Big Pharma bedient "zuerst die finanzkräftigsten Kunden" und stellt den Profit vor die Weltgesundheit ++ Peter C. Gøtzsche: Pharmaunternehmen auf einer Stufe mit der Mafia
Die Pharmakonzerne Biontech, Pfizer und Moderna machen nach Untersuchungen des globalen Impfbündnisses People’s Vaccine Alliance (PVA) [1] mit ihren Corona-Vakzinen 1.000 Dollar (knapp 880 Euro) Gewinn jede Sekunde. Das hat People’s Vaccine Alliance auf der Grundlage der Geschäftsberichte der Firmen und der dort angegebenen Gewinnspannen errechnet. Nach der Analyse der Zahlen kam das Bündnis auf einen kombinierten Gesamtjahresgewinn der Firmen vor Steuern in Höhe von 34 Milliarden Dollar – allein mit den Corona-Impfstoffen. Die Monopole dieser Unternehmen haben während der Pandemie fünf neue Milliardäre hervorgebracht, die zusammen über ein Nettovermögen von 35,1 Milliarden Dollar verfügen.
In dem Bündnis, das sich dafür einsetzt, dass alle Menschen überall Zugang zu COVID-19-Impfstoffen haben, sind rund 80 Organisationen wie Oxfam, AfroResistance, African Alliance, Amnesty International, der Internationale Gewerkschaftsbund ITUC, No Profit on Pandemic, Avaaz, Brot für die Welt, Clean Clothes Campaign und Global Justice Now zusammengeschlossen. Unterstützt wird das Bündnis von Persönlichkeiten wie Moussa Faki Mahamat (Vorsitzender der Kommission der Afrikanischen Union), Cyril Ramaphosa (Präsident der Republik Südafrika), Bernard Kouchner (Ex-Gesundheitsminister Frankreichs und Gründer von Ärzte ohne Grenzen), Thomas Piketty und Sharan Burrow (ITUC-Generalsekretärin).
People’s Vaccine Alliance veröffentlichte die Untersuchung, während sich die Vorstandsvorsitzenden der pharmazeutischen Industrie vom 16. bis 18. November zum jährlichen STAT-Gipfel treffen - dem so genannten "Big Pharma Davos".[2]
Das Bündnis kritisiert, dass Pfizer, BioNTech und Moderna, die zusammen jede Minute 65.000 Dollar Gewinn machen, die meisten Dosen an reiche Länder verkauft und die einkommensschwachen Länder im Regen stehen haben lassen. Pfizer und BioNTech haben weniger als ein Prozent ihrer gesamten Impfstofflieferungen an Länder mit niedrigem Einkommen geliefert, während Moderna nur 0,2 Prozent geliefert hat. Big Pharma bediene "zuerst die finanzkräftigsten Kunden" und stelle den Profit damit vor die Weltgesundheit, so People’s Vaccine Alliance. In der Folge seien nur zwei Prozent der Menschen in einkommensschwachen Ländern vollständig geimpft worden. [3]
In seinem Finanzbericht für das dritte Quartal prognostiziert z.B. BioNTech für 2021 Impfstoffeinnahmen in Höhe von 16-17 Milliarden Euro. In den neun Monaten bis zum 30. September erzielte das Unternehmen bei einem Umsatz von 13,4 Milliarden Euro einen Gewinn vor Steuern von 10,3 Milliarden Euro, was einer Gewinnspanne von 77 Prozent entspricht. Bei einer konservativen Umsatzprognose von 16 Mrd. € für das Gesamtjahr wird BioNTech bei einer Gewinnspanne von 77 % im Jahr 2021 einen Gewinn vor Steuern von 12,3 Mrd. € erwirtschaften.
"Es ist obszön, dass einige wenige Unternehmen stündlich Millionen von Dollar Gewinn machen, während nur zwei Prozent der Menschen in einkommensschwachen Ländern vollständig gegen das Coronavirus geimpft sind. Pfizer, BioNTech und Moderna haben ihre Monopole genutzt, um den profitabelsten Verträgen mit den reichsten Regierungen den Vorzug zu geben, und dabei die einkommensschwachen Länder im Regen stehen lassen."
Maaza Seyoum von der African Alliance und der People's Vaccine Alliance Africa
Die Allianz fordert vor diesem Hintergrund eine Aussetzung des Patentschutzes. Obwohl die drei Konzerne öffentliche Gelder in Höhe von über 8 Milliarden Dollar erhalten, lehnen sie Forderungen ab, über die Weltgesundheitsorganisation (WHO) dringend einen Transfer von Impfstofftechnologie und Know-how an fähige Hersteller in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen vorzunehmen. Dies würde das weltweite Angebot erhöhen, die Preise senken und Millionen von Leben retten.
Albert Bourla, Vorstandsvorsitzender von Pfizer, bezeichnete die Aufforderung zur gemeinsamen Nutzung von Impfstoffrezepten als "gefährlichen Unsinn".
Anna Marriott, Oxfams Managerin für Gesundheitspolitik, entgegnete: "Im Gegensatz zu dem, was der CEO von Pfizer sagt, ist es Unsinn zu behaupten, dass die Erfahrung und das Fachwissen zur Entwicklung und Herstellung lebensrettender Medikamente und Impfstoffe in den Entwicklungsländern nicht vorhanden sind. Dies ist nur eine falsche Ausrede, hinter der sich die Pharmaunternehmen verstecken, um ihre astronomischen Gewinne zu schützen." Die WHO-Notfallzulassung des indischen Totimpfstoffes Covaxin Anfang dieses Monats sei ein klarer Beweis dafür, dass die Entwicklungsländer über die nötigen Kapazitäten und Fachkenntnisse verfügen.
Pfizer nutzt Monopolstellung
Ende Oktober hat das us-amerikanische Nachrichtenportal Democracy Now einen Bericht vorgestellt [4], in dem die Verträge von Pfizer mit den Vereinigten Staaten, dem Vereinigten Königreich, der Europäischen Kommission, Albanien, Brasilien, Kolumbien, Chile, der Dominikanischen Republik und Peru untersucht wurden. Amy Goodman von Democracy Now: "Pfizer hat sein Monopol auf einen lebensrettenden Impfstoff genutzt, um verzweifelten Regierungen auf der ganzen Welt wirklich bedenkliche Zugeständnisse abzuringen. Wir stellen sechs Beispiele vor. Ich sollte sagen, dass die Verträge größtenteils gleich sind, aber es gibt Variationen innerhalb jedes Vertrags. Aber fast alle Verträge enthalten zum Beispiel eine Bestimmung, die es Pfizer erlaubt, im Wesentlichen zu kontrollieren, was über die Verträge gesagt wird. Fast alle Verträge enthalten eine Bestimmung, die besagt, dass Pfizer im Falle eines Impfstoffmangels einseitig über die Priorität der Lieferungen entscheiden kann, und die Länder müssen diese Bedingungen einfach akzeptieren. Es gibt Bestimmungen über Impfstoffspenden, und Pfizer kann bestimmen, ob ein Land einen Pfizer-Impfstoff spenden oder sogar einen gespendeten Pfizer-Impfstoff annehmen darf."
Auf diese rechtlichen Beschränkungen seitens der Impfstoffhersteller sei zum Teil auch zurückzuführen, dass bisher nur 14% der 1,8 Milliarden Dosen, die reiche Länder versprochen hatten zu spenden, geliefert wurden, so Democracy Now.
BionTech: "Produkthaftungsansprüche minimieren"
Pfizer erpresst aber nicht nur Entwicklungsländer. Peter Liese, Europaabgeordnete der CDU, sagte gegenüber der Deutschen Welle: "Pfizer hat Druck ausgeübt auf die Europäische Kommission. Das, was in Europa Recht und Gesetz ist, nämlich dass wenn man einen Fehler macht und jemand dadurch zu Schaden kommt, dafür auch eine Haftung zu übernehmen, wollte Pfizer offensichtlich zunächst nicht akzeptieren. … Die Verantwortlichen von Pfizer haben nicht ausreichend den Vorwurf entkräftet, dass bei ihnen Profit über Gesundheit steht." [5]
Im Ergebnis hat die EU in ihren Verträgen mit den Impfstoffherstellern die Mitgliedsstaaten verpflichtet, die Kosten zu übernehmen, wenn ein Hersteller für Impfschäden haften muss. Die Regelung schließt nicht per Vertrag Ansprüche des Geimpften aus. Er kann auch weiter gegen den Hersteller klagen. Im Erfolgsfall würde am Ende aber der Staat die Kosten des Herstellers übernehmen und ihn damit freistellen. [6] Es seien "einige Impfstoffvorschriften angepasst", worden, heißt es auf Seiten der EU lapidar.
BionTech konnte an die Aktionäre Entwarnung geben, die vorher gewarnt wurden, dass unbekannte Risiken erst nach der Zulassung entdeckt werden könnten, die die "Finanzlage negativ beeinflussen" würden. BionTech werde sich deshalb bemühen "Produkthaftungsansprüche zu minimieren und zu managen, die sich aus der Verwendung unserer Produktkandidaten und unserer Produkte ergeben, falls diese zugelassen werden", versprach das Unternehmen seinen Investoren. [7]
EU und Bundesregierung verteidigen das Monopol von BigPharma
Mehr als 100 Länder, angeführt von Südafrika und Indien, fordern in der Welthandelsorganisation WTO eine zeitweise Aufhebung des Patentschutzes für Impfstoffe und Medikamente gegen COVID. Dieses Thema wird den Ministergipfel der Welthandelsorganisation (WTO), der vom 30. November bis 3. Dezember in Genf stattfindet, dominieren. Denn reiche Länder, an vorderster Front Großbritannien, Deutschland und die Europäische Union, blockieren den Vorschlag und stellen die Interessen der PharmaKonzerne über das Wohl der Welt. (siehe kommunisten.de: "Freiwillige Lizenzen, der EU-Vorschlag erfreut Big Pharma")
"Sie sind schlimmer als jede andere Branche. Korruption, Bestechung und die Vermarktung nicht zugelassener Mittel gehören zum guten Ton."
Peter C. Gøtzsche, Autor von "Tödliche Medizin und organisierte Kriminalität – wie die Pharmaindustrie das Gesundheitswesen korrumpiert"
"Es sollte keine Patente auf Vakzine geben. Impfstoffe sollten keine kapitalistische Ware sein, sondern etwas, das für das Gemeinwohl hergestellt wird", sagt Peter C. Gøtzsche, Facharzt für Innere Medizin und früher Professor für klinische Studien an der Universität Kopenhagen. Für ihn stehen Pharmaunternehmen auf einer Stufe mit der Mafia: "Sie sind schlimmer als jede andere Branche. Korruption, Bestechung und die Vermarktung nicht zugelassener Mittel gehören zum guten Ton."
Pharmaunternehmen auf einer Stufe mit der Mafia
Pfizer sei, so Gøtzsche, eines der schlimmsten Pharmaunternehmen der letzten 50 Jahre. So wurde das Partnerunternehmen von BionTech im Jahr 2009 von der US-amerikanischen Justiz wegen "Bestechung von Ärzten" zu einer Rekordstrafe von 2,3 Milliarden Dollar verurteilt. 2012 akzeptierte Pfizer eine Strafe von 60 Millionen Dollar, um den Vorwurf der Korruption im Ausland auszuräumen.
1996 verabreichte Pfizer anlässlich einer Meningitis-Epidemie im nigerianischen Kano Kindern das das Präparat Trovan. Eine als humanitäre Hilfe getarnte Aktion, um das noch nicht zugelassene Präparat zu testen. Nach nigerianischen Angaben sterben mindestens elf Kinder an den Folgen des Medikaments, mehr als 200 andere erleiden zum Teil irreparable Gesundheitsschäden wie partielle Lähmungen, Blindheit, Taubheit sowie Gehirnschäden. Pfizer verneint jede Schuld. Am Ende einigt sich Pfizer mit den Behörden in Kano außergerichtlich auf eine Entschädigung von 75 Millionen Dollar. Laut der Enthüllungsplattform Wikileaks soll Pfizer vorher Privatdetektive engagiert haben, um an belastenden Informationen über den zuständigen Staatsanwalt zu gelangen.
BigPharma kämpft mit harten Bandagen, wenn es um seine Profite geht. Maximierung des Gewinns steht eben an erster Stelle auf dem Beipackzettel.
Anmerkungen:
[1] People’s Vaccine Alliance: Unsere Forderungen
https://peoplesvaccine.org/our-demands/
[2] https://www.statnews.com/2021/summit/stat-summit/
[3] Oxfam, 16.11.2021: Pfizer, BioNTech and Moderna making $1,000 profit every second while world’s poorest countries remain largely unvaccinated
https://www.oxfam.org/en/press-releases/pfizer-biontech-and-moderna-making-1000-profit-every-second-while-worlds-poorest
[4] Democracy Now, 22.10.2021: Pfizer stellt Unternehmensgewinn über den verbesserten Zugang zu COVID-Impfstoffen
https://www.democracynow.org/2021/10/22/public_citizen_researcher_exposes_pfizer_vaccines
[5] Deutsche Welle, 17.2.2021: Pfizer - Held und Profiteur der Pandemie
https://www.dw.com/de/pfizer-held-und-profiteur-der-pandemie/a-56603820
[6] Tagesschau, 18.3.2021
https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/haftungimpfschaden-101.html
[7] BioNTech SE, Quarterly Report, S.58
https://sec.report/Document/0001564590-20-053062/#bntx-ex991_6.htm
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